Systemfehler - Wenn Inge tanzt

Jahr
2013
Laufzeit
103 min
Release Date
Bewertung
3
3/10
von Frank-Michael Helmke / 24. Juni 2013

Systemfehler - Wenn Inge tanztMax (Tim Oliver Schultz) und seine Freunde Fabio, Joscha und Lukas bilden zusammen die Schülerband "Systemfehler", und haben es jüngst zu einiger lokaler Berühmtheit gebracht dank ihres neuen Songs "Wenn Inge tanzt", der richtiges Hit-Potenzial hat. Am Erfolg des Stücks stört sich einzig dessen Inspirationsquelle, denn Max' Mitschülerin Inge (Paula Kalenberg) fühlt sich von dem Song, der sich über ihre Weltverbesserer-Mentalität lustig macht, zurecht verballhornt. Dass die ganze Schule über Inge lacht, schert Max wenig, zumal nun ein Musik-Manager auf "Systemfehler" aufmerksam wird und den Jungs einen Auftritt als Vorband bei einem richtigen Rockkonzert in Aussicht stellt - der erste Schritt zu einem Plattenvertrag. Einzige Bedingung: Sie sollen natürlich unbedingt ihren größten Hit spielen. Kein Problem - außer dass sich Band-Gitarrist Joscha dank seines Rockstar-mäßigen Bühnen-Geposes soeben beide Hände verletzt hat und für den Gig definitiv ausfällt. Auf die Schnelle scheint es nur einen brauchbaren Ersatz zu geben: die auf der klassischen Gitarre extrem begabte Inge, und die will einen gewissen Song ganz bestimmt nicht spielen....


Systemfehler - Wenn Inge tanztEhrlich, aus dieser Geschichte hätte ein echt guter Teenager-Musik-Liebesfilm werden können. Wenn man die Grundlagen dieser Story und ihre Figuren wirklich ernst genommen hätte. Es hätte glaubwürdig, authentisch und anrührend sein können, wie Max es schafft der einzig auf der klassischen Gitarre bewanderten, Batik- und Sandalen-tragenden Öko-Tussi die Liebe zu Rebellion und Rock'n'Roll näher zu bringen. Und wie Inge es im Gegenzug schafft, Max ihre Sicht der Welt näher zu bringen und ihm dabei zu helfen, jene Emotionen in sich heraus zu lassen, die er unter einer dicken Schicht Coolness begraben hält. Es hätte entsprechend ein berührendes Finale für die natürlich unvermeidliche Liebesgeschichte zwischen diesen Beiden werden können, wenn Max am Ende bei seinem großen Auftritt Inge seine Gefühle für sie beweist, indem der Punkrocker das erste selbstverfasste Liebeslied seines Lebens vorträgt, zu dem sie ihn inspiriert hat. 

Aber wie Peer Steinbrück schon sagte: Hätte hätte Fahrradkette. Denn anstatt sich ernsthaft damit zu beschäftigen was Musik für seine jungen Helden bedeutet, und über dieses emotional aufgeladene Thema eine glaubwürdige Annäherung zwischen seinen beiden an sich grundverschiedenen Hauptfiguren zu erzählen, tritt "Systemfehler - Wenn Inge tanzt" diese Aspekte nahezu komplett in die Tonne und verschwendet seine Zeit lieber mit irrelevanten Albernheiten, die auf ihrer angestrengten Suche nach unnötigem Klamauk irgendwo zwischen allzu bemüht und schlichtweg peinlich changieren. Sei es das ständige (und völlig grundlose) Kokettieren mit dem eigenen, nahenden Tod von Max' Onkel und Mentor Herb (Rock'n'Roll-Altstar Peter Kraus in einer etwas absurden Rolle als gealterter Schlagerstar); sei es der Drogen-induzierte, permanente Drang von Drummer Lukas, sich nackig zu machen und so seine Hemmungen gegenüber Mädchen zu überwinden; sei es die angeblich taubstumme Oma, die Keyboard-Chaot Fabio zwecks Ableistung von Sozialstunden permanent mit sich im Band-Bus herumkutschiert - das alles wirkt wie unausgegorene Humor-Elemente, die wegen Nicht-Funktionierens aus einem Gaga-Comedy-Skript gestrichen wurden, um nun hier in einem Kontext recycelt zu werden, in den sie nicht rein passen. 

