Frauen in der Armee. Daheim in Deutschland,
in der guten alten Bundeswehr, ist das Thema schwer im Gespräch.
Drüben in den Staaten, im Land von Tarnkappenbombern und
Marines in Zinksärgen, ist man schon ein paar Schritte
weiter. Und weil Filme die Realität reflektieren, kümmert
sich Hollywood verstärkt um die gestählten Ami-Amazonen.
Nach "GI Jane" und "Mut zur Wahrheit" ist "Wehrlos - Die Tochter
des Generals" der neueste diesbezügliche Auswurf der Filmindustrie.
Die
Story: Eine ambitionierte Soldatin im Rang eines Captain wird
eines Morgens auf dem Kasernengelände tot aufgefunden.
Ihre Position ist gewissermaßen delikat: Mit allen Vieren
an Feldheringe gefesselt, ist sie völlig unbekleidet -
mit Ausnahme ihres Slips, der allerdings um ihren Hals gewickelt
ist und damit völlig unsoldatisch an einer nicht adäquaten
Stelle getragen wird. Schlimm genug, doch abgesehen von dem
häßlichen Sexualverbrechen handelt es sich bei dem
Opfer um eine Prominenz: Die Tochter des hochdekorierten Generals
Campbell ist es, die dort blau angelaufen im Kasernenmatsch
liegt. Und weil die Army ungern schlechte Presse bekommt, werden
zwei interne Ermittler auf den Fall angesetzt: Die Warrant Officers
Brenner (Travolta) und Sunhill (Stowe) stochern von nun an im
fauligen Fleisch des Stützpunktes und blicken schon bald
in gähnende Abgründe von Verschwörung, Perversion
und Gewalt.
Derart
angegähnt, hält sich auch der Zuschauer schon bald
verstohlen die Hand vor den Mund und linst auf die Uhr. Fragen
über Fragen tun sich auf. Zu allererst: Was in aller Welt
ist nur aus John Travolta geworden? "Pulp Fiction" hat dieser
Mann gedreht, in "Face/Off" hat man ihm sogar das Grübchen
im Kinn geklaut, und jetzt? "Phenomenon", "Zivilprozeß",
"Wehrlos..." - ja merkt dieser Mann denn gar nicht, daß
er auf dem besten Wege zum langweiligsten Gesicht Hollywoods
ist? Die ewig gleiche Mimik, und hier, in Uniform, auch noch
mit dem unwiderstehlich debil-knubbeligen Kampfanzug-Gehabe.
Und dann Madeleine Stowe, die noch nie richtig spielen konnte
und deren klägliche Versuche immer wieder von der gräßlichen
deutschen Synchronisation zunichte gemacht werden. Da
ist eine Story, die - so interessant sie sich anläßt
- zum Ende hin derart hanebüchene Auswüchse ansetzt,
daß man dem Vordermann in den Scheitel beißen möchte.
Die für ihre unnötigen und konsequent ungeklärten
Verwicklungen satte zwei Stunden in Anspruch nimmt, in denen
man schönere Dinge hätte tun können.
Die schließlich neue Maßstäbe setzt für
die Bezeichnung "reaktionär": Im Aufbau so konservativ
wie nur was, wird das Publikum in der ersten Viertelstunde genötigt,
Travolta bei der Gangsterjagd zu beobachten. "Hey, seht ihr
das," fragt Regisseur West aufdringlich. "Dieser Mann hier ist
ein wahnsinnig harter Knochen. Merkt euch das." Verdächtige
werden gefoltert, persönliche sexuelle Neigungen abseits
der Norm todernst verurteilt. Krankhaft und konsequenterweise
tödlich. Der Zuschauer nickt. Und in der Zeit bis zum schmalzig-pathetischen
Ende regnet es Dialoge, die vor Jahrzehnten einmal en vogue
gewesen sein mögen. (Bass) "Ich bringe Sie vor ein Militärgericht!"
- (noch mehr Bass) "Dazu haben Sie doch gar nicht den Mumm!"
- "Das ist so ziemlich das einzige, was mir geblieben ist."
Nicht wenig mag an der schlichten Unmöglichkeit (und -nötigkeit)
liegen, DeMilles Roman für die Leinwand zu inszenieren.
Viel geht sicherlich aber auch auf die Kappe von Regisseur Simon
West. "Con Air" bot nette Action und coole Sprüche. "Wehrlos
- die Tochter des Generals" verlangt nach mehr. West ist sichtlich
überfordert und sollte das tun, was er vor "Con Air" gemacht
hat: Werbespots.
Die
einzigen Lichter, die diesen finsteren Film dürftig anschimmern,
sind deren drei: Da wäre einmal Schauspiel-Ikone James
Woods, der in einer Nebenrolle zeigt, wie schön Kino sein
kann. Glaubwürdig. Zum Greifen nahe. Nachdem er dieser
Tage einige Zuschauer vor dem Wachkoma bewahren dürfte,
ist Woods für die miserable Vorstellung in "Vampire!"
vollständig rehabilitiert. Zum Zweiten: Neben allem tumben
Macho-Schwadronieren, das man über sich ergehen lassen
muß, findet man im Kommunikationsmorast zuweilen unverhoffte
Juwelen des zynischen Humors. John
Travolta, der in seinem besten Moment dem nervigen Dorfsheriff
zuwirft: "Sheriff... Sollten Sie nicht in der Stadt sein, mit
Holzstäben Neger verprügeln?" entschädigt für
vieles, leider zu selten.
Und dann, dann wäre da noch Leslie Stefanson als strangulierte
Elizabeth Campbell, die in Rückblenden immer wieder einmal
auftaucht. In "GI Jane" ist es Demi Moore, in "Mut zur Wahrheit"
Meg Ryan, und man wird sich denken können, daß auch
"Wehrlos-..." den amerikanischen Soldatinnen ausgesprochene
Attraktivität unterstellt. Sehr nett anzusehen. Aber sicher,
Stefanson hat auch schauspielerische Qualitäten. Man denke
aber nicht zuviel über ihren Part nach, sonst kommt man
am Ende noch auf den Schluß, daß sie im Grunde nur
dafür herhalten muß, um einige frustriert-feuchte
Männerphantasien zu inszenieren. Hätte man sie nicht
eventuell etwas unauffälliger als breitbeinige Leiche drapieren
können? Sind einige andere Szenen nicht ebenfalls von allzu
zweifelhaftem Nährwert? Spricht nicht schon der deutsche
Titel Bände?
Na, soweit wollen wir ja gar nicht gehen. Lassen wir das
einfach mal im Raum stehen. Fazit: "Wehrlos - die Tochter des
Generals" ist ein allenfalls mäßiger Film, über
den nach seinem Videostart kein Mensch mehr sprechen wird. Wegtreten,
Soldat.
Originaltitel
The General's Daughter
Land
Jahr
1999
Laufzeit
115 min
Genre
Regie
Release Date
Bewertung
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