Mit „Das Verschwinden der Eleanor Rigby“ kommt ein Film zu uns ins Kino, der in dieser Form ursprünglich nicht geplant war. Denn Regisseur Ned Benson hatte sich für sein Debüt gleich etwas ganz Besonderes vorgenommen und dies dann auch in die Tat umgesetzt: Mit den beiden eigenständigen Filmen „The Disappearance of Eleanor Rigby: Him“ und „Her“ beleuchtete er die Geschichte einer Trennung aus den unterschiedlichen Perspektiven der beiden daran Beteiligten. Diese Filme existieren und sie laufen auch auf diversen Festivals. Für die „normale“ Vermarktung im Kino hatte man dann aber doch Bedenken und so gibt es nun also einen dritte Version, die im Original den Zuzsatz „Them“ im Titel trägt, die Essenz der beiden Einzelteile vereint und ohne Wissen der Hintergrundgeschichte auch als konventioneller Spielfilm durchgehen soll. Dabei handelt es sich diesmal auch nicht um eine der berüchtigten, eigenmächtigen Verstümmelungen der Produzenten, sondern um eine von Regisseur Benson selbst vorgenommene Zusammenstellung. Diese ist aber natürlich trotzdem letztlich nur ein Kompromiss aus dessen ursprünglicher Vision.
Was mit großer Zuversicht und einer Zeit der Verliebtheit beginnt, ist sieben Jahre später vorbei: Ein prägendes Ereignis verändert alles und während Connor (James McAvoy) sich intensiv um die Rettung seiner Beziehung bemüht, zieht sich Eleanor (Jessica Chastain) immer weiter daraus zurück. Als ihr Verhalten schließlich sogar in einem Selbstmordversuch mündet, beschließt sie anschließend erst einmal wieder zu ihren Eltern (William Hurt & Isabelle Huppert) zurückzuziehen. Connor bleibt allein und ratlos zurück, sämtliche Versuche der Kontaktaufnahme und Wiederannäherung verlaufen zunächst erfolglos. Eleanor nimmt ein Studium auf, freundet sich mit ihrer Professorin (Viola Davis) an und muss doch erkennen, dass die Suche nach einem neuen Lebenssinn damit noch nicht abgeschlossen ist.
„All the Lonely People – where do they all come from?“
Laut Bensons eigener Aussage ist dies der Schlüsselsatz aus dem berühmten Beatles-Song, der als Inspiration für die Namensgebung diente. Ansonsten hat die so getaufte Eleanor Rigby hier eher wenig mit der Figur aus der Feder von Paul McCartney gemein, abgesehen vielleicht von der inneren Traurigkeit. Die Kraft der Liebe und die gewaltige Einsamkeit einer einzelnen Seele, das sind die großen, universellen Themen, derer sich Regisseur, Autor & Mitproduzent Ned Benson annimmt, und es ist halt gar nicht so einfach dazu etwas wirklich Neues, noch nicht Gesehenes beizutragen. Was dann eben auch ein Hauptgrund für die ungewöhnliche Herangehensweise mit zwei Filmen aus der Sicht von Ihr und Ihm war. Doch da wir diesen zumindest recht originellen Ansatz hier nun nicht zu bewerten haben bleibt nur die Erkenntnis, dass der „“Vereinigungsfilm“ einen doch etwas ratlos zurücklässt. Womit es dem Zuschauer nicht anders geht als sämtlichen Angehörigen und Freunden von Eleanor & Connor. Denn auch denen fällt halt kaum etwas ein, was Rat und Trost spenden oder sonst irgendwie weiterhelfen könnte in einer Lebenssituation nach einem traumatischen Ereignis, dass zwar erst spät im Film konkret benannt wird, das man sich aber eigentlich trotzdem vorher schon denken kann.
Ja, die Darsteller sind durchgehend stark, auch in den Nebenrollen, die Chemie zwischen den beiden Hauptcharakteren ist spürbar, auch und gerade wenn wir sie die meiste Zeit nur im sehr distanzierten Umgang miteinander erleben, da eben vor allem Eleanor tatsächlich immer mehr aus dem einst gemeinsamen Leben "verschwindet". Doch ihnen gute zwei Stunden allein beim Umgang mit Verlust und Traurigkeit zuzusehen strapaziert auch irgendwann das eigene Gemüt. Was vermutlich auch genau so sein soll, doch da hängt es dann wirklich von der Bereitschaft jedes Einzelnen zum „Mitleiden“ ab, ob er zu dem Ergebnis kommt hier einem emotionalen Meisterwerk beizuwohnen oder doch vielleicht irgendwann erkennt, dass ihm der Zugang zum Seelenleben der Figuren auf der Leinwand genauso verschlossen bleibt wie das Verständnis für deren oft unvernünftiges und rücksichtsloses Verhalten.
Denn einen echten, traditionellen Spielfilm bekommt man hier eher nicht zu sehen, einen klassischen Handlungsplot auch nicht. Darin ähnelt „Das Verschwinden der Eleanor Rigby“ dann durchaus den Werken eines Terrence Malick, insbesondere zu dessen letzten Film „To the Wonder“ lassen sich einige Ähnlichkeiten in Sachen Stimmung und Atmosphäre ausmachen. Wer den (wie der Rezensent) aber eher anstrengend als bewegend empfand, der wird auch hier so seine Schwierigkeiten haben und sich sehr gut überlegen, ob er sich diese zweifellos sehr kunstvolle Melancholie dann vielleicht auch noch in der Langfassung der Versionen von „Him“ und „Her“ antun möchte. Auch wenn die Vermutung schon naheliegt, dass diese Einzelteile ein harmonischeres und schlüssigeres Bild abgeben als der hier vorliegende Zusammenschnitt.
Neuen Kommentar hinzufügen