Simon

Originaltitel
Simon
Jahr
2011
Laufzeit
122 min
Genre
Regie
Release Date
Bewertung
4
4/10
von Margarete Prowe / 28. Juni 2012

Ziemlich überraschend gewann die Drehbuchautorin Marnie Blok für die Literaturverfilmung „Simon“, die auf einer Vorlage der schwedischen Bestsellerautorin Marianne Fredriksson beruht, 2011 den Montblanc-Drehbuch-Preis auf dem Filmfest Hamburg. SimonBesucher und Fachpublikum kratzten sich etwas verwirrt am Kopf, warum dieses süßliche, schier endlose Epos, das oftmals umherzuirren schien auf der Suche nach seinen Handlungsfäden diesen Preis verdient haben sollte.

„Simon“ ist die erste Filmadaption eines Romans der schwedischen Bestsellerautorin Marianne Fredriksson. Simon (Bill Skarsgård) lebt mit seinen Eltern auf einem Hof in der Nähe von Göteborg und ist ganz anders als seine praktisch veranlagten Eltern: er liebt zum Beispiel Bücher über alles. Der Bücherwurm freundet sich nun mit dem Sohn des jüdischen, reichen Buchhändlers (Jan Josef Liefers) an, der vor der SS nach Schweden geflohen ist. Alle Klischees, die sich aus diesem Gerüst ergeben könnten, treffen ab dann auch ein.

Es gibt einiges, was man an „Simon“ loben kann: die Kamera von Dan Laustsen ist fantastisch, die Schauspieler gut - abgesehen jedoch von Bill Skarsgård, der hier in Ben-Affleck-Manier genau einen Gesichtsausdruck präsentiert, ob er nun schockiert, verliebt oder wütend ist. SimonDiese Ausdrucksarmut ist in „Simon“ sehr schade. Amüsanterweise war Bill Skarsgård in der vorhergegangenen schwedischen Oscar-Einreichung für den besten fremdsprachigen Film „Im Weltall gibt es keine Gefühle“ (2010) genau damit grandios – kein Wunder, spielte er darin doch einen an Aspergersyndrom leidenden jungen Mann, der keine Gesichtsausdrücke erkennen oder korrekt produzieren kann. Hier jedoch ist Bill die falsche Besetzungswahl, die vielleicht eher der berühmten Verwandtschaft geschuldet ist - Bill ist der kleine Bruder von „True Blood“-Serienvampir Alexander Skarsgård und Sohn des berühmten schwedischen Schauspieler Stellan Skarsgard.

SimonDes Weiteren werden in „Simon“ pausenlos neue Figuren, Motive und Geschichten eingefügt, die dann lieblos gleich wieder vergessen werden – obwohl sie mit viel Trara eingeführt wurden. So wird eine Auschwitz-Überlebende vorgestellt, dann munter als Kontrapunkt verwendet, um dann wieder egal zu sein und somit leise in der Versenkung zu verschwinden. Doch zuvor kommt schon ein entsetzliches Trauma eines der Kinder ans Licht, das dieses zu verschlingen droht und auch für den Zuschauer kaum auszuhalten ist. Zwei Minuten später ist dieses Trauma jedoch abgehandelt und wird nie wieder aufgegriffen. Spätestens hier fragt sich das Publikum, wie man diese Wendungen noch ernst nehmen soll. Anstatt sich auf wenige Figuren und Handlungsstränge zu konzentrieren, versucht Marnie Blok das Buch möglichst vorlagengetreu umzusetzen und produziert damit keinen guten Film mehr.

So bleibt der Drehbuchpreis auch am Ende noch unverständlich. Immerhin kann man sich auf schöne Leseabende mit dem Ursprungswerk freuen, denn man kann sogar hinter den Schwächen des Drehbuchs noch erkennen, dass die Romanvorlage ziemlich gut zu sein scheint. Zu hoffen ist, dass all diese merkwürdigen Wendungen und das Verschwinden wichtiger Figuren der zeitlichen Begrenzung des Spielfilms geschuldet sind. Am Beispiel „Simon“ zeigt sich somit wieder einmal, dass manche Bücher einfach nicht verfilmt werden sollten. Und manche Drehbücher auch nicht.

Bilder: Copyright

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