Nightmare Alley

Originaltitel
Nightmare Alley
Land
Jahr
2021
Laufzeit
150 min
Genre
Release Date
Bewertung
6
6/10
von Volker Robrahn / 19. Januar 2022

Guillermo Del Toro entwickelt sich zweifellos weiter. Waren seine frühen Werke noch sehr klar in den Fantasy-Bereich einzuordnen und wurden gerne von Monstern dominiert, so rücken diese zunehmend zugunsten von psychologischen Charakerisierungen in den Hintergrund. Das war schon bei „Pans Labyrinth“ und noch viel mehr beim Oscar-Gewinner „Shape of Water“ der Fall und in „Nightmare Alley“ sind die Monstren in physischer Form nun endgültig nur noch Randfiguren. Aussehen tut das Ganze dank des gewählten Jahrmarktsettings zwar immer noch wie eine bizarre Fantasy-Welt, doch im Kern bewegen wir uns hier im klassischen Film Noir–Bereich und als genau solcher firmiert ja auch die Erstverfilmung aus dem Jahr 1947. Del Toros Version ist aber eine vollkommen andere, die das Spektrum erweitert und ihr Thema wesentlich größer aufzieht, dabei aber nicht frei von Schwächen und allem Längen bleibt.

Woher er kommt und was ihn an diesen Ort treibt bleibt zunächst unklar:, aber hier fragt ihn auch niemand danach . Stanton Carlisle (Bradley Cooper) schließt sich dem Ensemble des Schaustellers Clem (Willem Dafoe) an und verdingt sich dort erst einmal mit allerlei Hilfsarbeiten. Stück für Stück baut er engere Beziehungen zu einigen anderen Mitgliedern auf, wie dem Mentalistenpaar Zeena & Pete (Toni Collete, David Strathairn) oder ganz besonders der jungen Molly (Rooney Mara). Zu anderen Künstlern bleibt sein Verhältnis eher distanziert und irgendwann entschließt sich Stanton mit Molly an seiner Seite weiterzuziehen und in der Großstädt ein etwas glamouröseres Leben zu führen, - das sich allerdings weiterhin aus der Täuschung von Gutgläubigen finanziert die er mit seinen immer perfekter werdenden Taschenspielertricks verblüfft. Als er dabei die mysteriöse Psychiaterin Lilith (Cate Blanchett) kennenlernt versucht Stan das ganz große Rad zu drehen, doch es scheint fraglich ob er dem tatsächlich gewachsen oder dafür nicht doch eine Nummer zu klein geraten ist.

Der Auftakt ist erst einmal toll gelungen, wenn Stanton von Bildern seiner in Flammen aufgehenden Wohnung verfolgt auf den Jahrmarkt stolpert, sich dort die Kuriositäten und Monströsitäten die Klinke in die Hand geben und wir mit ihm in die schaurig-faszinierende Welt der Gaukler und Freaks eintauchen. Das fühlt sich dann auch ganz nach einer typischen Del Torro-Welt an und ist mit dessen prägnanten Blick für Formen, Farben und Typen aufregend inszeniert. Dass auch die Nebenrollen dabei mit diversen bewährten Charakterdarstellern besetzt sind (neben den schon geannten tauchen auch noch Ron Perlman, Mary Steenburgen oder Richard Jenkins auf) sorgt natürlich auch für eine sehr hohe Qualität des „Schauspiels“ im wörtlichen Sinne. Während Cate Blanchett dabei vielleicht als einzige doch ein bisschen zu dick aufträgt in Sachen Gehabe und Coolness beweist Bradley Cooper bei seiner – die erste halbe Stunde übrigens komplett wortlos agierenden – Hauptfigur erneut, dass er schon lange den Anforderungen seiner „Hangover“-Tage entwachsen ist.

Doch all die Freude über das opulente Set-Design und die durchgehend gut aufgelegten Darsteller kann letztlich nicht darüber hinwegtäuschen dass die Geschichte die erzählt wird eine bemerkenswerte banale ist. Immer wieder wird dramatisch die Spannung aufgebaut und uns auch musikalisch suggeriert, dass jetzt gleich bestimmt irgendetwas Heftiges passiert ohne dass es aber wirklich geschieht. Und nachdem Stan und Molly den Zirkus dann verlassen haben wird es endgültig einfach ziemlich öde was das Geschehen auf der Leinwand angeht.Bevor es dann im Finale zumindest halbwegs packend wird zerfasert die Handlung in der zweiten Stunde so stark zwischen Eheproblemen und persönlichen Befindlichkeiten hin und her, dass es schon nachvollziehbar scheint warum „Nightmare Alley“ trotz all der großen Namen vor und hinter der Kamera vom amerikanischen Publikum weitgehend ignoriert wurde. Was auch damit zu tun hat, dass Del Toro sich ebenfalls der aktuell grassierenden Manie anschließt, dass offenbar jede größere Produktion mittlerweile deutlich über zwei Stunden laufen muss. Was im effektgeladenen Blockbuster-Kino dabei noch damit aufgefangen und halbwegs gerechtfertigt werden kann, dass darin zumindest ständig irgendetwas passiert führt bei einem Stoff wie diesem hier aber zwangsläufig zur Langatmigkeit.

So entpuppt sich „Nightmare Alley“ letztlich als äußerst langsam erzähltes Kunstkino in dem es zwar, wie sagt man so schön - „viel Schönes“ zu bestaunen gibt, dass aber eben auch mitunter leider ordentlich langweilt.Was zu der Erkenntnis führt, dass der Filmemacher Guillermo del Toro nun zwar spürbar erwachsener geworden ist, das daraus resultierende Ergebnis aber leider auch ein ganzes Stück weniger unterhaltsam daherkommt als seine früheren Werke.

Bilder: Copyright

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