King of Devil's Island

Originaltitel
Kongen av Bastøy
Jahr
2010
Laufzeit
120 min
Genre
Regie
Release Date
Bewertung
7
7/10
von Margarete Prowe / 28. März 2012

Der düstere norwegische Spielfilm „King of Devil’s Island“ basiert auf der wahren Geschichte einer Rebellion auf der Kinder- und Jugendgefängnisinsel Bastøy im Winter 1915, die schließlich von der norwegischen Armee niedergeschlagen wurde. Obwohl Drehbuchautor Dennis Magnusson und Regisseur Marius Holst mit Holzhammer-Symbolik „Moby Dick“ nach Alcatraz verfrachten und das Ergebnis auch noch mit allen Klischees kombinieren, die man in einem Jugendknastfilm erwarten würde, manövrieren am Ende die klirrend-kalte Inszenierung und die brillanten schauspielerischen Leistungen diesen Film gekonnt aus dem Genre-Untiefen wieder heraus und lassen emotional bewegte Zuschauer zurück.

Die außerhalb von Oslo inmitten eines Fjords gelegene Insel Bastøy war von 1900-1935 ein Jungengefängnis, in dem Kinder zwischen 11 und 18 schon jahrelang landeten, wenn sie Alkoholiker als Eltern hatten oder aus der Kirchenkollekte gestohlen hatten. Ganz im Sinne des Zeitgeistes sollten aus ihnen ehrliche und der Gesellschaft nützliche Christenmenschen werden. Der Weg dahin führte über absoluten Gehorsam, harte Arbeit und kollektive Strafen. Weder durften sie über ihre Vergangenheit sprechen noch ihre eigenen Namen tragen. Stattdessen wurden ihnen Nummern zugewiesen. Eine Flucht war unmöglich, denn die unwirtliche Natur sorgte dafür, dass niemand die Flucht überleben konnte.

1915 wird der durch die harten Aufseher erzwungene Frieden der Insel brüchig, als der trotzige und rebellische Erling (Benjamin Helstad) auf der Insel ankommt. Auf Bastøy, wird ihm gesagt, gebe es nur die Gegenwart, keine Zukunft, keine Vergangenheit und schon überhaupt kein Entrinnen, doch Erling (umbenannt in C19) legt sich schnell mit dem Direktor (Stellan Skarsgård) an und kann auch vom angepassten Musterschüler Olav (Trond Nilssen) nicht aufgehalten werden, der nach sechs Jahren auf der Insel kurz vor seiner Entlassung steht und sich daher nichts zuschulden kommen lassen darf. Als der schwache Ivar (Magnus Langlete) von seinem Aufseher Bråthen (Kristoffer Joner) missbraucht wird und einen Ausweg sucht, eskaliert die Situation.

Die Unterdrückung der Jungen zeigt sich nicht nur im Antagonismus zu den sadistischen Erwachsenen, sondern auch durch den Einsatz kirchlicher und staatlicher Symbole. Die Kameraarbeit von John Andreas Andersen ist zudem überaus effektiv durch konsequente Blaufärbungen und winzige Individuen in schroffer, menschenfeindlicher Umgebung auf vollem Breitbildformat. Übertroffen wird „King of Devil’s Island“ hierbei im norwegischen Film der letzten Jahre in der Darstellung eisiger Landschaften nur noch von Nils Gaups „Kautokeino Opprøret“ (2007), einem leider hierzulande wenig bekannten, visuell äußerst betörenden Werk über den realen Aufstand der samischen Bevölkerung gegen die Unterdrückung durch Staat und Kirche im Jahr 1852. Doch dafür ist eine Montagesequenz in „King of Devil’s Island“ absolut herausragend: Der Moment, in dem die Stimmung auf der Insel kippt. Dieser Stimmungsumschwung ist meisterlich montiert und stellt den exakten Augenblick dar, in dem aus einem Genrefilm etwas wirklich Besonderes wird und der Zuschauer tatsächlich ins Geschehen hineingezogen wird.

Obwohl der Film formelhaft irgendwo zwischen „Der Unbeugsame“ (1967) und „Einer flog übers Kuckucksnest“ (1975) anzusiedeln ist, sind die schauspielerischen Leistungen trotz der in „King of Devil’s Island“ leider fast durchgängig eindimensionalen und klischeehaften Rollen sehr gut: Von Stellan Skarsgård ist man Herausragendes gewöhnt; er kann Autoritäten mit bösartigem Hang hervorragend verkörpern; doch gerade der junge Trond Nilssen beeindruckt nachhaltig und erweist sich hier als großes Schauspieltalent. Seine Rolle ist auch die einzige komplexer angelegte, die ein Wachsen ihrer Figur ermöglicht und damit auch die emotional authentischste Wirkung erzielt.

Es scheint eine Ironie des Schicksals zu sein, dass die ehemalige Besserungsanstalt auf Bastøy heute ein ökologisch geführtes Gefängnis mit geringer Sicherheitsstufe ist, das in Medienberichten kritisiert wird, gerade weil es den Insassen zu „gut“ geht und sie auf der Insel in ihrer freien Zeit fischen, reiten und Tennis spielen können.

Bilder: Copyright

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