"Das Grauen kommt um 10" ist der Titel eines Thrillers, der bei uns in den früher 80er Jahren herauskam. Nicht im Kino sondern lediglich in auf Video scharte sich eine kleine Fangemeinde um diesen eigentlich nicht besonders interessanten Film, der nur wegen eines einzigen Satzes den Status eines Miniklassikers erringen konnte, nämlich der mehrfach in den Telefonhörer gesprochenen Frage "Haben Sie nach den Kindern gesehen?". Aus heute nicht mehr ganz nachvollziehbaren Gründen wurde diese Floskel derart bekannt, dass sie sogar der damals noch äußerst unterhaltsame Otto Waalkes in seinem ersten Kinofilm zitierte.
Der Rest des alten Films ist heutzutage weitgehend vergessen, die Meisten erinnern sich halt nur noch daran, dass eine junge Babysitterin von einem Unbekannten terrorisiert wurde. Bemerkenswerterweise lässt sich auch die komplette Handlung der Neuverfilmung, die nun bei uns unter dem Titel "Unbekannter Anrufer" herauskommt, mit genau diesem einen Satz zusammenfassen.
Denn das Einzige, was der zum Geldverdienen genötigte Teenager Jill Johnson (Camilla Belle) in der ersten Stunde dieses so genannten Spielfilms tut, ist telefonieren. Und zwar in wertneutraler Reihenfolge mit Freundinnen, Rivalin, Ex-Lover, Babyeltern und der Polizei. Und das mehrfach mit jedem der Genannten. Zwischendurch haben wir dann immer mal wieder die Anrufe des zunächst schweigenden Unbekannten. Der wird sich natürlich noch zur großen Bedrohung entwickeln, hält sich aber erst einmal sehr zurück. Denn in 80 Prozent der Fälle, in denen das Telefon klingelt (erwähnte ich schon, dass dies sehr oft geschieht?) befindet sich am anderen Ende der Leitung ein harmloser Bekannter.
Und so hat die vorerst noch relativ entspannte Jill ausreichend Gelegenheit, beim Plaudern in die Muschel ausgiebige Rundgänge durch das Haus der Gastfamilie zu unternehmen. Deren Design-Immobilie ist in der Tat äußerst aufwändig und imposant gestaltet und der eigentliche Star des Films, so man denn einen sucht. Sollte das eigentliche Anliegen dieser Produktion also eine Oscar-Nominierung für Set-Design/Ausstattung gewesen sein, so hat man hier alles richtig gemacht.
Das Bemühen um einen spannenden und unterhaltsamen Thriller ist allerdings nicht zu erkennen. Denn es gibt nicht eine neue Idee in diesem Film, nicht eine wenigstens ansatzweise überraschende Wendung oder irgendetwas, das vielleicht doch ein wenig anders ist, als es zunächst scheint. Null, nada, rien. Ein farb- und gesichtsloser Bösewicht, dessen Handlungen völlig unmotiviert erscheinen, ein modernes, junges Mädchen, das sich zu wehren weiß, und jede Menge so genannte Schockeffekte Marke "falscher Alarm".
Nur dank der ungefähr 76 belanglosen Telefongespräche wird das Alles dann mit Mühe auf 80 Minuten gestreckt, bevor man schließlich ein unvermeidliches "Da kommt bestimmt noch was"-Ende von selten gesehener Sinnlosigkeit dranhängt.
Eine Existenzberechtigung hätte "Unbekannter Anrufer" also höchstens, wenn es der erste Film dieser Art wäre. Ist er aber natürlich nicht, sondern nur ein schwacher und uninspirierter Neuaufguss von schon zigmal besser Gesehenem. Der soliden Hauptdarstellerin Camilla Belle kann man dabei gar keinen Vorwurf machen, die macht das, was sie halt machen soll, gut und passt durchaus in die Kategorie "viel versprechendes neues Gesicht".
Ansonsten aber alles so sparsam hier, dass selbst der Kultsatz mit Wiedererkennungswert nur ein einziges Mal eingesetzt wird, und man nur das folgende befremdliche Fazit ziehen kann: Schwacher Film, schönes Haus.
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