Im Moment kann man ein kleines bisschen Eskapismus und einen gelegentlichen Stimmungsaufheller besonders gut gebrauchen. Gott sei Dank bietet die Filmgeschichte nicht nur haufenweise großes Drama, sondern auch eine Menge Filme, die einem ein seliges Lächeln ins Gesicht zaubern und für zwei Stunden dafür sorgen, dass man einfach nur Freude hat. Wir haben redaktionsintern ein bisschen gesammelt, und hier kommen sieben ganz persönliche Bekenntnisse unserer Mitarbeiter, was für sie jeweils ihrer liebster Feel-Good-Movie ist. Nicht ganz überraschend hat das häufig etwas mit der (eigenen) Jugend zu tun, und nicht selten auch mit dem besonderen Zauber von Musik. Here we go.
Matthias Kastl
Mein Lieblingsfach während meines Studiums an der San Francisco State University war mit Abstand die "Film-Noir"-Klasse von Professor Jim Kitses. Ein für das Thema eigentlich viel zu gut gelaunter Herr, der seine Studenten jede Woche mit so düsteren Werken wie "Kiss me Deadly". "Out of the Past" oder "Double Indemnity" beglückte. Filmisch ein Genuss, für eine positive Stimmung und den Glauben an die Menschheit aber eher kontraproduktiv. Als dann auch noch der triste Winter anbrach, sah sich unser Professor wohl in einer gesellschaftlichen Verantwortung. Was tun, damit keines seiner Schäfchen stets depressiv den Nachhauseweg antritt?
Seine Lösung: In der düsteren Winterzeit spielte er nach jedem Film die Regenschirm-Tanzszene von Gene Kelly aus "Singin' in the rain". Verbunden mit der Aussage, dass es einfach unmöglich sei, danach nicht mit einem Lächeln den Vorführraum zu verlassen. Noch heute denke ich an diese weisen Worte und lege, immer wenn das Leben eine falsche Richtung einzuschlagen droht, die DVD bei mir ins Laufwerk. Dabei ist es nicht nur die ikonische Tanzsequenz im Regen, die "Singin' in the rain" zu so einem aufmunternden Erlebnis macht. Wer morgens schlecht gelaunt aus dem Bett kippt, sollte sich doch einfach mal die "Good Morning"-Sequenz gönnen. Der komplette Film sorgt einfach für pure Glückseligkeit, die wir ja auch hier schon in aller Ausführlichkeit gewürdigt haben. Ich fühle mich bei dem Film auf jeden Fall jedes Mal wieder in einen kleinen wohligen Vorführraum an der amerikanischen Westküste versetzt. What a glorious feeling, I'm happy again...
Maximilian Schröter
Konzerte sind wie alle anderen Großveranstaltungen für die nächsten Monate ja untersagt. Für echtes Rockkonzert-Feeling muss man sich also derzeit mit Konzertfilmen begnügen. Einen noch höheren „Feel-Good-Faktor“ hat aber Cameron Crowes „Almost Famous“.
In dem an wahre Erlebnisse des Drehbuchautors und Regisseurs angelehnten Film bekommt der 15-jährige William Miller (Patrick Fugit) den traumhaften Auftrag, für den Rolling Stone einen Artikel über die aufstrebende (fiktive) Rockband Stillwater zu schreiben. Dafür darf er sie auf ihrer 1973er Tour durch die USA begleiten, wobei sich ihm eine völlig neue Welt auftut, bevölkert zum einen von den Bandmitgliedern und zum anderen von ihren Groupies, pardon: „Band Aids“, darunter in erster Linie die bezaubernde und sich mysteriös gebende Penny Lane (Kate Hudson). Der Alltag zwischen Hotelzimmern, grandiosen Konzerten, Backstage-Erlebnissen und sehr langen Fahrten im Tourbus wird für William auch zu einer Coming-of-Age-Reise, die innerhalb weniger Wochen für William zahlreiche prägende Erlebnisse bereithält und seit dem Erscheinen des Films auch für viele Zuschauer unvergesslich geworden ist.
Man muss gar nicht schon vor dem Anschauen des Films ein großer Fan der Rockmusik der 70er Jahre sein (obwohl „Almost Famous“ dann definitiv noch mehr Spaß macht), denn danach ist man es sowieso. Neben den neu komponierten Stillwater-Songs ist der Soundtrack gespickt mit Stücken von Größen wie Led Zeppelin, The Who oder David Bowie. Und längst legendär ist die Szene, die Cameron Crowe mit Elton Johns „Tiny Dancer“ unterlegt hat. Dank der hier nicht nur akustisch, sondern auch optisch mit viel Liebe zum Detail wieder erschaffenen 70er Jahre entführt „Almost Famous“ seine Zuschauer gleich zweifach in andere, zumindest im nostalgischen Rückblick oft bessere Zeiten: die Jugend und eben die Siebziger „vor Disco und Spiegelkugeln“, wie es auf der Bluray-Hülle so schön heißt. Die teilweise zum Niederknien famosen Dialoge von Cameron Crowe („Say Anything“, „Jerry Maguire“) und der bis in die kleinsten Rollen perfekt zusammen gestellte Cast (u.a. Frances McDormand, Philip Seymour Hoffman, Billy Crudup, Anna Paquin, Jason Lee, Zooey Deschanel, Noah Taylor und Jimmy Fallon) tun ihr übriges und machen „Almost Famous“ zum idealen „Feel-Good-Film“.