Systemfehler - Wenn Inge tanztUmso unverständlicher, dass sich der Film viel lieber mit diesem irrelevanten Unsinn beschäftigt, als auch nur ansatzweise überzeugend das zu erzählen, worum es hier eigentlich geht. Sinnbildlich für die hundsmiserable weil quasi nicht stattfindende Umsetzung der zentralen Liebesgeschicht: Die schlechtest mögliche Auflösung des Moments, in dem Max endlich mal aufgeht, dass er in Inge etwas anderes sehen könnte als eine nervige Öko-Bratze. Da wird das Mädchen für den gemeinsamen Auftritt aufgefordert, ob sie nicht mal etwas mehr Sexyness an den Start bringen kann. Also: Pulli aus und Haare auf - und dann erblödet sich die Regie tatsächlich, für diesen Augenblick auch noch Zeitlupe und Weichzeichner anzuschmeißen, während Max auf einmal der Mund offen stehen bleibt. Noch platter und dämlicher hätte die Sache nur ausfallen können, wenn man Inge auch noch eine dicke Hornbrille verpasst hätte, die sie in diesem Moment endlich abnehmen darf. 

Warum wiederum Inge irgendetwas an Max finden sollte, darum schert sich der Film indes überhaupt nicht - als der Punkt erreicht ist, da die Dramaturgie nun Verliebtheitsgefühle von ihr braucht, sind sie dann eben plötzlich da, auch wenn Inge bis dato in jeder Szene mit derselben zickig-schnippischen Attitüde herum gelaufen ist. Obwohl das Mädchen hier eigentlich die komplexere und interessantere Figur ist, wird keine Sekunde ernstzunehmender Innenansicht von Inge gewährt, völlig im Fokus steht hier allein Max. Systemfehler - Wenn Inge tanztUnd damit der das abgegriffene Klischee des missverstandenen Bad Boy auch vollständig erfüllt, dessen tief verborgene emotionale Wunde doch nur vom richtigen Mädchen gefunden und geheilt werden muss, dichtet man Max eben einen Konflikt mit seinen Eltern an die Backe, von deren paradiesischem Wohnsitz er einst Hals über Kopf geflohen ist. Worin genau dieser Konflikt aber bestand, darüber wird kein einziges Wort verloren. So wirkt Max' emotionales Innenleben ungefähr so glaubwürdig wie seine Raucherei: Drehbuch und Regie verlangen, dass Max in so ziemlich jeder Szene eine Zigarette raucht (soll wohl cool sein), darum sieht man allerdings auch in jeder Szene, dass sein Darsteller Tim Oliver Schultz noch nie richtig geraucht hat, und die ganze Sache ergo grässlich unauthentisch und uncool aussieht.

Man muss sich über "Wenn Inge tanzt" tatsächlich richtiggehend ärgern, weil es eben nicht bloß ein bedeutungsloser, flacher Teenie-Schwank ist, der von vornherein für 11-14jährige Mädchen konzipiert wurde, sondern weil es ein überraschend guter und ernstzunehmender Teenager-Film hätte werden können, der dann aber systematisch soweit runterverdummt wurde, bis er nur noch für 11-14jährige Mädchen interessant ist. Und für soviel verschenktes Potenzial gibt's noch einmal Punkteabzug extra.

Das einzig noch immer Gute am ganzen Film sind darum die Songs - denn die sind wirklich erstaunlich klasse gemacht. Mit einem Sound, der an die angesagte Rockband Kraftklub erinnert, sind sie zwar einerseits clever getextet, aber andererseits immer noch glaubhaft als Stücke einer Schülerband. Rotzig, glaubwürdig, authentisch - ungefähr das, was dieser ganze Film hätte sein können. Hätte hätte....

Bilder: Copyright

6
6/10

Wenn man die Story nicht zu ernst nimmt und somit alle berechtigt angesprochenen Kritikpunkte außer Acht lässt, ist der Film einfach nur Unterhaltung und gute Laune pur!
Tolle Songs, Schauspieler und vor allem Witz hat die Story.

Wer eine gute Teenie Komödie genießen will, Musik mag und einfach einen Abend lang was zu lachen haben möchte, für den lohnt sich ein Kinobesuch auf jeden Fall!

Vom Trailer allerdings nicht beeinflussen lassen - der verrät bei weitem nicht so viel vom Film wie man denken könnte:)

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