Wenn Rachel (Emily Blunt) zweimal am Tag mit dem Zug an dem Haus vorbeifährt, in dem sie einst gelebt hat, dann quält sie sich beim Blick aus dem Fenster selbst. Denn darin lebt ihr Ex-Mann Tom (Justin Theroux) mit seiner neuen Frau Anna (Rebecca Ferguson). Doch vor allem das häufig vor dem Nachbarhaus zu sehende Pärchen erregt Rachels Interesse. Zwar hat sie Scott (Luke Evans) und Megan (Haley Bennett) nie persönlich kennengelernt, doch repräsentieren diese Beiden für sie das was für sie selbst nun unerreichbar scheint – eine perfekte Beziehung. Doch dieses Bild bekommt Risse, als Rachel Megan eines Tages mit einem anderen Mann auf der Terrasse beobachtet. Als am nächsten Tag dann sogar das Verschwinden der jungen Frau gemeldet wird, will Rachel helfen und mischt sich ein. Worüber nicht alle erfreut sind und auch Rachel selbst kann sich keinesfalls sicher sein, dass das was sie meint gesehen zu haben tatsächlich der Realität entspricht.
Die Produktion von „Girl on the Train“ ging bemerkenswert schnell von statten, so als wollte man unbedingt noch vom großen medialen Wirbel um die Buchvorlage profitieren. Denn zurzeit ist es kaum möglich eine Buchhandlung zu betreten, ohne dort an zentraler Position dem Belletristik-Bestseller von Paula Hawkins zu begegnen. Nun ist es ja so, dass die Mehrzahl der Bücher bekanntlich von Frauen gekauft und gelesen wird und in der Tat handelt es sich bei dieser Geschichte um eine Art feministischen Thriller. Warum genau dem so ist lässt sich allerdings ohne einen fetten Spoiler kaum erklären oder beschreiben, daher belassen wir es hier bei der grundsätzlichen Feststellung.
Es sind drei starke, interessante Frauenfiguren die hier beschrieben werden oder besser gesagt, es sollten wohl drei solche werden. Denn was die Adaption des Romans unter der Regie von Tate Taylor („The Help“) uns stattdessen präsentiert, sind vielmehr ein paar neurotische Hausfrauen mit Pseudo-Problemen (die dann gerne auch beim – natürlich verdammt attraktiven – Psychiater ausdiskutiert werden). Zumindest gilt dies für die beiden in vermeintlich glücklichen Beziehungen lebenden New Yorker Vorstadt-Damen Anna und Megan, wobei sich vor allem Letztere aus lauter Langeweile in eine sexuelle Affäre nach den anderen stürzt.
Es gilt jedoch immerhin nicht für Rachel, die zwar zunächst auch alles andere als besonders liebenswert oder sympathisch gezeichnet wird, sich dann aber als deutlich vielschichtiger entpuppt als es zunächst den Anschein hat bzw. haben soll. Zweifellos eine starke Rolle für Emily Blunt, der es dann auch hervorragend gelingt, diese völlig derangierte und aus der Bahn geworfene, fortwährend an sich selbst zweifelnde Frau überzeugend zu verkörpern. Und es ist schon ein ziemliches Kunststück dies innerhalb dieses Umfeldes zu vollbringen, das ansonsten aus lebenden Abziehbildern und haarsträubenden Plotwendungen besteht. Wobei es sich tatsächlich weniger um einen echten Krimi oder Thriller handelt, wie es der Trailer suggerieren will, sondern vielmehr um ein lähmend langsam und umständlich erzähltes Psycho-Drama, durch das man sich zur Mitte der Laufzeit förmlich durchquält. Es scheint, als hätte man die nicht-chronologische Erzählweise mit diversen Zeitsprüngen vor allem deshalb gewählt, um so dem Betrachter zumindest irgendeine Art von Beschäftigung zu geben.
Zwar wird es zum Ende hin ein wenig spannender, kippt nach dem großen Plot-Twist aber in derart absurde Bereiche um, dass es nur noch ärgerlicher wird. Wer nur kurz den Fehler begeht, den „Plan“ des am Ende demaskierten bösen Buben (oder Mädchens) auf Plausibilität zu prüfen, der wird dabei genauso Schiffbruch erleiden wie es „Girl on the Train“ als Gesamtkunstwerk ergeht. Ein zuerst langweiliger, dann alberner Film ist das, mit überwiegend lächerlichen Figuren. Die drei Augen gehen daher auch vollständig an Emily Blunt.
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