Southpaw

Originaltitel
Southpaw
Land
Jahr
2015
Laufzeit
124 min
Genre
Release Date
Bewertung
5
5/10
von Simon Staake / 19. August 2015

Billy „The Great“ Hope (Jake Gyllenhaal) ist der ungeschlagene Weltmeister im Halbschwergewicht, der nach jedem harten Kampf heim zu seiner Frau Maureen (Rachel McAdams) und Tochter Leila (Oona Lawrence) kommt. Als es nach einer Provokation durch seinen Konkurrenten Miguel Escobar (Miguel Gomez) zu einem Handgemenge mit Schusswechsel kommt, verliert Billy nach und nach alles – seine Frau, seinen Titel, seinen Besitz und dann seine Tochter an das Sozialamt. Aber was wäre eine gute Boxerstory ohne ein gutes Comeback – und so macht sich Billy unter den Augen des Anfangs unwilligen Trainers Tick Wills (Forest Whitaker) an die Arbeit, um sich zurück in den Ring und in die Rolle als Familienvater zu kämpfen...

 

Der Boxerfilm hat mit Martin Scorseses „Wie ein wilder Stier“ ein unantastbares Meisterwerk hervorgebracht, aber auch viel Mittelmaß. Und hatte man im Falle von „Southpaw“ aufgrund der Namen der Beteiligten nur ganz verhalten auf Ersteres gehofft, so ist dann relativ erwartbar zweiteres eingetreten. Es kommt dabei schließlich auch auf das „wer?“ der Beteiligten an. Wenn hier jemand auf Großes hoffen ließ, dann natürlich Hauptdarsteller Jake Gyllenhaal, der schon immer gut war, aber in der letzten Zeit mit Filmen wie „Prisoners“ und „Nightcrawler – Jede Nacht hat ihren Preis“ noch mal an Klasse zugelegt hat. Die Leute hinter den Kulissen stehen dagegen eher für gutes Mittelmaß: Antoine Fuqua ("Training Day", "King Arthur", "The Equalizer") ist seit jeher Mann für knackiges, aber eben auch mehr oder weniger durchschnittliches Actionkino, und Autor Kurt Sutter nicht eben für Subtilität und Vielschichtigkeit bekannt.

Und so hat sich im Falle dieses Films alles so entwickelt, wie vorausgesagt: Gyllenhaal ist wieder mal großartig, wird aber von Drehbuch und Film ein wenig im Stich gelassen. Natürlich kann man in den letzten Filmen erkennen, dass Jake Gyllenhaal das Ganze De Niro-Pacino-Arsenal an Kniffs durchgeht (körperliche Ticks in „Prisoners“, sich dünner hungern für „Nightcrawler“ und nun dicke Muskeln antrainieren). Aber eben auch, was für eine gute Arbeit er leistet. Diese Siegessträhne hält auch hier an, was aber nur bedingt für den Film gilt. Denn obwohl Gyllenhaal selbst in der schauspielerischen Schwergewichtsklasse antritt, sind Dramaturgie und Skript hier eher dem Fliegengewicht zuzurechnen.

Gerade Sutters Skript läßt vom windigen Promoter (durchaus charismatisch: Curtis "5O Cent" Jackson) über die kriminellen Entouragen der Boxer bis hin zum alten Ex-Fighter mit leicht abgewracktem Boxsaal (Forest Whitaker als schielender XXL-Box-Yoda) so gut wie kein Klischee aus, was wie gesagt wenig verwundert. Schon bei seinen Skripts für die TV-Serie „The Shield“ und dann als Showrunner von den „Sons of Anarchy“ hat Sutter ja eher Attitüde als Tiefgründigkeit walten lassen, und das gilt auch hier. Sutter ergibt sich ja auch im wirklichen Leben in dicken Machoklischees (und scheint manchmal – siehe seine Twitterfehden – seinen eigenen Machobullshit viel zu ernst zu nehmen) und hat ein paar davon hier gleich mitgenommen. Zudem dann ungewohnterweise richtiger Hollywoodschwulst: Wenn Billys Tochter Brillenträgerin ist und zudem ein wenig altklug aber gleichzeitig auch viel weiser als ihr Alte, haben wir es mit der typischen wie nicht unbedingt realistischen Darstellung von Kindern in Hollywoodproduktionen zu tun. Wenigstens hat man es sich gespart, ihr noch Asthma zu verpassen. Aber insgesamt wird hier so jedes erdenkliche Klischee bedient. Und Antoine Fuqua kann das alles sehr nett und bisweilen auch beschwingt, wie in den Boxszenen, aber eben doch ohne größere Inspiration abfilmen.

Wenn es etwas Positives gibt, dass „Southpaw“ zum Subgenre des Boxerfilms beiträgt, dann dass der Film endlich mal mit dem seit Ewigkeiten bestehenden Klischee der Art und Weise, wie Boxer im Film ihr Handwerk betreiben, aufräumt. Seit jeher wird in Boxerfilmen wie der „Rocky“-Reihe Boxen als reines Haudrauf ohne jegliche Deckungs- oder Verteidigungsversuche gezeigt. Hier wird dies wenigstens thematisiert. Wenn Billy Hope am Anfang die Film typische Taktik „erst ordentlich auf die Fresse bekommen um dann mit ordentlich Wut im Bauch und ein paar gezielten Schlägen den Gegner k.o. schlagen“ benutzt, wird dies postwendend von seiner Frau moniert, und im Training mit Tick Wills als Erstes in Angriff genommen.