Die Kinofassung des Films kann man bei mehreren Streaming-Anbietern kostenpflichtig ausleihen. Es existiert jedoch auch ein über zweieinhalb Stunden langer „Untitled“-Cut des Films, der auf Bluray und DVD erhältlich ist und in dem vor allem Kate Hudsons Rolle noch mehr zur Geltung kommt. So richtig perfekt wird "Almost Famous" eigentlich erst in dieser Variante.
Margarete Prowe
Mein Feel-Good-Film ist der Animationsfilm "Coco - Lebendiger als das Leben" von den Pixar Studios. In "Coco" geht es um den mexikanischen Feiertag "Día de los Muertos", den Tag der Toten. Der 12-jährige Miguel landet im Reich der Toten und sucht dort seinen verstorbenen Ururgroßvater, der als Musiker in die Welt zog, aber nie zur Familie zurückkehrte. Der Film berührt mich, weil die Toten in dieser liebevoll gezeichneten und an Musik so reichen Erzählung erst dann vergehen, wenn niemand von den Lebenden sich mehr an sie erinnert.
Meine Familie ist polnisch-katholisch, daher musste auch ich als Kind jedes Jahr zu Allerheiligen nach Polen fahren, um dort auf dem Friedhof alle verstorbenen Familienmitglieder zu besuchen. Die Friedhöfe leuchten dann durch hunderte von Kerzen auf den Gräbern, diese sind voller frischer Blumen und man gedenkt nicht nur der eigenen Verstorbenen, sondern auch der Nachbarn und Bekannten, die dort liegen.
Lange konnte ich dem ganzen allerdings wenig abgewinnen.Nachdem ich "Coco" sah, sehe ich diese Friedhöfe aber mit anderen Augen und nehme nun auch meine eigenen kleinen Kinder mit und erzähle ihnen Geschichten von ihren Vorfahren und deren Bekanntschaften. Und wer weiß, vielleicht freuen sich diese ja irgendwo darüber.
Moritz Hoppe
Richard Linklaters Highschool-Komödie „Dazed and Confused“ (in Deutschland unter dem grausamen Titel „Confusion – Sommer der Ausgeflippten“ erhältlich) lässt sein Publikum am letzten Schultag an einer amerikanischen Highschool in den 70er Jahren teilhaben. Beim sogenannten Hazing werden die zukünftigen Freshmen der Schule von den kommenden Seniors durch unterschiedliche Aufnahmerituale willkommen geheißen. Richard Linklater („Boyhood“) versucht dabei erst gar nicht, eine wirkliche Geschichte zu erzählen. Vielmehr entwirft er eine bezaubernd präzise Momentaufnahme des Highschool-Lebens der 1970er Jahre und zeigt eine Gruppe Jugendlicher, die einfach nur jede Sekunde ihres noch jungen und unbeschwerten Lebens genießen wollen – nicht mehr und nicht weniger.
Und genau das macht „Dazed and Confused“ zu einem besonderen Feel-Good-Movie. Nur wenige Filme schaffen es, die Leichtigkeit der Jugend dermaßen natürlich und lässig einzufangen, ohne dabei mit der Moralkeule um sich zu schwingen oder ihren Figuren bedeutungsschwangere Lektionen fürs Leben zu erteilen. Selbst wenn man keinerlei persönlichen Bezug zur Handlungsära des Films oder zum amerikanischen Highschool-Leben hat, so versetzt einen Linklater durch seine Figuren und die eingefangenen Momente doch in ein wohltuendes Nostalgie-Gefühl, das an die eigene Jugendzeit erinnern lässt. Darüber hinaus ist der Film natürlich von einem grandiosen Soundtrack unterlegt. 100 Minuten pure Sorglosigkeit, die wie im Flug vergehen – „Dazed and Confused“ ist eine Reise in die (eigene) Vergangenheit und Wohlfühlkino in Perfektion.
