Sie tauchen ungefähr einmal pro Jahr aus den Zelluloiduntiefen auf und erwischen den Filmkritiker von hinten: Filme, die nicht einfach nur schlecht sind, sondern die regelrechte Desaster quasi-biblischen Ausmaßes sind. Filme, deren inhärente Schlechtigkeit kaum zu fassen ist. Letztes Jahr gebührte diese Ehre der Fortsetzung des "verrückten Professors", aber anno 2001 macht sich ein verrückter Regisseur auf, die Konkurrenz noch zu unterbieten. Gregory Poirier heißt der gute Mann und beglückte Fans des Furz- und Spermahumors bereits vor einigen Wochen mit "Spot", einer debilen Komödie voller toller
Michael (Jerry O'Connell) machen gemeinsame Sache. |
Hundescheiße-Witze. Daß er aber mit seinem Debütfilm schon
voll danebengriff, beweist jetzt "Tomcats", das bereits erwähnte
Komplett-Desaster.
Die Geschichte von "Tomcats" hat zwar einen Bart von Hollywood
bis tief ins deutsche Hinterland und ist so wenig erwähnenswert
wie der Rest des Films, aber der Chronistenpflicht zuliebe:
Eine Gruppe alter Schulfreunde - die "Tomcats" - schließen
- gähn - eine Wette darüber ab, wer von ihnen zuletzt unter
die Haube kommt. Derjenige bekommt dann den großen Wettpott
ausgezahlt. Sieben Jahre später steckt einer von ihnen, der
erfolglose Comiczeichner Michael (Jerry O'Connell) finanziell
tief in der Klemme und erinnert sich - Oh, Überraschung -
an die Wette. Der einzig übrig gebliebene Junggeselle neben
ihm ist Kumpel Kyle (Jake Busey), ein Schürzenjäger allerschlimmster
Sorte, der auch keinerlei Anstalten macht, zu heiraten. Schließlich
findet Michael heraus, daß es in Kyle's Leben ein Mädchen
gab, in das er sich hätte verlieben können. Flugs wird Nathalie
(Shannon Elizabeth) ausfindig gemacht und auf Kyle angesetzt.
Zwar will Natalie die Hälfte des Jackpots, aber das wird für
Michael zusehends unwichtiger. Denn je näher Nathalie Kyle
kommt, um so deutlicher merkt Michael, daß - na logisch -
sie die Liebe seines Lebens ist ... Ähm, na klar. "Geld oder
Liebe" in sozialdarwinistischer Variante. Na, auf so etwas
Innovatives haben wir aber gewartet.
Humor ist ja bekanntlich Geschmackssache, und daß man auch
den hochaktuellen Prollhumor durchaus liebevoll und ansprechend
gestalten kann, bewies der Vorreiter "American
Pie". Was aber seitdem an Ausgeburten des schlechten Geschmacks
unter dem Banner der Komödie aus Hollywood anrollte, ersetzte
in immer stärkerem Maße derben Humor durch reine Gehässigkeit,
ganz zu schweigen von immer größeren Exzessen der
Leute haben schon komische Vorlieben ... |
Primitivität. Es sei gehofft, daß mit Tiefpunkten wie "Tomcats"
das Ende der Fahnenstange erreicht ist. Dabei sind es gar
nicht die ultraflache Geschichte oder die Comiccharaktere,
es sind nicht die miserable Slapstick oder die uralten Zoten,
die "Tomcats" zu so einer Qual machen, es ist das Maß an Zynismus,
daß in diesem Film präsentiert wird.
Humor ist ja bekanntlich Geschmackssache, aber trotz intensivstem
Kopfzerbrechen ist bei diversen Szenen nicht zu verstehen,
wie man über diesen menschenverachtenden Mist lachen soll.
