Das Urteil

Originaltitel
Runaway Jury
Land
Jahr
2003
Laufzeit
138 min
Genre
Regie
Release Date
Bewertung
7
7/10
von Johannes Miesen / 27. Dezember 2010

 

Filme nach Romanvorlagen von John Grisham bestehen üblicherweise aus den selben Grundbausteinen. Sie handeln nahezu ausnahmslos vom Kampf um Moral und Gerechtigkeit und fast immer spielt sich eben jener Kampf im Gerichtssaal ab. Dort stehen sich als Hauptprotagonisten meist der junge, idealistische Anwalt, der sich gegen das scheinbar übermächtige korrupte System auflehnt, und der gewiefte Starverteidiger im Designeranzug gegenüber, der wiederum selbiges System beschützen will. So oder ähnlich gesehen in Filmen wie "Der Klient", "Die Jury", "Der Regenmacher" oder auch "Die Firma", wobei letzterer bis heute als die wohl gelungenste Grisham-Verfilmung gilt, und das bleibt leider auch so nach "Das Urteil", der sich nicht nur titeltechnisch nahtlos in die Reihe seiner zahlreichen Vorgänger einreiht.
Denn auch hier dreht sich wieder alles um einen spektakulären Gerichtsprozess, genauer gesagt um die Schadensersatzklage einer Witwe gegen einen namhaften Waffenkonzern, den sie für den Tod Ihres Mannes, der beim Amoklauf eines Kollegen ums Leben gekommen ist, verantwortlich macht. "Gerichtsurteile sind viel zu wichtig, um sie Geschworenen zu überlassen", das ist jedenfalls die Meinung von Rankin Finch (Gene Hackman), einem skrupellosen Jury-Berater, der von der Waffenfirma engagiert wird, um den Prozess mit Hilfe der Auswahl, Überwachung und Einschüchterung von Geschworenen zu gewinnen. Als sein Gegenspieler fungiert der von Dustin Hoffman dargestellte Wendell Rohr, der als Anwalt der Klägerin den Prozess mit fairen Mitteln gewinnen möchte. Die Situation spitzt sich schließlich zu, als beide Seiten von der geheimnisvollen Marlee (Rachel Weisz) die Jury-Entscheidung gegen einen Millionenbetrag zum Kauf angeboten bekommen: Ihr schwer zu durchschauender Freund Nick Easter (John Cusack) hat es in die Gruppe der zwölf Geschworenen geschafft und manipuliert deren Mitglieder subtil von Innen. Ein gefährliches Katz- und Mausspiel um die entscheidenden Stimmen der Jury beginnt.

Auch wenn es auf den ersten Blick so aussieht, ist "Das Urteil" im engsten Sinne kein klassischer Gerichtsthriller. Der Film beschäftigt sich weniger mit dem Prozess an sich, sondern vielmehr mit der Beeinflussung der Geschworenen durch verschiedenste Druck- und Lockmittel. Konventionelle Gerichtsszenen wechseln sich hier mit hektisch geschnittenen Bildern aus Finchs Kommandozentrale ab, von wo aus die zwölf Geschworenen mittels modernster Technik überwacht und studiert werden. "Das Urteil" wirkt hier zuweilen wie eine Symbiose aus den Filmen "Die Jury" und "Der Staatsfeind Nr.1", womit wir bereits beim großen Problem des Films angelangt wären: Man kann sich des Eindrucks nicht erwehren, das Alles so oder in ähnlicher Form schon mal irgendwo gesehen zu haben. Was leider größtenteils der Vorlage von John Grisham anzulasten ist, die zwar versucht das altbekannte Justizthriller-Schema mit neuen Aspekten zu kombinieren, was in diesem Fall aber leider nur sehr begrenzt gelingt, weil sich der Bestseller-Autor immer noch zu sehr an sich selbst orientiert.
Zu vorhersehbar wirkt hier daher nicht nur die Handlung an sich, sondern auch die moralischen Motive der handelnden Personen und damit auch die Botschaft, die uns "Das Urteil" am Ende vermitteln möchte. Diese Art von Déja-Vu-Erlebnis wird unglücklicherweise durch die Besetzung noch unterstützt, die zwar durchweg aus hervorragenden Schauspielern besteht, die einzelnen Rollen wurden aber leider allesamt nach dem Prinzip "Bloß keine Experimente" vergeben. Hoffman spielt hier mal wieder den anständigen Moralisten von nebenan ("Outbreak" lässt grüßen), Hackman hat mal schnell Kevin Spaceys Part aus "Die Jury" übernommen, und Cusack gibt erneut den undurchschaubaren Helden, den wir von ihm auch schon gesehen haben. Natürlich erledigen alle drei Ihre Aufgabe äußerst lobenswert und auch Rachel Weisz bestätigt Ihren Ruf als ernstzunehmende, aufstrebende leading lady von Hollywood, aber allgemein wäre hier eine Besetzung gegen den üblichen Strich eindeutig eine Überlegung wert gewesen.

Trotz allem bleibt anzumerken, dass "Das Urteil" mit Hilfe seiner tollen Schauspieler und seiner durchaus gelungenen Inszenierung den Zuschauer über die Gesamtlaufzeit von 138 Minuten mühelos unterhält und seine vorrangige Mission damit in gewohnt solider Grisham-Manier erfüllt. Leider hat man das Ganze 10 Minuten nach dem Abspann genauso mühelos wieder vergessen, was gepaart mit der offensichtlichen Nähe zu seinen Vorgängern schließlich zu einer Wertung von "nur" 7 Augen führt. "Das Urteil" bleibt also im Grunde all jenen zu empfehlen, die noch nicht allzu viele Grisham-Adaptionen gesehen haben, für alle anderen gilt: Ab in die Videothek, "Die Firma" ausleihen und gleiche Qualität für weniger Geld genießen.


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