Vor gut drei Jahren sorgte ein Film aus dem bis dahin eher wenig aufgefallenen Kinoland Indonesien für einiges Aufsehen. Der vom Waliser Gareth Evans inszenierte Action-Kracher „The Raid“ reduzierte das, was man als Handlung bezeichnen konnte, so extrem wie kaum ein Werk zuvor, das sich als „Spielfilm“ bezeichnet. Trotzdem wurde es bei der Stürmung eines von kriminellen beherrschten Hochhauses durch eine größtenteils völlig überforderte Spezialeinheit schon deshalb nie langweilig, weil Evans im Gegenzug die Spirale an genauso furiosen wie brutalen Kampfszenen derart anzog, dass vielen der Mund vor Staunen offen stand. Wenn so ein Überraschungserfolg dann zwangsläufig seine Fortsetzung findet, erwartet man erfahrungsgemäß einen eher lauwarmen Aufguss, bei dem halt in Sachen Gewalt wohl nochmal eins drauf gesetzt wird. Was Letzeres angeht enttäuscht „The Raid 2“ diese Erwartungen auch nicht, doch ansonsten verhält es sich hier völlig anders. Ursprünglich wollte Gareth Evasns nämlich eh ein großes, komplexes Gangster-Epos erzählen, hatte dafür aber nicht das nötige Geld zur Verfügung und drehte stattdessen eben erst einmal „The Raid“. Das Epos wird nun aber nachgeholt und so haben wir es bei der Fortsetzung jetzt mit einem völlig anders aufgebauten Film zu tun, der inhaltlich eher an die großen Mafia-Epen eines Martin Scorsese erinnert.
Dabei geht es zunächst nahtlos weiter, direkt im Anschluss an die Geschehnisse aus Teil Eins wird der überlebende Polizist Rama (Iko Uwais) auf die Hintermänner des von ihm gerade erst eliminierten Gangsterbosses angesetzt. Er lässt sich ins Gefängnis einschleusen, um dort die Freundschaft von Uco (Arifin Putra), dem Sohn des Clanchefs Bangun (Tio Pakusodewo) zu erlangen. Das gelingt auch und anschließend nimmt Rama einen Platz in der Organisation ein. Diese befindet sich in angespannter Situation, da verschiedene Syndikate eigene Interessen verfolgen und Uco – im Gegensatz zu seinem gemäßigten und altersmilden Vater – eine härtere Gangart gegen die Konkurrenz anstrebt.
Da gibt es dann weitschweifende Verflechtungen, korrupte Polizisten sowie eine ständig schwelende Atmosphäre aus Misstrauen und Verrat zu verfolgen, die sich diesmal über stolze zweieinhalb Stunden ausbreitet – schon diese Laufzeit lässt erahnen, dass der Film diesmal wirklich nicht nur aus Martial Arts-Kämpfen bestehen kann. Von denen gibt es aber natürlich trotzdem reichlich zu sehen, so dass auch die Fans des komprimierten Schlachtfestes durchaus wieder zufrieden sein dürften. Denn was den Gewaltfaktor angeht ist es keinesfalls so, dass man hier nun zugunsten einer eventuell besseren internationalen Vermarktbarkeit irgendetwas abschwächen würde. Auch diesmal sind die auf der Strecke bleibenden Toten nicht zu zählen und kaum einer kommt dabei ohne größere Zermarterungen seines Körpers ums Leben. Die längeren Kampfszenen sind dabei erneut als genauso faszinierende wie absurd anmutende Orgien angelegt, bei denen es nur eine einzige Gewissheit gibt: Held Rama bleibt stets als Letzter stehen.
Dessen emotionale Verstrickung zu anderen Beteiligten ist dabei durchaus komplex und die immer wieder vor Anspannung knisternden Szenen, in denen er versucht beruhigend auf seinen „Freund“ Uco einzuwirken, damit dieser etwa eine etwas zu selbstbewusst auftretende Prostituierte möglichst nicht gleich tötet, sind dann das was neu und anders ist bei diesem „Raid“. Allerdings lässt sich nicht verhehlen, dass der Wechsel zwischen „ernsthaftem“ Drama zwischen den Figuren und der dann wieder einsetzenden, oft cartoonhaften nächsten Gewaltorgie schon etwas befremdlich wirkt. Wenn man bei den originellen Arten, auf die hier grotesk überzeichnete Schwergen wie das „Hammer Girl“ oder der „Baseball Bat Man“ schließlich ihr recht eindimensional angelegtes Leben aushauchen immer wieder mal lachen muss (und vermutlich ja auch soll), dann konterkariert das doch etwas mit dem Versuch hier nebenbei auch noch ein „seriöses“ Freundschafts- und Familiendrama zu erzählen.
Insgesamt hat „The Raid 2“ aber einfach so viel an starken und wirkungsvollen Momenten zu bieten, dass es erneuten Respekt erzeugt, was der im indonesischen Exil arbeitende Filmemacher Gareth Evans hier wieder mit (im Verhältnis zu US-Produktionen) doch begrenzten finanziellen Mitteln auf die Beine stellt. Einen dritten „Raid“-Film soll es noch geben und natürlich ist auch ein amerikanisches Remake bereits angedacht – doch das dürfte mit der zu erwartenden Abmilderung der Gewalt kaum funktionieren.
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