
Es ist schon irgendwie merkwürdig: Es gibt Ideen, die werden fortlaufend in Filmen recycelt, und gehen einem jedes mal mehr auf die Nerven, von wegen wo bleibt denn da die Innovation. Und es gibt Ideen, die werden fast noch häufiger recycelt, und funktionieren doch irgendwie jedes Mal. Eine dieser Ideen ist das alte „Wir haben eine Leiche am Hals und müssen sie los werden“-Spiel. Und genau darauf basiert der erste Film von Klaus Krämer, seine Abschlußarbeit für die Filmhochschule, und damit der erste Streifen dieser Herkunft seit Katja von Garniers "Abgeschminkt", der es bis ins Kino schaffte.
Die
Leiche am Hals hat in diesem Falle Paul (Boris Aljinovic). Der hat
mit seiner Geschäftspartnerin und Studienfreundin Rike (Claudia
Michelsen) gerade einen tollen Auftrag an Land gezogen (für
was genau wird praktischerweise gar nicht erst erwähnt) und
geht erstmal feiern. Seine Freundin Gabi kann leider nicht mitkommen,
weil sie noch arbeiten muß. In der Disco machen Paul und sein
Kumpel Max (Jürgen Tarrach) Bekanntschaft mit etwas, daß
wie Pralinen aussieht, aber einiges mehr beinhaltet als viele Kalorien
(„Das übliche: Koffein, Taurin, Gurama, Mushrooms, und
Marzipan. Ich würde nur eine halbe nehmen.“). Paul nimmt
eine ganze und kann sich daher aus nachvollziehbaren Gründen
am nächsten Morgen nicht erinnern, wie er nach Hause gekommen
ist. Der mörderische Schädel wird allerdings geschwind
zum sekundären Problem, denn im Wohnzimmer liegt Gabi mit einem
Genickbruch (Wie sie sich diesen zugezogen hat, wird nicht verraten,
denn das ist der beste Gag des ganzen Films). Da er sich aufgrund
des erlittenen Filmrisses an nichts mehr erinnern kann, gehen er
und der zu Hilfe eilende Max davon aus, daß Paul wohl im Vollrausch
seine Freundin sonstwie umgebracht hat. Und so reifen die ersten
Pläne zur Beseitigung der Leiche, immer wieder gestört
durch einen überneugierigen Nachbarn, eine dauerbesuchende
Mutter mit eigenem Schlüssel (verheerend!), einem peniblen
Hausmeister und der entnervten Rike. Auf jeden Fall erweist es sich
als sehr praktisch, daß Max zufällig Arzt ist.
Handlungsmäßig
ist aus diesem Film natürlich nicht viel rauszuholen, und die
geringe Anzahl an Settings (der Großteil spielt in Paul’s
Wohnung) läßt erahnen, daß hier von vornherein
nicht viel Geld zur Verfügung stand. Muß ja auch nicht,
daß läßt sich mit guten Ideen locker ausbügeln.
Gerade hier allerdings herrscht zeitweise echte Dürre. Was
diese ganzen „Die Leiche muß weg“-Filme so spaßig
macht, ist die ständige und andauernde Gefahr der Entdeckung.
Wobei die Spielereien immer dieselben sind. Wenn der Körper
in einer Truhe oder ähnlichem landet, will sie ständig
jemand aufmachen. Das ist immer wieder das selbe, und immer wieder
komisch, aber halt auch sehr schnell langweilig. Was die guten Ideen
betrifft, so ist hier schon nach wenigen Minuten die Luft raus,
und weitere Gags, die es auf die makabre Art versuchen (die hier
sowieso überraschend kurz kommt), wollen nicht so recht zünden.
Man sieht dem verzweifelten Treiben auf der Leinwand amüsiert
zu, aber schon nach fünfzehn Minuten kann kein Handlungspunkt
mehr überraschen. Man hat schon zu viele Filme dieses Strickmusters
gesehen, um die Gags auch nur ansatzweise innovativ zu finden. Aber
das Amusement bleibt interessanterweise. Bestes Beispiel ist der
Schlußgag, den man dreißig Meilen gegen den Wind riecht,
schon eine Minute vorher weiß der ganze Saal, was jetzt kommen
wird, aber als es dann endlich passiert, ist das Gejohle dennoch
groß. Es kann in gewisser Weise auch unterhaltsam sein, genau
das zu kriegen, was man erwartet.
Krämer’s Regie ist eine sehr unstete Angelegenheit. Die Visualisierung von Paul’s Flash am Anfang gelingt sehr gut und einfallsreich (ich fühlte mich leicht an „Go“ erinnert), doch im weiteren Verlauf gerät alles ein wenig zu konventionell. Mit ein wenig mehr Schwung in der Inszenierung würde der Mittelteil des Films vielleicht nicht ganz so durchhängen, aber so ist er nur das ziemlich öde Verbindungsglied zwischen dem gut gemachten Anfang und dem knalligen Ende.
Darstellerisch
fällt vor allem Edgar Selge auf. Als überneugieriger Nachbar
mit guten Haushaltsratschlägen aus der Bio-Ecke ist er der
heimliche Star des Films, dominiert jede seiner Szenen und ist als
einziger wirklich von Anfang bis Ende saukomisch. Bei den beiden
Hauptakteuren stört letztlich genau das, was Filmen dieser
Art immer einen schalen Beigeschmack gibt: Das fehlende Gefühlsleben.
Keine Sekunde wird getrauert, daß die geliebte Freundin so
mir nichts dir nichts das Zeitliche gesegnet hat, eiskalt und abgebrüht
denkt man nur daran, wie man selbst wieder da raus kommt. Natürlich
verlangt die Funktionsweise der Geschichte solch ein Verhalten,
nichtsdestotrotz empfinde ich es jedesmal aufs Neue als unrealistisch
und pietätlos.
„Drei Chinesen mit dem Kontrabass“ ist so ein Film, wo eigentlich nichts wirklich falsch gemacht wurde, der sein Publikum durchaus zu unterhalten weiß, der aber trotzdem nicht das Prädikat „gut“ verdient hat. Viel mehr ist es eine dieser Nummern, wo die Macher auf ein (tod-)sicheres Pferd gesetzt haben, weil man damit schwerlich auf die Schnauze fallen kann. Das ist für ordentliche Fernsehunterhaltung vielleicht das richtige Verhalten. Für einen guten Namen in der Filmbranche aber eindeutig zu wenig. Keine Props von meiner Seite, und das nächste Mal bitte ein bißchen mehr Kreativität.
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