Etwa, wenn der "Witz" einer Sequenz darin besteht, daß Polizistin
Nathalie und ihr Partner während eines Einsatzes Small Talk
über Beziehungen betreiben und - und jetzt kommt die Pointe
- ganz nebenbei ein halbes Dutzend Verbrecher über den Haufen
schießen. Diese sind bereits durch schmuddelige T-Shirts und
dunkle Bärte als (vermutlich ausländische) böse Verbrecher
eindeutig zu erkennen und haben damit die sofort inmitten
des Geplauders vollzogene Todesstrafe mehr als verdient. George
W. Bush wäre stolz auf diese Botschaft. Oder der "Humor" in
einer Sequenz, in der Kyle seine Freundin mit einem Golfwagen
überfährt, und als ihn Kumpel Michael darauf aufmerksam macht,
nur entsetzt aufschreit "Nenn sie bloß nicht meine Freundin!".
Harhar. Vielleicht lacht George W. Bush heimlich über so etwas.
Humor ist ja bekanntlich Geschmackssache, aber die Taktik
von Herrn Poitier setzte voll auf die Zeichen der Zeit. Der
Mann hat offenbar ein Eminem-Album zu Hause und sich gedacht:
"Was bei dem funktioniert, das kann ich schon lange!" Also
flugs ordentlich Frauenhass eingepackt, weil es so schön ist
noch ein bißchen Prügel für Schwule hinterher, und das Ganze
schön garniert mit leckeren four-letter-words. Also gibt es
hier ordentlich dick und pussy und fuck,
nur einen Sinn - wie bei dem blonden Raprüpel vielleicht noch
vorhanden -
Zumindest wenn man Kyle (Jake Busey) und den "Tomcats" Glauben schenkt. |
den sucht man hier vergebens. Am bemerkenswertesten an diesem
Blödsinn ist einzig die Art und Weise, wie der Film Frauen
wahrnimmt. Als wäre Gregory Poitier Mitglied im Club "Anonyme
Frauenhasser Hollywoods e.V." trifft der Begriff Frauenfeindlichkeit
die Zustände in "Tomcats" nur unzureichend. Man(n) muß ständig
Angst vor Frauen haben und kann sie eigentlich nur als Wegwerf-Sexobjekt
benutzen, denn Frauen sind ja entweder heimliche Lesben, gewaltgeile
Dominas oder aber mindestens geldgeile Schlampen. Daß in diesem
Film nicht eine einzige - aber auch nicht eine - irgendwie
moralisch anständige Frau vorkommt, spricht Bände: In der
Welt der "Tomcats", zumindest aber in der krausen Drehbuchwelt
des Gregory Poirier, kommt die Frau als menschliches Wesen
schlichtweg nicht vor, sie ist nur eine unter der Fuchtel
zu haltende ständige Gefahr. Der Mann kann einem leid tun.
Humor ist ja bekanntlich Geschmackssache, aber ein Film der
nicht nur den Boden des guten Geschmacks weit durchbricht,
sondern die Grenzen des schlechten Geschmacks in ungeahnte
Höhen treibt, vor dem gehört gewarnt. Allerdings fällt es
schwer, hier einen Sieger im Kampf um die geschmackloseste
Szene des ganzen Films auszumachen, dafür gibt es einfach
zu viele. Es wird wohl ein Unentschieden zwischen einem aufgegessenen
Hoden (!) und einer Traumsequenz O'Connells, die mit fast
bewundernswertem Mut zu schmuddeligen Ekelphantasien antritt.
Daß uns erzählt wird, wie großartig es ist, ein von Krämpfen
geschütteltes Mädchen zu vögeln, wird nur knapp auf Platz
drei verwiesen.
Humor ist ja bekanntlich Geschmackssache, aber dieser Film
hat mit Humor nichts - aber auch gar nichts - zu tun. Die
Outtakes während des Abspanns zeigen, daß offenbar wenigstens
die Crew beim Dreh ordentlich Spaß hatte. Ähnliches kann man
vom Zuschauer nicht behaupten, denn dieser Totalausfall bereitet
bei jeder Szene, die zum Lachen gedacht ist, nur schmerzvolles
Winden im Kinosessel. Die vielen schlechten und geschmacklosen
Witze sind allerdings noch nicht mal das Hauptproblem, es
ist die Botschaft, die so ein Film wie dieser vertritt: Nach
Außen hin "nur" eine verunglückte Sexposse, ist "Tomcats"
im Inneren verlogene, menschenverachtende, böse Scheiße. Punktum.
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