Shouf Shouf Habibi!

Originaltitel
Shouf Shouf Habibi!
Jahr
2004
Laufzeit
89 min
Genre
Release Date
Bewertung
6
6/10
von Jan Kucharzewski / 29. Januar 2011

Hinsichtlich Kunst und Kultur haben die Holländer in ihrer Geschichte durchaus etwas vorzuweisen: Sie haben unter anderem die architektonische De Stijl-Gruppe, die Maler van Gogh und Rembrandt sowie die Rockband Golden Earring ("Radar Love") hervorgebracht. Nur mit den Filmen hat es bislang noch nicht so richtig hingehauen. Amateurhafte Schmuddel- und/oder Kriegsstreifen waren lange Jahre vorherrschend. Nun kommt mit "Shouf Shouf Habibi" ein Film in die deutschen Kinos, der diesen Fluch des schlechten Geschmacks brechen soll. Der erste holländische Film, der die Probleme der marokkanischen Einwanderer auf humorvolle Art und Weise thematisiert und vielleicht sogar eine neue Ära im "Nederlandse Bioscoop" einleiten könnte.

In "Shouf Shouf Habibi" dreht sich alles um den 20-jährigen Abdullah und seine Familie. Typische marokkanische Einwanderer irgendwie, die sämtlichen Klischees und Vorurteilen entsprechen. Obwohl sie unterschiedlicher nicht sein könnten, suchen doch alle Familienmitglieder dasselbe: Ihren Platz innerhalb der holländischen Gesellschaft. Den hat bisher nur der älteste Sohn Sam gefunden, der sich als Polizist vorbildlich ins soziale Leben eingegliedert hat. Ganz anders dagegen die Eltern, die sehr konservativ sind und nicht nur in punkto Kultur und Verständigung viele Probleme mit ihrem Dasein in den Niederlanden haben.
Ihre hübsche Tochter Leila macht es ihnen da auch nicht gerade leicht. Sie möchte in der Modebranche arbeiten und widersetzt sich den elterlichen Plänen einer arrangierten Hochzeit, indem sie lieber mit einem Holländer anbändelt. Der Jüngste der Familie ist auch kein marokkanisches Vorzeigekind. Er knipst heimlich die muslimischen Mädchen, die zu Hause brav im Sinne der Eltern leben, sich draußen aber dem modernen westlichen Lebensstil anpassen, und erpresst sie mit den Fotos. Der sympathische, aber nichtsnutzige Ab hängt nur mit seinen Kumpels rum und träumt davon, Schauspieler in Hollywood zu werden. Sowohl seine Versuche auf ehrliche Weise in einem Büro, als auch auf kriminelle Weise in Form eines Bankraubs an Geld zu kommen, scheitern. Ab sieht eine Rückbesinnung auf traditionelle marokkanische Werte als vermeintlich letzten Ausweg aus seiner unglücklichen Situation und kehrt in die Heimat zurück, um sich eine Frau zu suchen. Doch auch dabei geht einiges schief.

Klingt soweit nach einer recht interessanten Geschichte. Schauen wir doch einmal, was die hochgeschätzten Kollegen Gerhard Delling und Günther Netzer dazu zu sagen haben.

Gerhard Delling: "Ja, liebe Leserinnen und Leser, herzlich willkommen zur Analyse von ‚Shouf Shouf Habibi', einem Film aus dem Land, wo die Tulpen so schön blühen und der Käse so gut schmeckt, ha ha. Also man muss glaub ich sagen, im Endeffekt, recht ordentliche Leistung der Holländer. Allerdings: Überraschungen blieben aus, der letzte Biss hat gefehlt. Nun kann ich mir vorstellen, dass einer wie der Günther Netzer, der schon in allen großen Kinosälen der Welt gesessen ist, dass so einer dann sagt, ganz so überzeugend war der Film nicht."

Günther Netzer: "Nein, das war er in der Tat nicht. Zugegeben, vereinzelt waren gute Ansätze zu erkennen, das darf man nicht bestreiten. Aber dabei bleibt es dann auch. Vor allem die Geschichte erwies sich im Nachhinein als enttäuschend. Da hätte man mehr draus machen können."

Delling: "Was meinen Sie damit genau?"

Netzer: "Ich kritisiere die Art und Weise wie hier mit den Themen umgegangen wird. Immigration. Integration. Konflikt zwischen Eltern und Kindern. Zu diesen Themen wurde bei weitem noch nicht alles gesagt. Aber von ‚Shouf Shouf Habibi' wurde nichts Neues zur Diskussion beigetragen. In der Vergangenheit wurde ja oft daran gezweifelt, ob es gelingen kann, Phänomene wie einen Culture Clash filmisch einwandfrei zu verwerten. Ich stelle fest, dass dies sehr wohl gelingen kann. Ausgezeichnete Filme wie ‚East is East', ‚Jalla! Jalla!' oder "Gegen die Wand" von Fatih Akin, Europas Filmemacher des Jahres, beweisen dies."

