Maos letzter Tänzer

Originaltitel
Mao's last dancer
Land
Jahr
2009
Laufzeit
117 min
Genre
Release Date
Bewertung
7
7/10
von Matthias Kastl / 14. November 2010

Manche Geschichten schreien ja gerade danach verfilmt zu werden. So auch die eines kleinen Jungen namens Li Cunxin, der in den 1970er Jahren aus einem chinesischen Bauerndorf auszog, um schlussendlich zu einem der besten Balletttänzer der Welt zu avancieren. Die wahre Lebensgeschichte des heute als Börsenmakler in Australien arbeitenden Cunxin hat schon für sich genommen so eine Kraft und Faszination, dass man da schon einiges falsch machen müsste, um bei der Verfilmung den Karren in den Dreck zu fahren. Macht Regisseur Bruce Beresford ("Doppelmord", "Miss Daisy und ihr Chauffeur") aber nicht, sondern liefert einen zwar etwas konventionellen, dank sympathischer Schauspieler und überzeugend inszenierter Ballettszenen aber durchaus unterhaltsamen Feel-Good-Film ab.

Als Vorlage dient ihm dabei die Biographie von Cunxin, die vor einigen Jahren zu einem internationalen Bestseller wurde. Mit der Hilfe von drei unterschiedlichen Schauspielern (Wen Bin Huang, Chengwu Guo und Chi Cao) zeigt der Film den abenteuerlichen Weg des armen Bauernjungen, der von den Kulturbeauftragten der Kommunistischen Regierung mit nur elf Jahren entdeckt und an die Pekinger Ballett-Akademie geschickt wurde. Nach Jahren harten Trainings darf Cunxin als einer der ersten seines Landes an einem kulturellen Austausch mit den USA teilnehmen - und trifft nicht nur auf den von ihm faszinierten Ballettleiter Ben Stevenson (Bruce Greenwood), sondern auch auf eine komplett andere Kultur.

Das Aufeinandertreffen von zwei so unterschiedlichen Kulturen wie der amerikanischen und der chinesischen, gepaart mit der politische Bedeutung eines solchen Austausches in den 70er Jahren, beinhaltet natürlich jede Menge Sprengstoff. Doch um es gleich vorwegzunehmen: Auch wenn diese Unterschiede ständig im Film präsent sind, stehen sie doch die meiste Zeit eigentlich nicht wirklich in dessen Vordergrund. Stattdessen geht es dem Film vor allem um die klassische Geschichte des Jungen aus armen Verhältnissen, der trotz widrigster Umstände schier unglaubliches leistet.
So kommen viele Motive einem dann natürlich auch nur allzu vertraut vor. Die harte Ausbildung an der Pekinger Akademie ist da ein gutes Beispiel. Hier trifft Cunxin, wie immer bei solchen Geschichten, auf einen weisen Mentor, der ihm den richtigen Weg zeigt. Und wie einst Rocky trainiert auch unser Protagonist wie ein Berserker um das Unmögliche zu schaffen - wo der eine Rinderhälften traktiert, legt der andere sich Gewichte um die Beine und springt nachts durch das Treppenhaus.
Dank exotischem Setting und sympathischer Protagonisten funktioniert das Erzählen einer so vertraut wirkenden Geschichte aber hier eigentlich ganz gut - auch wenn der Film schon oft in Richtung Klischee driftet und ziemlich vorhersehbar ist. Glücklicherweise verfügen aber insbesondere die chinesischen Schauspieler, vor allem die drei Cunxin-Darsteller und Joan Chen als Mutter, über jede Menge Charme und halten die Zuschauer so bei der Stange. Ebenso auch das Drehbuch, das immer, wenn der Film ein bisschen zu arg in Richtung Kitsch driftet, die Situation mit einem charmanten Spruch oder ein bisschen Ironie entschärft. Auch als der Film sich ganz auf Cunxins Zeit in den USA fokussiert, setzt sich das fort. Am Besten lässt sich das wohl an der Leistung von Bruce Greenwood veranschaulichen. Dessen Darstellung des schwulen Ballettleiters grenzt wirklich schon hart an die Karikatur, aber da man Greenwood die Freude an dieser Rolle bis in die Fingerspitzen anmerkt, kann man ihm irgendwie nicht wirklich böse sein.

So spult der Film zwar relativ konventionell, aber eben doch ganz charmant sein Programm ab. Wirkliche Highlights gibt es dann aber doch zu bewundern, nämlich gleich mehrere tolle Tanzsequenzen. Dass die so faszinierend sind, liegt nicht nur am hochtalentierten Hauptdarsteller Chi Cao, sondern vor allem an zwei weiteren Faktoren. Erstens hat man ein unglaublich gutes Gespür für die Auswahl der Stücke bewiesen, denn die sind wirklich abwechslungsreich und lassen nie auch nur einen Hauch von Langeweile aufkommen. Zweitens zerstört Regisseur Beresford die Magie dieser Szenen nicht durch unnötige Effekte, schnelle Schnitte und Perspektivwechsel. Nein, da wird einfach mal die Kamera laufen gelassen und das lässt die Leistung der Protagonisten auf der Bühne nur umso beeindruckender erscheinen.
Nicht so prickelnd sind dagegen die Liebeserfahrungen von Cunxin, die im Film doch relativ lieblos und oberflächlich abgehandelt werden. Dazu gerät der Film im letzten Drittel, wo er auf einmal etwas düsterere Töne anschlägt, auch ein wenig aus dem Rhythmus. Das Kapitel in der chinesischen Botschaft, als Cunxin zum Spielball zweier Regierungen wird, ist natürlich an sich faszinierend. Doch nach der sonst eher oberflächlichen Herangehensweise des Films an dieses Thema wirkt es dann doch ein bisschen wie ein Fremdkörper und wird auch zu schnell abgehandelt. Glücklicherweise folgt dann aber direkt darauf ein Finale, das wie so oft zwar kein Klischee auslässt, aber doch einfach unglaublich charmant daherkommt. Da bleibt nun wirklich kein Auge trocken.

Ja, mancher mag es vielleicht als Sünde sehen, dass die kulturelle und politische Brisanz der Geschichte hier nicht wirklich für eine große intellektuelle Auseinandersetzung genutzt wird. Doch die Entscheidung, dass alles mit einer Prise Humor und Leichtigkeit anzugehen, hat ja auch ihre Vorzüge. So ist es schon verdammt schwierig, aus diesem Film nicht mit einem kleinen Lächeln herauszukommen.

Bilder: Copyright

9
9/10

"Maos letzter Tänzer" ist ein wunderschöner und durchweg unterhaltsamer Film mit überzeugenden Schauspielern, faszinierenden Tanzszenen und einer schlüssigen und spannenden Geschichte.
Er zaubert Filmmagie auf die Leinwand und hat mich sehr begeistert.
Für alle, die sich auch nur im Ansatz für Ballett und oder Tanztheater interessieren, ein Pflichtbesuch!

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