Apropos seine Frau: Die Beziehung zwischen Billy und Maureen ist das emotionale Herzstück des Films und beiden gelingt es in ihrer kurzen gemeinsamen Leinwandzeit, glaubwürdig die Verbundenheit dieser beiden zu zeigen. Das tragische Ende dieses Leinwandpaars wäre allerdings packender und trauriger, wenn nicht in Maureens Sterbeszene weder Billy noch eine andere dieser Pfeifen je etwas von einem Druckverband gehört hat. Da werden die so emotional gemeinten letzten Worte zwischen den beiden schon ein wenig davon abgeschwächt, dass sich alle hier wie Idioten verhalten.

Dass „Southpaw“ mehr Schein als Sein ist wird schon ironisch in und durch den Titel deutlich. Denn mit der titelgebenden Südpfote sind im Boxen Linkshänder gemeint, Billy Hope schlägt aber zumeist mit der rechten Faust zu. Es war wohl zu schwierig, Gyllenhaal neben Boxkünsten auch noch eine komplette Veränderung der Haupthand beizubringen. Und so darf Billy dann zwar im großen Kampf auch mal fotogen eine knallende Linke abfeuern (und in der Originalversion wird dann auch endlich vom Kommentator von der „southpaw“ gesprochen), aber letztendlich bleibt die Relevanz des Titels mehr behauptet als gezeigt.

Womit man eigentlich auch beim Urteil über den Film angelangt ist. Ein Film, der gern mehr sein möchte, als er ist und sein kann. Das ist alles nicht schlecht und wird von Jake Gyllenhaals Vorstellung allein noch knapp über den Durchschnitt gerettet, aber wirklich zu empfehlen ist „Southpaw“ nur denjenigen, die ihre Kinofilme gerne ohne nennenswerte Überraschungen mögen.

Bilder: Copyright

Pow! Kann es sein, dass sich im vorvorletzten Absatz ein ganz schön dicker Spoiler eingeschlichen hat? Und der Film nun überhaupt keine nennenswerte Überraschung mehr zu bieten hat?

Permalink

Ja, das mit dem Spoiler fand ich auch irgendwie ärgerlich. Passiert hier leider immer häufiger in letzter Zeit und es wäre wirklich schön wenn darauf in Zukunft mehr geachtet werden könnte.

Permalink

Da der Spoiler bereits im Trailer zum Film vorweg genommen wird, sehe ich das persönlich als nicht wirklich tragisch an.
Da hatte Filmszene schon andere Kracher gebracht...

Permalink

8
8/10

Nach langer Zeit mal wieder bei "filmszene" reingeschaut, um dann daran erinnert zu werden, warum ich die Seite seit geraumer Zeit nicht mehr besuche.

Aus meiner Sicht geht die Rezension völlig am Thema vorbei. Das Boxen ist hier nur Beiwerk. Die Story ist sehr dicht erzählt, insbesondere ist der Film aber von einer emotionalen Intensität geprägt, wie ich sie dieses Jahr noch nicht im Kino erlebt habe. Ein sehenswerter Film.

Permalink

5
5/10

Ein sehr konventionell geratenes Boxerdrama mit einem Drehbuch wie am Reißbrett entworfen. Es werden sämtliche Klischees bedient, die man sich nur denken kann, weshalb einen das Ganze dann auch irgendwie mehr oder weniger kalt lässt. Mittelprächtiger Film ohne große Überraschungen mit einem zugegebenermaßen herausragenden Jake Gyllenhaal in der Hauptrolle.

Permalink

Ich mag Filme nicht, die nur noch durch die Einblendung: "Jetzt! Drama!!!!" mehr darauf hinweisen könnten, dass eben diese Regieanweisung für die Szene im Drehbuch stand. In einigen Szenen ist dies dermassen Klischee beladen mit Halt-Drauf-Kamera inszeniert, dass ich regelrecht aus dem Film falle. Ansonsten wäre es ein solider Film, den man vorallem wegen Jake Gyllenhaal und teilweise exzellent eingefangener Boxszenen durch aus gucken kann.

Permalink

7
7/10

Der Film ist tatsächlich sehr vorhersehbar und klischeebeladen. Die Darstellung des Boxers von Jake Gyllenhall ist jedoch so überragend, dass ich den Film als sehenswert bezeichne. Die zwei Seiten des Charakters, einmal harter Kerl im Boxring und verunsichertes Waisenkind, dessen Welt vollkommen zusammenbricht, kommen intensiv rüber und gehen einem Nahe. Vor allem die tragische Szene rund um seine Frau. Der Niedergang geht vielleicht ein wenig zu flott, aber man leidet mit ihm und hofft auf ein Wiedererlangen innerer Stärke auch außerhalb des Boxrings. Forest Whitakers Rolle war auch höchst unoriginell, dafür aber auch nicht schlecht gespielt.
Sehr schade ist, dass der Film zum Ende hin dann doch arg affig rüberkommt. Von der Geschichte bleibt nicht viel übrig (ich sage nur Prinzipien des Trainers, böser Boxer, hohle Kommentatoren des Boxkampfes, die Musikbegleitung, Ms. Moneypenny etc.). Dazu wurde die Story rund um seine Tochter sehr interessant und dann... naja, spoiler. Fazit: Schlechte Story, klasse Darsteller.

Permalink

Neuen Kommentar hinzufügen

Der Inhalt dieses Feldes wird nicht öffentlich zugänglich angezeigt.

Klartext

  • Keine HTML-Tags erlaubt.
  • Zeilenumbrüche und Absätze werden automatisch erzeugt.
  • Website- und E-Mail-Adressen werden automatisch in Links umgewandelt.
CAPTCHA
Diese Aufgabe prüft, ob du menschlich bist um Bots zu verhindern.