Dass mangelnde Qualität im Filmgeschäft nicht vor Erfolg schützt, ist eine traurige Wahrheit, für die "Street Style" eines der besten aktuellen Beispiele ist: Für schlanke acht Millionen Dollar produziert, schaffte das Breakdance-Drama im Frühjahr in den USA ein Einspielergebnis von 40 Millionen - genug, als dass man bereits laut über eine Fortsetzung nachdenkt. Es ist dabei relativ unerheblich, dass die meisten Kinobesucher ihre Entscheidung im Nachhinein wohl bereut haben, denn auf der Hitliste der schlechtesten Filme aller Zeiten auf der Internet Movie Database belegt "Street Style" derzeit Platz 4, mit einer durchschnittlichen User-Bewertung von 1,7 von 10 Punkten. Man kann also mit ziemlicher Berechtigung von einem allgemeinen Konsens darüber reden, dass dieser Film Mist ist - womit er sich perfekt in die Traditionen seines Genres einbettet, denn für die meisten Tanzfilme gilt schließlich: Tanzszenen - toll. Der Rest - grässlich.
Das Beste, was man über "Street Style" sagen kann, ist denn ergo auch, dass er für 15 Minuten am Anfang und 10 Minuten am Ende einigermaßen Spaß macht, denn die Vorstellungen der diversen Breakdance-Gruppen sind - wie nicht anders zu erwarten - recht beeindruckend. Leider sind die 70 Minuten dazwischen absoluter Bodensatz filmischer Erzählung, was wieder einmal zeigt, dass Leute besser keine Kinofilme machen sollten, die keine Ahnung davon haben: Regisseur und Drehbuchautor Christopher B. Stokes ist renommierter Musikproduzent und Clip-Regisseur, hat ein paar namhafte Acts der R&B- und HipHop-Szene nach oben gebracht und die Hauptrollen in seinem ersten Kinofilm dann auch gleich mit einigen seiner Schützlinge besetzt. Das garantiert zwar, dass die "Schauspieler" überzeugend tanzen, aber ganz sicher nicht überzeugend spielen können.
Man muss ihnen indes zugute halten, dass man aus dieser Katastrophe von Drehbuch ohnehin nichts hätte rausholen können: Elgin und David sind beste Freunde und mit ihrer Breakdance-Gruppe die Könige der Underground-Szene in ihrem Viertel in Los Angeles. In der Lagerhalle von Mr. Rad verdienen sie sich bei allwöchentlichen Contests ein paar Dollar, ansonsten verdingen sie sich als Kuriere für den Gangsterboss Emerald. Ein Batzen Geld winkt ihrer Richtung, als ein paar reiche Weißbrote sie zum battle herausfordern. Die 5000 Dollar Einsatz gehen jedoch unverhofft verloren, da die weiße Breakdance-Bande Elgin und David astrein verarscht - sie bestechen ein Mitglied ihrer Gruppe und klauen ihnen ihre besten Moves. Ein Dämpfer, doch zum richtigen Ärger kommt es erst, als David sich in Elgins Schwester Liyah verliebt - und während die beiden schmusend in einem Restaurant sitzen, wird Elgin bei einem Auftrag für Emerald zusammengeschlagen und bestohlen. Der Gangsterboss fordert das verlorene Geld zurück, doch die einzige Chance, an so viel Kohle zu kommen, ist der Sieg bei einem großen Breakdance-Turnier mit 50.000 Dollar Preisgeld.
Jetzt sollte man ja eigentlich meinen, dass beste Freunde so ein Problem gemeinsam angehen würden - doch weit gefehlt. Mit einer unerschütterlichen Verbohrtheit weigert sich Elgin standhaft, irgendwelche Entschuldigungen von David anzunehmen, und so bezieht "Street Style" seine gesamte lahme Dramatik aus einem Freundesstreit, dem von Anfang an die Glaubwürdigkeit fehlt. Die lächerliche Konstruiertheit der Story setzt sich denn auch nahtlos bis zum Ende fort und wird dazu auch noch völlig stümperhaft ausgeführt: der dramatische Höhepunkt wird durch den Tod eines Nebencharakters erreicht, der durch nichts weiter motiviert ist als die Tatsache, dass das Skript an dieser Stelle irgendein tragisches Ereignis braucht, und das eigentliche Problem (Elgins Schulden beim Gangsterboss Emerald) wird schließlich in einem kleinen Nebensatz beim großen Finale für schlichtweg nicht mehr existent erklärt.
Diese haarsträubend dämliche, zusammengeschraubte Geschichte sorgt dementsprechend für pure Langeweile zwischen spektakulären Tanzszenen, die sich ungeschickt an Anfang und Ende konzentrieren und somit im tief durchhängenden Mittelteil keine Abwechslung bringen. Der wird stattdessen angefüllt mit Dialogen, die in ihrer Plattheit fast schon Zahnschmerzen verursachen, und den allerschlimmsten Klischees aus der Ghetto-Schublade: Da verbringen die afro-amerikanischen Hauptakteure ihre Tage mit Basketball spielen und Breakdance, wenn man mal Geld braucht, geht man kurz für einen Drogendealer arbeiten anstelle eines richtigen Jobs, beim kleinsten Streit haut man sich erstmal aufs Maul, und die ganze Gegend ist voll von Gangstas, Playas und Bitches. Die Klischee-Krone verdient sich dabei Liyahs Freundin Beautifull ("mit zwei L!"), die in ein paar Szenen formvollendet rumzicken darf und ansonsten einfach nur überflüssig ist.
"Street Style" soll ein Film über Breakdance sein, nicht mehr. Das Problem ist, dass man mit dieser Intention besser eine Dokumentation gemacht hätte - die dann wahrscheinlich auch wesentlich besser und interessanter gewesen wäre. Denn wenn man sich über 70 Minuten mit einer Story herumquälen muss, an der selbst der Regisseur und Autor anscheinend kein wirkliches Interesse hatte, ist das einfach nur ärgerlich. Die Frage ist mehr als berechtigt, warum es eigentlich immer gleich ein fiktionaler Kinofilm sein muss, wenn Herr Stokes mit fiktionalen Elementen doch offensichtlich völlig überfordert ist. Für teilweise wirklich beeindruckende Tanzszenen verdient sich "Street Style" drei Gnadenpunkte, ansonsten ist dieser Film nicht mehr als ein trauriges Dokument von fachlicher Inkompetenz.
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