Delling: "Aha. Gut, Thema Humor, was sagen Sie dazu?"

Netzer: "Bei allem Respekt, was ich den meisten Komödien unserer Zeit, nicht nur ‚Shouf Shouf Habibi', vorwerfe, ist diese enorme Klischeefixiertheit. Es wird nur noch auf billige Lacher gesetzt. Hier fordere ich mehr Kreativität. Originell zu sein, das ist doch das größte Kompliment, was sich ein Film selbst zuteil werden lassen kann. Oder wie sehen Sie das, Herr Delling?"

Delling: "Ich habe vor allen Dingen gesehen, dass, als es um die fünf Unterschiede zwischen E.T. und den Marokkanern ging, sogar Sie herzhaft lachen mussten."

Netzer: "In der Tat, ja. Da haben Sie mich erwischt. Mitunter gibt es durchaus unterhaltsame Szenen zu sehen, das stimmt."

Delling: "Wo Sie eben von großartigen Filmemachern sprachen, was halten Sie denn von der Leistung des Regisseurs?"

Netzer: "In meiner Gladbacher Zeit war ich selber Regisseur, von daher bleiben mir gewisse Dinge nicht verborgen. Für meinen Geschmack hat er nicht das Letzte aus dem Stoff rausgeholt. Der Mut zum Risiko hat gefehlt. In Holland haben sie eben nicht mehr die jungen Straßenregisseure. Das haben ihnen im europäischen Vergleich die Skandinavier voraus. Dort fasst man sich auch mal ein Herz und macht Filme, die nicht ausschließlich die breite Masse des Volkes ansprechen sollen."

Delling: "Stichwort Schauspieler. Manche von denen hätten hierzulande nicht einmal bei GZSZ auflaufen dürfen. Da hat ja selbst ein David Hasselhoff mehr spielerisches Talent. Oder, Günther Netzer?

Netzer: "Das haben Sie schön gesagt. Hätte ich Ihnen gar nicht zugetraut, Herr Delling. Hoffnungsvolle Talente spielen anders. Mimoun Oaïssa hingegen zeigte eine recht ansehnliche Leistung. Er war ja gewissermaßen der Hauptdarsteller am heutigen Abend und tut gut daran, seine schauspielerische Karriere weiter zu verfolgen. Aus ihm könnte vielleicht noch etwas werden."

Delling: "'Shouf Shouf Habibi' konnte in den Niederlanden bereits große Erfolge feiern. Ihre Prognose für das Gastspiel in Deutschland?"

Netzer: "Nun, ich denke nicht, dass die Deutschen sehr viel Freude an diesem Film haben werden. Sie werden viele Anspielungen nicht verstehen und nur den Kopf darüber schütteln. So wie wir beide."

Delling: "Noch ein paar abschließende Worte zu ‚Shouf Shouf Habibi'?"

Netzer: "Die Drehbuchautoren sind wie Eunuchen. Sie wollen, aber sie können nicht."

Delling: "Na, das hat der Günther Netzer jetzt aber sicherlich im Scherz gemeint."

Netzer: "Nein, das hat er nicht."

Delling: "Äh, auch gut. In diesem Sinne - zurück zum Rezensenten!"

Danke, Gerhard. Der Rezensent kann sich dieser Meinung nur anschließen. Gewollt, aber nicht gekonnt, beschreibt "Shouf Shouf Habibi" wohl am Besten. Es wäre sicherlich falsch, dem Film vorzuwerfen, sich nicht kritisch genug mit Themen wie Immigration und Integration auseinandersetzen zu wollen. Wenn dies wirklich die Absicht des Regisseurs gewesen wäre, hätte er ein tiefgründiges Drama und keine oberflächliche Komödie gedreht. Trotzdem ist es ärgerlich, dass der Film kaum Elemente zeigt, die man nicht schon an anderer Stelle gesehen hat. Dass manche Handlungsstränge gar nicht mehr aufgelöst werden, macht die Sache auch nicht unbedingt besser.
Insgesamt reicht "Shouf Shouf Habibi" vielleicht für einen Abend kurzweiliger Unterhaltung und verdient sich ein anerkennendes Schulterklopfen, mehr aber auch nicht. Ein großartiges Filmerlebnis sieht anders aus. Aber immerhin haben die Holländer in der Entertainment-Branche ja noch genug Asse, auf die sie stolz sein können: Rudi Carrell, zum Beispiel. Oder Linda de Mol. Oder den Domino Day….

Bilder: Copyright

7
7/10

Netter Film, der vor allem im Original mit Untertitel auf DVD so manchen Gag enthaelt, der warscheinlich in der Sync. floeten gegangen ist.
Die Storry ist etwas konstruiert, aber der unverkrampfte Umgang mit dem Thema integration fand ich sehr gut.

AST

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