Der Räuber Hotzenplotz

Jahr
2005
Laufzeit
94 min
Genre
Regie
Release Date
Bewertung
6
6/10
von Margarete Prowe / 17. Januar 2011

Von Finnland (Ryöväri Hurjahanka") bis Portugal ("O Ladrao Catrabum"), von der Türkei ("Haydut Haytazot") bis Südafrika ("Die Rower Hotsenplots") ist er bekannt, der Räuber Hotzenplotz. Und wer bei uns die Kinderbücher von Otfried Preußler nicht gelesen hat, der kennt den Gauner wahrscheinlich aus der Augsburger Puppenkiste. Dazu passend beginnt auch Gernot Rolls Verfilmung dieses schon über vierzig Jahre alten Stoffes mit Marionetten vom Hotzenplotz, dem Kasper, dem Seppel und all den anderen zauberhaften Figuren. "Der Räuber Hotzenplotz" ist eine kindgerechte Verfilmung, die an alte tschechische Märchenfilme erinnert, dieses Flair aber leider mit digitalen Effekten aus der Ramschkiste aufzupeppen versucht, so dass einem das selige Lächeln des Öfteren vergeht.

Irgendwo in Bayern, irgendwann, nur nicht heute. Der Räuber Hotzenplotz (Armin Rohde, "Die Bluthochzeit") überfällt die Großmutter (Christiane Hörbiger, "Schtonk!") und entreißt ihr ausgerechnet ihre schöne Kaffeemühle, die Musik spielen kann. Genau wie der Wachtmeister Dimpfelmoser (Piet Klocke, "Die wilden Hühner") wollen auch die Jungen Kasperl und Seppel die Kaffeemühle aus der Räuberhöhle zurückholen. Während Dimpfelmoser mit der staatlich geprüften Hellseherin Portiunkula Schlotterbeck (Katharina Thalbach, "NVA", "Sonnenallee") Gläserrücken betreibt, um den Standort der Höhle zu finden, stellen die Buben Hotzenplotz eine Falle. Bald darauf werden sie von ihm aufgegriffen und getrennt. Der eine kommt als Kartoffelschäler zum Zauberer Zwackelmann und der andere ist in der Räuberhöhle gefangen. Doch immerhin wissen weder Zauberer noch Räuber, dass der Kasper in Wirklichkeit der Seppel und der Seppel der Kasper ist, da beide ihre Mützen getauscht haben.

Erstaunlich an dieser hübsch anzuschauenden Verfilmung ist, dass der Produzent und Drehbuchautor Ulrich Limmer ("Das Sams", "Das Sams in Gefahr") und Regisseur Gernot Roll ("Ballermann 6") die Geschichten vom Räuber Hotzenplotz erst als Erwachsene kennen lernten, als sie diese ihren Kindern vorlasen. Auch Armin Rohde kannte die Vorlage nur vom Hörensagen. Katharina Thalbach hatte die Verfilmung mit Gert Fröbe (1974) gesehen. Immerhin hatten die Jüngsten am Set, Martin Stührk und Manuel Steitz, die Bücher gelesen, womit sich die Frage, ob dieser Stoff heute noch zeitgemäß ist, eigentlich erübrigt.
Die Musik des Oscarpreisgekrönten Nicola Piovani ("Das Leben ist schön") gibt dem Film eine märchenhafte Komponente und unterstützt die Handlung vorzüglich. Auch die Kamera von Gernot Roll (der seine Karriere als Kameramann bei Sönke Wortmann begann und diesen Job immer noch häufig übernimmt), passt wunderbar. Als der Räuber Hotzenplotz das erste Mal erscheint, schaut er förmlich in den Kinosaal hinein, was das Zuschauererlebnis direkter macht.

Von den Darstellern macht nicht nur der wie immer vorzügliche Armin Rohde hier eine tolle Figur, auch die beiden Buben können mehr als überzeugen. Besonders Manuel Steitz als Seppel ist einfach zauberhaft und wird wahrscheinlich Mutterherzen dahin schmelzen lassen. Katharina Thalbachs Rolle ist herrlich skurril und treffend überzeichnet von ihr angelegt. Im gesamten Ensemble gibt es nur einen Missklang: Barbara Schöneberger ist zwar eine wunderbar dralle, extrablonde Fee (sie bezeichnete sich selbst als "Brummer unter den Feen"), kann dafür aber schauspielerisch nicht mit dem Rest der Besetzung mithalten und spricht ihre Zeilen wie gerade auswendig gelernt. Das ist natürlich schade für alle Szenen, in denen sie vorkommt.

Dramaturgisch gibt es einige Schwächen, die sich daraus ergeben, dass hier in einem Film gleich zwei Bücher ("Der Räuber Hotzenplotz" und "Neues vom Räuber Hotzenplotz") verarbeitet wurden, so dass der Spannungsverlauf recht untypisch und manchmal störend langsam ist. Da hilft es leider auch nicht, dass der Film ziemlich werkgetreu umgesetzt wurde.
Es gibt noch einen anderen Haken an dieser Verfilmung: Die Special Effects, die einfach zum Fürchten schlecht sind. Es ist zwar interessant, das Krokodil als echten Krokodilhund auftauchen zu lassen, aber dieser sieht einfach so künstlich und schlecht aus, dass man sich eher ein aufblasbares Krokodil aus dem nächsten Swimmingpool gewünscht hätte. Schlimmer hätte es auch nicht aussehen können. Es gibt auch diverse Effekte, die einfach nicht notwendig gewesen wären und überaus auffällig sind, auch wenn Ulrich Limmer sagt: "Man merkt es unserem Film glücklicherweise nicht an, aber er steckt voller digitaler Tricks, die für die Geschichte letztlich auch benötigt werden." Sparsamkeit wäre hier trotzdem angebracht gewesen, denn viel hilft nicht immer viel.
Um den "Räuber Hotzenplotz" kurz zusammenzufassen, kommt hier ein Ausschnitt der Filmnotizen, die man so im Dunkeln auf das Presseheft kritzelt: "tolle Ausstattung, Kostüme, Kamera, Musik / Rohde super / Seppel zauberhaft / Spezialeffekte dämlich / peinlich animierter Krokodilhund, fast so schlecht wie die Schöneberger". Im Film fällt der Satz "Eine gute Idee wäre jetzt Gold wert". "Der Räuber Hotzenplotz" war zwar prinzipiell eine gute Idee, doch ob er Gold wert sein wird, das entscheidet sich an der Kinokasse.


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