Simon Staake
Na gut, na gut, da war der Kollege schneller und hat den empirisch bewiesen besten Feel Good-Film aller Zeiten, „Almost Famous“ schon vor mir hochgepriesen. Es sei nur der erneute Hinweis gestattet, dass man ihn unbedingt in der „Untitled“-Langfassung sehen sollte. Also Plan B mit Feel-good-Movie B, den ich trotzdem alle paar Jahre aus dem DVD-Regal ziehe, wenn wir uns mal wieder amüsieren wollen.
„Die Monster-AG“ geht bei den Elogen auf Pixar ja meist unter: nicht so strukturell einzigartig wie „Wall-E“, nicht so erfolgreich wie „Findet Nemo“, kein anerkannter Klassiker wie die „Toy Story“-Reihe. Aber was für ein Vergnügen ist es immer wieder, diesen Film zu sehen. Sich an den kleinen Details zu erfreuen, die hier wie selbstverständlich eingestreut wurden. Oder an dem fantastischen World Building, das dieser Film mal eben so aus dem Ärmel schüttelt. Oder der Art, wie der Film zwar die menschliche Welt persifliert, aber eben ausgehend von einem großartig in sich schlüssigen Storykonzept.
Aber das sind alles Filmkritiker-Argumente. "Feel Good" ist dieser Film, weil er die Lachmuskeln eben so bedient wie das Herz, weil diverse der Dialogzeilen hier seit mittlerweile über 18 Jahren als geflügelte Worte in den Sprachgebrauch von meiner Frau und mir übergegangen sind („Uhh, it's a work in progress, it'll get better“, „You're making it wooooorse“), weil „Boo“ einer der zauberhaftesten Figuren der Filmgeschichte ist, und weil einem jedesmal das Herz übervoll ist und trotzdem aufgeht, wenn ganz am Ende ungesehen Boo ihr „Kitty“ grüßt.
Auch Gags, die ich nun schon ein Dutzend male gesehen habe, bringen mich immer wieder zum Schmunzeln, ob es nun Sullys Ohnmächtigkeits-Grimassen sind, als Boo vermeintlich im Müllkompaktor umgekommen ist, oder das Kleinkindmonster, das Mike in den Arm beißt – es sind bei diesem Film für mich nicht die großen set pieces, sondern die fast nebensächlichen Gags, die mich am meisten kriegen. Der großartige Rest dieses modernen Klassikers ist dann nur noch die sprichwörtliche Kirsche auf dem Kuchen. Damals gesagt, immer noch und immer wieder wahr: Monstermäßig gut.
Frank-Michael Helmke
Mein Vater hatte immer schon die etwas merkwürdige Angewohnheit, gern den neusten Stand der Technik im Haus zu haben, obwohl er diese Technik dann so gut wie nie benutzte. Darum hatten wir in meiner Kindheit in den frühen 80er Jahren auch einen Video2000-Rekorder zuhause (noch vor dem endgültigen Siegeszug der VHS), aber nur eine handvoll Kassetten dafür mit Filmen, die meine Eltern warum auch immer aufgezeichnet hatten, ohne sie sich je selbst nochmal anzusehen. Zwei dieser Filme habe ich mit meinen Geschwistern zusammen immer wieder geguckt. Der eine war Peter Bogdanovichs Screwball-Komödie "Is' was, Doc?", für mich bis heute einer der lustigsten Filme aller Zeiten. Und der andere war "Der Clou" von George Roy Hill.
Älteren Semestern ist dieser Film ganz sicher ein Begriff, denn "Der Clou" war einer der größten Publikumshits der 70er Jahre und gewann seinerzeit sieben Oscars, u.a. für den besten Film, Regie und Drehbuch. Für alle anderen: "Der Clou" spielt im Chicago der 30er Jahre und erzählt von den zwei einfachen Trickbetrügern Johnny Hooker und Henry Gondorff (Robert Redford und Paul Newman, damals die größten Stars unter der Sonne), die sich zusammentun, um sich am unantastbaren Mafia-Boss Doyle Lonnegan zu rächen. Und weil ein Mann wie Lonnegan besser nie begreifen sollte, dass du ihn ausnimmst, wenn du ihn ausnimmst, ziehen Hooker und Gondorff einen extrem elaborierten Trickbetrug auf, um den Mafiosi um eine halbe Million Dollar zu erleichtern.
Es gab viele Facetten der Handlung dieser Gaunerkomödie, die ich als naiver Grundschüler noch gar nicht richtig verstehen konnte. So kam mir eine halbe Million als große Beute immer sehr wenig vor, weil ich keine Ahnung hatte, wie viel eine halbe Million während der Großen Depression in den 1930er Jahren eigentlich wert war. Ich war auch jedes Mal verwirrt darüber, dass Hooker des öfteren mit Lonnegan zusammensitzt, um einen vermeintlichen gemeinsamen Deal abzukaspern, um dann gleich in der nächsten Szene fast von einem seiner Häscher erschossen zu werden. Es brauchte Jahre, bis ich kapiert hatte, dass es ein zentraler Kniff der Handlung war, dass Lonnegan nie wusste, dass ihm derselbe Typ gegenüber saß, auf den er bereits vor Wochen seine Auftragskiller angesetzt hatte. Und es dauerte noch ein bisschen länger, bis mir klar wurde, dass die lustigen Mädchen im Etablissement von Gondorffs Freundin Billie Prostituierte waren und Billie ihre Puff-Mutter. Oder warum Gondorff in seiner allerersten Szene seinen Kopf in ein Becken voll Eiswasser hält.
