Nach einigen erfolglosen Jahren als Kleinkrimineller sowie mehreren erfolglosen Bewerbungen für einen seriösen Job entdeckt Lou Bloom (Jake Gyllenhaal) durch einen Zufall schließlich ein Betätigungsfeld, für das er wirklich geeignet scheint. Als er eines Nachts beobachtet, wie die Reporter der TV-Sender sich um die beste Position zur Ablichtung von Unfallopfern reißen, leckt er Blut und versucht sich fortan selbst als Kameramann, der Material für die regionalen Nachrichtensender liefert. Zunächst noch eher ungelenk und amateurhaft vorgehend, erkämpft sich der ehrgeizige Neuling nicht zuletzt durch sein besonders rücksichtsloses Vorgehen schließlich ersten Respekt und das Wohlwollen der ebenfalls unter Druck stehenden Nachrichtenchefin Nina (Rene Russo). Doch damit ist Lou noch lange nicht zufrieden und greift schließlich zu immer fragwürdigeren Methoden.
Man kann ihn noch gerade so wiedererkennen, wie er mit blassem und hagerem Gesicht sowie einem leicht irren, große Entschlossenheit signalisierenden Blick ans Werk geht. Im Grunde verkörpert Jake Gyllenhaal hier nichts Anderes als einen Serienkiller auf der Jagd nach dem nächsten Opfer, nur dass er diese eben nicht selbst umbringt sondern stattdessen deren Sterben vermarktet. Das Leid und die Schmerzen, die er dabei zu sehen bekommt, nimmt dieser Lou jedoch überhaupt nicht wahr, konzentriert sich stattdessen ganz nüchtern auf den geeigneten Blickwinkel und die optimale Kameraposition. Die hier demonstrierte absolute Emotionslosigkeit (auch die der „Kollegen“) entfaltet deshalb so eine starke Wirkung, weil sie eben nicht überzeichnet wird. „Nightcrawler“ schildert zwar die fragwürdige Vorgehensweise der Medien, kommt aber nicht als Satire daher. Da werden zur Auflockerung keine ironischen Sprüche gebracht, der Ton bleibt durchgehend sachlich, befreiendes Lachen aus und die Inszenierung wirkt gerade deswegen so realistisch. Da reift recht schnell die Erkenntnis, dass es sich so ähnlich wohl tatsächlich abspielt, wenn die TV-Reporter in ihren Einsatzwagen auf eine elektrisierende Nachricht im Polizeifunk warten, um sich dann möglichst als Erste am Unfall- oder Verbrechensort einzufinden.
Falls anschließend der eine Sender-Verantwortliche eventuell noch moralische Bedenken zeigt, bringt man das Material eben zum nächsten, beim dem der Druck auf die Quoten und Werbezeiten noch etwas größer ist, und der greift dann vermutlich doch zu, bei der vielleicht etwas zu expliziten Darstellung der vor sich hin blutenden Schwerverletzten. So eine Entscheiderin ist Nina Romina, die ihre besten Jahre zweifellos hinter sich hat und die schließlich den Fähigkeiten von Lou Bloom erliegt - weniger dessen Charme als seinem überzeugendem, von bestechender Logik geprägtem Geschäftskonzept. Wobei Lou auch nicht davor zurückschreckt seine „Chefin“ zum Sex zu erpressen, ganz einfach weil er es kann.
Diesem „Nightcrawler“, der aus dem Nichts zu kommen scheint und der offensichtlich keinerlei soziale Kontakte pflegt, verleiht Gyllenhaal eine in der Tat furchteinflößende Gestalt. Hält man ihn zu Beginn noch für einen naiven Verlierer, so gilt es diese Einschätzung sehr bald zu korrigieren, denn Lou Bloom entwickelt auf seinem Weg nach oben eine bemerkenswerte Zielstrebigkeit. Die Unvorhersehbarkeit seiner Aktionen verleiht dem Film dann schließlich zu Recht auch noch das Prädikat „Thriller“, denn daraus resultieren gleich mehrere hochspannende Sequenzen.
Wenn man sich irgendwann fragt, wie weit dieser Reporter des Satans wohl noch gehen wird um das vor die Kamera zu bekommen was er benötigt, dann lautet die Antwort „sehr weit“, doch das, was dann tatsächlich passiert, weiß dabei trotzdem zu überraschen. Distanz zu diesem eigentlichen Unsympathen zu halten ist dabei gar nicht so einfach, denn es hat nun mal was, wenn ein ausgeklügelter Plan funktioniert, selbst wenn es hier der des offensichtlich „Bösen“ ist. Dem bisher nur als Drehbuchautor aktiven Dan Gilroy („Das Bourne-Vermächtnis“) gelingt mit seinem sehr sicher inszenierten Regiedebut eine echte Überraschung, denn so einen zynischen und kompromisslosen Film wie „Nightcrawler“ hat man aus Hollywood lange nicht mehr gesehen. Ob dieser und seine höchst originelle Hauptfigur den Zuschauer dabei eher verstören oder womöglich sogar faszinieren ist zweitrangig, denn Beides ist eine bemerkenswerte Leistung.
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