Auf Herz und Nieren

Jahr
2002
Laufzeit
93 min
Genre
Regie
Release Date
Bewertung
3
3/10
von Matthias Kastl / 6. Januar 2011

Die Voraussetzungen waren ideal: Eine durchaus ausgefallene Idee, ein Top-Regisseur, der vor fünf Jahren mit seinem Film "Knockin' on Heaven's Door" 3,7 Millionen Zuschauer in die Kinos holte, ein auch hinter der Kamera erfahrener Til Schweiger als Produzent und ein Haufen prominenter Gesichter - darunter der dreitagebärtige Golden-Globe-Preisträger Burt Reynolds, Udo Kier, Boxbulle Axel Schulz und nicht zuletzt Schmusesänger Xavier Naidoo. Die Zeit war reif für einen guten Film aus deutschen Landen. Doch was die Truppe von "Auf Herz + Nieren", all diesem Potential zum Trotz dort abliefert, enttäuscht schwer und zeigt einmal mehr, dass das deutsche Kino von seinem Höhepunkt noch Einiges entfernt ist.

Doch beginnen wir ganz vorne: Die vier Nichtsnutze Rico, Sigi, Dave und Glotze kennen sich seit Kindesbeinen an. Sie sind nicht die Hellsten und so ist es nicht verwunderlich, dass ihr chronischer Geldmangel sie bald in die Welt der Verbrecher treibt, wo sie versuchen, den Drogenboss Banko über das Ohr zu hauen. Doch anstatt bei einem Drogendeal wie geplant doppelt abzukassieren, stehen sie am Ende mit einem Koffer voll Backpulver da - und Banko "is not amused". Fünf Tage bekommen sie, um die bei der Geldübergabe verlorene Million wieder aufzutreiben, sonst drohen Genitalmassagen mit dem Messer - oder Schlimmeres. Es folgen verzweifelte Versuche der Geldbeschaffung, bis die bereits Hoffnungslosen schließlich den einschlagenden Tipp bekommen: In der internationalen Organschieberei warte eine Riesenchance auf sie. Man überlegt, zögert und wählt dann kurzerhand und ohne sein Wissen das schwächste - weil dümmste - Glied im Bunde als Spender aus: Kumpel Glotze, Boxer mit Bombenkondition und einem "guten Herz". Um das Leben des Pontifex Maximus aus dem Vatikan zu retten (ja, kleiner ging es nicht) und nebenbei ein ordentliches Stück vom christlichen (Geld-)Segen abzubekommen, nehmen die Drei in Kauf, dass Glotze seines lassen muss. Doch selbst als Halbstarke mit den moralischen Ansprüchen eines Totengräbers ist es nicht ganz leicht, den eigenen Freund an den Chirurgenstahl zu liefern.

Nun, mag diese Geschichte Anhängern schwarzer Satiren noch halbwegs sympathisch frisch erscheinen, so werden ihre Schwächen spätestens beim Betrachten der Umsetzung unangenehm bemerkbar. Denn "Auf Herz + Nieren" schrammt lediglich am feinfühligen Humor vorbei, streift eine Experimentierkiste für ästhetisch ansprechende Schnitte und Einstellungen, um dann endgültig mit lautem Scheppern im platten Durchschnittsklamauk zu landen. Auch die Spannungskurve verläuft bei fortschreitender Geschichte eher diametral, so dass sich das Interesse des Zuschauers langsam aber sicher vom Film auf die Bestuhlung und Dekoration des Kinosaals verlagert. Zwar bietet Jahn seinen Zuschauern partikulären Wortwitz und einige für das deutsche Kino ungewöhnlich spektakuläre Außenaufnahmen, aber auch das verhilft der Geschichte weder zu Schwung noch Niveau. 
Leider kann auch die - zum größten Teil - sprachlose Prominenz nicht ein Quäntchen schauspielerischen Glamour in das Geschehen hineintragen. Reynolds Auftritt beschränkt sich auf wenige verbale Drohgebärden, Axel Schulz nuschelt als Bösewicht-Bodyguard im Ganzen drei Sätze (wobei ein einziger Gedanke fortwährend in seinem Gesicht abzulesen ist: "Nicht direkt in die Kamera schauen, nicht direkt in die Kamera schauen…") und auch Herr Naidoo, nun schick in neuer Afro-Optik, erfüllt in etwa die Aufgaben eines Pappaufstellers. Hier wird der Eindruck erweckt, dass Promi-Namen als reines Zierwerk für Filmplakate missbraucht und die Rollen ihrer Besitzer auf das Maß ihrer schauspielerischen Möglichkeiten oder aber Motivation zurechtgestutzt wurden. Offen bleibt da die Frage, ob das deutsche Kino solche Art von Taschenspielertricks wirklich nötig hat. Eines aber lässt sich aber mit Gewissheit sagen - dass sich die Kritiker bei einem Film so selten einig waren, wie bei "Auf Herz + Nieren": Diese Operation kann man sich sparen.

 

Bilder: Copyright

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