Aber sei's drum. Trotzdem fand ich schon mit sieben, acht Jahren die cleveren Tricksereien und gekonnten Improvisationen der Gauner wahnsinnig schlau, die mir völlig fremde Welt der 30er Jahre spannend und exotisch, und das ganze Prozedere des geschickt eingefädelten großen Plans bis zum finalen, titelgebenden "Clou" so herrlich kurzweilig vor sich hin schnurrend, dass ich es mir immer und immer wieder angucken konnte. Und bis heute brauche ich nur ein paar Takte einer der Ragtime-Melodien von Jazz-Pianist Scott Joplin hören, die durch diesen Film damals wieder ausgegraben und unsterblich gemacht wurden, und schon sehe ich mich wieder mit meinen Geschwistern in unseren Schlafanzügen völlig gebannt auf einer Matratze vor dem Fernseher liegen.
Volker Robrahn
Es ist ein deutlicher Hinweis auf die emotionale Wirkung von Musik, wenn sich unter all den tausenden im Laufe des Lebens aufgesogenen Filmen letztlich ein leichtes, harmloses und eher oberflächliches Musical aus der Hollywood-Glanzzeit der 50er Jahre als der ultimative, persönliche Feel Good-Movie herausschält. Nun denn, es nützt nichts sich etwas Anderes vorzumachen, denn wenn ich einen Film benennen soll, der mir immer wieder unmittelbar gute Laune macht, dann fällt die Wahl auf „High Society“ oder „Die oberen Zehntausend“, wie er hierzulande zunächst hieß.
Die Geschichte ist dabei an sich nicht der Rede wert, zudem sie auch noch ein Remake des Oscar-prämierten Schwarz/Weiß-Klassikers „The Philadelphia Story“ von 1940 ist: Die bevorstehende Heirat der „Tochter aus gutem Hause“ mit einem Langweiler kann gerade noch rechtzeitig von ihrem ersten Ehemann und im Grunde einzig wahren Liebe verhindert werden, mit viel Charme und Gesang.
Hier wird diese Handlung jedoch aufgepeppt durch die Musik Cole Porters, dem es dabei gelungen ist fast ein Dutzend herrlicher, einprägsamer Nummern zu komponieren. Die reichen vom sentimentalen Liebeslied „You're Sensational“,über selbstironisch-geistreiche Duette („Who wants to be a Millionaire?“, „Well, did you evah?“) bis zum Schnellkurs in Sachen Jazz-Grundlagen („Now you has Jazz“). Und nie war eine Grace Kelly anmutiger und gleichzeitig natürlicher als wenn sie zusammen mit Bing Crosby auf dem Segelboot das berühmte „True Love“ schmachtet. Auch schauspielerisch konnte die zukünftige Fürstin von Monaco in ihrem letzten Film nochmal zeigen, was in ihr steckt. Die Szene, in der sie den Klatschreportern Frank Sinatra und Celeste Holm die affektierte, eingebildete Diva vorspielt, ist ein einziger Genuss. Wie so viele weitere Sequenzen in diesem bunten Star-Vehikel, das in einer Rahmenhandlung vom großen Jazz-Trompeter Louis Armstrong zusammengehalten und immer wieder süffisant kommentiert wird - ein weiterer Mosaikstein, der im Verbund mit dem ausnahmslos gut aufgelegten Ensemble ein rundherum stimmiges Werk ergibt, das unter Kritikern zwar weit weniger angesehen ist als das gesanglose Original, aber einfach so viel mehr Spaß macht.
Nachdem mich „High Society“ bei einer Fernsehausstrahlung schon als Jugendlicher faszinierte, besorgte ich mir im Vor-Video-Zeitalter die damals sündhaft teure Super 8-Fassung, die das Werk auf gerade mal 40 Minuten zusammengekürzte und nicht viel mehr als die Musiknummern enthielt. Die Rollen liefen dennoch unzählige Male durch den heimischen Filmprojektor, bevor es irgendwann möglich war sich die VHS-Cassette und später die DVD-und BluRay-Version des Films zuzulegen. Bei jeder neuen Anschaffung wurde er dann erneut geschaut, und die Begeisterung und das durchgehende Lächeln im Gesicht sind im Laufe der Jahre nicht geringer geworden.
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