Wir leben in einer Single-Gesellschaft. Jedenfalls bekommen wir das immer wieder mahnend von den Medien um die Ohren gehauen. Die Gründe sind einfach: die heutigen Lebensumstände und persönlichen Selbstverwirklichungs-Entwürfe sind nicht mehr vereinbar mit dem Bild einer frühen Ehe. Zwischen beruflicher Karriere und abendlichen Partys scheint kein Platz mehr für die traute Zweisamkeit zu sein. Besonders stark tritt die Vereinsamung in den Großstädten auf. Jedenfalls steigen die Zahlen der Single-Haushalte hier besonders schnell an.
Deshalb
ist es doch ganz nahe liegend und wohl auch wünschenswert,
dass sich das Kino durch junge und unverbrauchte Filmemacher diesem
Thema annimmt. Und was eignet sich besser, um ein Bild über
die absurden Auswüchse der Single-Kultur zu zeichnen, als eine
Speed-Dating-Veranstaltung. Beim Speed-Dating sitzen sich immer
zwei Singles gegenüber und haben eine begrenzte Zeit von wenigen
Minuten zur Verfügung, um sich kennen zu lernen. Dann wechselt
das Gegenüber. Am Ende kann man auf einer Liste ankreuzen,
von welcher Bekanntschaft man sich die Telefonnummer wünscht.
Wenn diese Person dann auch das Kreuz an der richtigen Stelle gesetzt
hat, kommt es eventuell zu einem weiteren Treffen.
Genau so etwas zeigt der Film von Ralf Westhoff. Er hat, um es auf
den Punkt zu bringen, eine Speed-Dating-Veranstaltung mit Schauspielern
nachgestellt, und um auch eine kleine Geschichte zu erzählen
werden alle Charaktere kurz in ihrem Münchner Alltag porträtiert.
Dabei vollbringt der junge Regisseur das Kunststück, eine unfassbare
Menge an Stereotypen zu versammeln. Da gibt es den Öko, den
selbstbewussten Aufreißer,
die Verklemmte, den Reichen, den Mittellosen, die Quasselstrippe,
den Yuppie, das Püppchen, den zugezogenen Kleinstädter
etc. etc. etc.
Das
ist in seiner Einfachheit auf Dauer ziemlich ärgerlich. Denn
während des Großteils von "Shoppen" werden
die Gespräche der Speed-Dater abgefilmt. Das ist oft lustig
und Westhoff beweist durchaus ein Talent als Gag-Schreiber, mit
dem er bei diversen TV-Comedyshows gut aufgehoben wäre. Da
sprudelt es in den Dialogen nur so an Pointen. Manche sind auch
durchaus gelungen, aber viele verpuffen ohne nennenswerten Effekt.
Aber irgendwann fragt man sich: Moment mal, worüber lachen
wir hier eigentlich? Die Protagonisten von "Shoppen" sollen
Repräsentanten der deutschen Single-Kultur sein, von Millionen
junger Menschen, die sich in genau derselben Situation befinden,
fungieren hier jedoch eigentlich nur als Witzfiguren. Das ist ärgerlich
und offenbart eine zynische Grundhaltung gegenüber diesen Personen,
obwohl Westhoff im Pressematerial beteuert, man solle zwar über
die Figuren lachen aber sie trotzdem mögen. Das geht
leider nicht. Um jemanden zu mögen, muss man ihn zunächst
kennen lernen, und das ist bei der übereiligen und oberflächlichen
Charakterzeichnung dieses Films einfach nicht drin.
Um
nicht ganz ohne Plot dazustehen, werden die Großstädter
nach dem Dating-Vergnügen noch weiter beobachtet, schließlich
möchte man erfahren ob sich die einsamen Herzen doch finden.
Doch auch dieser Einblick bleibt alles andere als erhellend. Am
Ende werden die ganzen Jörgs, Isabellas und Thorstens wieder
allein sein, oder auch nicht. Die große Liebe hat jedenfalls
keiner gefunden. Die einen werden ausgelassen miteinander vögeln,
während die anderen sich schweigend aus dem Weg gehen.
Erschreckend ist aber, dass sich in den Figuren nicht einmal der
Drang oder das Verlangen nach der Liebe zeigt. Was hat sie eigentlich
zu dieser albernen Veranstaltung getrieben? Natürlich kann
man Speed-Dating, wie der Titel suggeriert, als unverfängliches
Wühlen durch den Markt potentieller Partner betrachten. Das
ändert aber nichts daran, dass es immer noch ein Auswuchs urbaner
Vereinsamung ist, und daran ist leider nichts lustig, auch wenn
der Film dies behaupten möchte.
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