Der Drehbuchautor Marty (Colin Farrell) arbeitet an einem neuen Skript, das sein großer Durchbruch werden soll. Er hat schon einen großartigen Titel: "7 Psychopathen". Mehr als dass hat er aber leider nicht, keine Story und keinen Helden, geschweige denn eine Idee zu den sieben Psychopathen, die sein Skript bevölkern sollen. Zu Martys Glück (oder Pech, je nach dem) will ihm sein bester Kumpel Blly (Sam Rockwell) aber bei der Ideenfindung unbedingt unter die Arme greifen, während er sich zugleich um seinen eigenen Lebensunterhalt als Hunde-kidnappender Kleinganove in Kooperation mit seinem alten Partner Hans (Christopher Walken) kümmert.
Dank Billys unerbetener Hilfe tummeln sich in Martys Leben alsbald mehr Psychopathen, als ihm lieb ist - und das nicht nur, weil Billy und Hans ausgerechnet den geliebten Shih-Tzu des extrem gewaltbereiten Gangsters Charlie (Woody Harrelson) kidnappen. Auf einmal kann Marty sich vor lebensechter Inspiration für sein Skript gar nicht mehr retten. Aber wird der absurde und extrem blut- und bleihaltige Krimi, in den sich Martys Leben verwandelt hat, wirklich in das grandiose Finale gipfeln, dass Billy sich dafür vorstellt?
Der irische Autor und Regisseur Martin McDonagh hat vor vier Jahren mit der skurril-komischen Gangster-Ballade "Brügge sehen... und sterben?" einen beachtlichen Debüterfolg hingelegt, der bei Kritikern und Publikum im heimischen Europa gleichermaßen gut ankam. Dass da gleich Hollywood vor der Tür stand und sich für ein Folgeprojekt interessierte, ist wenig verwunderlich. Der Verdacht liegt nahe, dass sich McDonagh mit der Ideenfindung dafür allerdings etwas schwer tat, wenn seine neue Hauptfigur nun also ein irisch-stämmiger Drehbuchautor namens Marty ist, der in Hollywood händeringend ein brauchbares Drehbuch fertig zu stellen versucht.
"Uuhhh, Metabene!" jauchzt da das filmverliebte Kollektiv aus Medienwissenschaftlern und Hardcore-Cineasten freudig und reibt sich die Hände - der "gewöhnliche" Rest des Kinopublikums jedoch macht um Filme, die mehr oder weniger deutlich darüber (selbst-)reflektieren, dass sie ein Film sind, gemeinhin einen großen Bogen. Das mag daran liegen, dass der nicht über-involvierte Filmzuschauer bei der Kino-Zerstreuung nicht auch noch die Maschinerie und die Strippenzieherei vorgezeigt und erklärt bekommen will, von deren Produkt er doch eigentlich einfach nur unterhalten werden möchte. So konnte "7 Psychos" denn auch trotz sehr beeindruckender Besetzungsliste keine große Welle an der US-Kinokasse machen und spielte nicht einmal sein 15-Millionen-Dollar-Budget wieder ein.
Was wiederum bedauerlich und ungerecht ist, denn trotz einem gerüttelt Maß an Selbstreflexion, Meta-Ebene und Insider-Witzen funktioniert "7 Psychos" auch als absurd-komische Gangster-Komödie voller durchgeknallter Figuren und verrückter Plotwendungen ganz ausgezeichnet und wird jeden Filmfreund bestens unterhalten, der auch was mit Quentin Tarantino oder Guy Ritchie anfangen kann. Dass der Film immer wieder ungewöhnliche Haken schlägt und McDonagh liebend gerne seiner Erzählfreude nachgibt, um großzügig und blutig in die (wirklich großartigen) Hintergrundgeschichten seiner Psychopathen abzuschweifen, gehört dabei eindeutig zu den Stärken des Films, und wenn Billy nach einer von Martys Erzählungen beeindruckt feststellt "Wow, that's a great fucking psychopath!" kann man ihm da nur zustimmen. McDonaghs Psychopathen sind wirklich allesamt ziemlich originelle Gestalten (von den sieben Personen auf dem Filmposter zählen übrigens drei nicht zu den Psychopathen).
Andernorts ist "7 Psychos" bereits auf eine Stufe mit metatextuellen Meisterwerken wie "Pulp Fiction" und "Adaptation" gesetzt worden. Bei aller Sympathie, ganz so großartig ist er dann allerdings doch nicht geworden. McDonaghs verspieltes Hin-und-her zwischen Martys Hirngespinsten über mögliche Figuren, Billys Vorstellungen zum perfekten Showdown und der ernüchternden Realität, die sich dazwischen ansiedelt, ist zwar sehr einfallsreich und spaßig, nimmt aber zu keinem Zeitpunkt wirklich rasante Fahrt auf und plätschert so auf der Ebene eines amüsanten, aber letztlich trivialen Gedankenspiels dahin, das von der Komplexität, dem Irrwitz und Genie eines "Adaptation" noch ein ganzes Stück weit weg ist. Dafür ist "7 Psychos" aber eben auch weitaus leichter zugänglich, gerade wenn einem die Meta-Ebene am Arsch vorbei geht und man einfach nur Freude an absurden, wenig zimperlichen Gangster-Komödien hat. Wie hier getötet und geblutet wird, das muss man schon abkönnen.
Es bleibt jedenfalls zu konstatieren, dass auch Martin McDonaghs zweiter Film als "definitiv sehr gut" zu verbuchen ist, was zu einem Gutteil natürlich auch der fantastischen Besetzung zu verdanken ist - ein Film mit Christopher Walken, Sam Rockwell, Woody Harrelson und Tom Waits kann unmöglich schlecht sein, vor allem wenn man diesen Herren auch noch reichlich schräge Figuren zu spielen gibt. "7 Psychos" ist nicht der große Wurf, der "Brügge sehen..." noch war und wird diesmal wohl auch keine Drehbuch-Oscar-Nominierung für McDonagh abwerfen. Das schrägste und eigenwilligste Stück Kino-Unterhaltung im Jahresausklangs-Kinoprogramm ist er aber auf jeden Fall.
Neuen Kommentar hinzufügen