Weil ich ein Mädchen bin

Originaltitel
But I'm a cheerleader
Land
Jahr
2000
Laufzeit
89 min
Genre
Regie
Release Date
Bewertung
8
8/10
von Simon Staake / 23. Dezember 2010

Übersetzer sind schon ein merkwürdiges Völkchen und zu trauen ist ihnen schon gar nicht. Mit schönster Regelmäßigkeit vergewaltigen sie Originaltitel, verfälschen, verdrehen und verwursten. So auch hier: Nicht nur, dass sie dem Film das unangenehm an einen deutschen Schlager erinnernde „Weil ich ein Mädchen bin“ verpassen, nein sie schieben auch noch das ungleich peinlichere „Ein ultrabuntes Coming-Out“ hinterher. Mein Gott. Derartiger Blödsinn gehört bestraft, führt er doch den Zuschauer fast bösartig in die Irre. Eigentlich geht es hier – dem Originaltitel entsprechend – nämlich vor allem um ein zwar einzelnes, aber besonderes Exemplar des Mädchens: dem Cheerleader. Wurde der bisher vornehmlich aufs Doofsein und die Mannschaftsmatratze reduziert, erfahren wir hier zum ersten Mal, warum man auch Cheerleader werden will: Wegen den engen Tops und kurzen Röcken der Kolleginnen ...

Megan (Natasha Lyonne) ist nicht nur Cheerleaderin, sondern auch sonst so, wie Mommy und Daddy überall in Amerika sich ihr Kind vorstellen: hübsch, freundlich und fleißig. Jedoch: Ihre Eltern (Bud Cort & Mink Stole) wollen eine unglaubliche Entdeckung gemacht haben: Megan ist kein normales Mädchen! Die Beweislast ist schier erdrückend: Melissa Etheridge-Poster im Zimmer, Pin-Up-Girl im Spind, Ekel vor der wild schwingenden Zunge ihres Freundes und zudem noch Vegetarierin. Ganz klar, Megan muss eine Lesbe sein. Gott sei dank gibt es ja für alles eine Lösung, und die steht in Gestalt des mit einem „Straight is Great“-T-Shirt bekleideten Mike (RuPaul Charles) vor der Tür. Der ist Trainer bei „Der wahre Weg“, einem Trainingscenter, in dem aus vermeintlichen Homosexuellen wieder richtige Heteros gemacht werden sollen. Prompt wird Megan hierher verfrachtet. Die Schäfchen auf den richtigen Weg zurückbringen will die tyrannische Mary Brown (Cathy Moriarty), deren Homophobie wahrscheinlich mit ihrem latent schwulen Sohn Rock (Eddie Cibrian, sieht aus wie ein Ben Affleck-Klon) zusammenhängt, und die Methoden sind wirklich ungewöhnlich: Erst Gruppensitzung mit erzwungenem „Ich bin homosexuell“-Geständnis und dann geht’s ans Eingemachte: Holzhacken, Footballspielen und Autoreparieren für die Jungs; Putzen, Babywickeln und Beineüberschlagen für die Mädchen – So bekommt man jeden wieder hin. Oder auch nicht. Nicht nur, dass die Jungs sich beim Football auch ganz ohne Ball aufeinander werfen und nicht mehr voneinander lassen. Megan wird in eine Gruppe mit Graham (Clea DuVall) eingeteilt. Und die trotzige Rebellin erweckt in ihr ganz merkwürdige Gefühle. Haben die anderen vielleicht doch recht? Bald muss sich Megan eingestehen, dass sie nicht zu Unrecht in diesem Camp steckt. Viel schlimmer: Wie verbirgt man diese erste große Liebe vor der furchteinflössenden Mrs. Brown, und wie bringt man es den Eltern bei?

„The haunting fear that someone, somewhere, may be happy“. So definierte H.L. Mencken vor über siebzig Jahren den Puritanismus. Leider hat sich seitdem nichts, aber auch gar nichts geändert, und daher treibt das vom Puritanismus oder noch repressiveren „Glaubensgemeinschaften“ bestimmte Alltagsleben in Amerika seltsamste Blüten. Wo sonst könnte es etwas derartig Albernes, Unglaubliches und wahrhaft Krankes geben wie diese besagten Homo-Umerziehungscamps als im Land der ultrabegrenzten Möglichkeiten? Leider traurigste Realität, es gibt tatsächlich über 200 dieser Dinger. Dennoch hat sich Jungregisseurin Jamie Babbit in ihrem Debüt nicht für einen ernsthaften Problemfilm entschieden, sondern für eine knallbunte und schreiend komische Satire. Slapstick und grelle Gags stehen hier im Vordergrund. So ist das Camp selbst und die Personen gnadenlos überzeichnet, teilweise bis ins Surreale überbordend: Die Jungs sind in himmelblauen Klamotten unterwegs, die Mädchen in grellstem Pink, sämtliches Inventar sieht aus wie in einem überdimensionalen Puppenhaus und dazu klöppelt ewig eine Spieluhr – wie der kritisierte heuchlerische Lebensstil im kleinbürgerlichen USA ist hier alles artifiziell. Dazu gesellen sich gelungene Einfälle, wie die Drag Queen unter den Drag Queens RuPaul als bekehrten Schwulen und fanatischen Heterotrainer zu besetzen. Schrägste Figuren, wie eine Schwulen-Guerilla-Truppe runden das Ganze ab. Dennoch gibt es auch Raum für Zartes: Die Liebesszenen zwischen Natasha Lyonne (das sexerfahrene Biest aus „American Pie“) und Clea DuVall (das schnuckelige Rauhbein aus „Faculty“) sind einfühlsam dargestellt und sehr sinnlich.

Wenn man diesem Film etwas vorwerfen muss, ist es die Art und Weise, wie Inhalt und Form teilweise auseinanderdriften. Grelle Satire ist zwar als Ansatz durchaus richtig, entlarvt sich doch etwas derart Beknacktes wie diese Trainingscamps dadurch selbst, „Weil ich ein Mädchen bin“ übertreibt es jedoch manchmal ein bisschen: Zu platt ist der Klamauk, zu bitter die Realität, die dahinter steckt. Ein wenig mehr Substanz hätte dem Film an manchen Stellen gut getan. Anliegen völlig korrekt, Umsetzung etwas suspekt. Immer noch viel besser als andersherum, und daher gibt es auf die ursprünglich veranschlagten sieben Punkte noch einen „Good Will“-Punkt drauf.

„Weil ich ein Mädchen bin“ ist ein greller und stellenweise wirklich witziger Film, der nur dadurch abgeschwächt wird, dass die schlimme Realität zwischen all den Witzen doch etwas zu kurz kommt. Aber da wir uns hier nicht in Betroffenheit wühlen wollen, bleibt immer noch ein knallbunter Spaß mit (hoffentlich) ein bisschen Nachdenken auf dem Heimweg. Und das ist doch schon aller Ehren wert.


10
10/10

Absolut geill!Echt genial besetzt(vorallem Graham!!!)Ich liebe die Szene als sich Megan und Graham ENDLICH zum ersten mal küssen, die Sprüche sind einfach nur geil(vorallem Graham)und da ich sowieso voll auf Clea DuVall abfahr und sie schon in "The Faculty" total süß fand,war ich echt restlos begeistert.Besonders davon, was sich Megan am Ende alles einfallen lässt, um ihre große Liebe für sich zu gewinnen!

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