Es
ist ein Mythos und dort zu gewinnen wohl Traum eines jeden, der
jemals einen Tennisschläger angefasst hat: Es ist der Hauch
von Tennisgeschichte, der über dem Heiligen Rasen von Wimbledon
liegt, der dieses Turnier über alle anderen am Tennishimmel
erhebt. Wimbledon ist einmalig, weil es aus einer über 100
Jahre alten Tradition schöpfen kann, weil sich hier seit Jahrzehnten
vom Centre Court bis zur Umkleidekabine nichts verändert hat
und weil man hier zumindest die Illusion haben darf, dass sich die
Spieler geehrt fühlen, an diesem renommierten Ereignis teilhaben
zu dürfen.
Idealer Schauplatz also für eine große Geschichte über
Erfolg, Ruhm und natürlich die Liebe, dachten sich die Produzenten
von "Vier Hochzeiten und ein Todesfall", "Notting
Hill" und "Bridget Jones", wohl wissend, dass Filme
zum Thema Tennis meist ein äußerst schwieriges Unterfangen
darstellen und in Hollywood daher lieber gemieden werden. Dies liegt
zum einen an der Dramaturgie eines Tennis-Matches, die sich - im
Gegensatz zu der eines Baseball- oder Eishockeyspiels, bei denen
man filmisch mit Leichtigkeit einen alles entscheidenden Moment
heraufbeschwören kann - der effektiven Darstellung auf der
Leinwand entzieht. Im Tennis gewinnt auf Dauer einfach derjenige,
der weniger Fehler macht, was auf der Leinwand verständlicherweise
nicht spannend umsetzbar ist. Das Hauptproblem allerdings ist noch
viel simpler: Es lassen sich einfach kaum Schauspieler finden, die
einen Tennisprofi in Aktion glaubhaft darstellen können, was
dann schließlich dazu führt, dass schon eine einfache
Vor- bzw. Rückhand zur unfreiwilligen Lachnummer gerät
- vom Aufschlag wollen wir hier gar nicht erst anfangen. Unter diesem
Problem leidet leider auch "Wimbledon", aber dazu später
mehr.
"Wimbledon"
gehört zu den Filmen, bei denen man das Plakat betrachtet und
den Plot in seinen wesentlichen Zügen bereits von Anfang bis
Ende zu kennen scheint. Um es vorweg zu nehmen, große Überraschungen
gibt es wirklich keine, aber zum einen ist das bei fast jeder romantischen
Komödie so und zum anderen muss das einem amüsanten Kinoabend
ja nicht zwangsläufig im Wege stehen. Die Handlung lässt
sich deshalb grob in einem Satz zusammenfassen: Peter Colt (Paul
Bettany), ehemaliger Top-Spieler kurz vor dem Karriere-Ende, verliebt
sich in seine junge Kollegin Lizzie Bradbury (Kirsten Dunst), schöpft
so neue Kraft und steht schließlich vor dem größten
Triumph seiner Karriere, nämlich dem Sieg beim bedeutendsten
Tennisturnier der Welt.
Das ganze klingt natürlich extremst nach dem Prädikat
"Formelware" und den Vorwurf muss sich "Wimbledon"
auch ganz offen gefallen lassen. Selbst die Nebenrollen entsprechen
dem üblichen Schema, das reicht von Lizzies ehrgeizigem Tennisvater
(Sam Neill) bis zu Peters wettfreudigem Bruder, der, im Grunde nur
als Gaglieferant entworfen, seinen Zweck dann aber schließlich
auch auf äußerst amüsante Weise erfüllt, womit
wir auch schon beim großen Pluspunkt des Films angelangt wären:
"Wimbledon" schaut zwar nicht über den üblichen
Komödien-Tellerrand hinaus, innerhalb seiner eigenen Grenzen
bewegt er sich aber durchaus auf geschickte Art und Weise. Neben
Peters unterhaltsamen Bruder sorgen auch seine zerstrittenen Eltern
immer wieder für den einen oder anderen lustigen Augenblick,
so dass einem bei aller Voraussehbarkeit der Ereignisse zu keiner
Zeit wirklich langweilig wird.
Licht
und Schatten schien im Übrigen auch bei der Wahl der Schauspieler
vorzuherrschen. Kann man einerseits bei der Besetzung von Kirsten
Dunst als weiblicher Tennisstar nur ungläubig mit dem Kopf
schütteln, ist mit Paul Bettany als Peter Colt wirklich ein
absoluter Glücksgriff gelungen. Bettany ist momentan tatsächlich
dabei, sich langsam aber sicher in der oberen Schauspielerriege
Hollywoods zu etablieren. Nach seinen beiden grandiosen Auftritten
neben Russell Crowe in "A Beautiful
mind" und "Master and Commander",
beweist er nun sein Talent im Komödienfach und wer "Ritter
aus Leidenschaft" in der Originalversion gesehen hat, den wird
sein Gespür für feinen Humor ohnehin nicht mehr überraschen.
Als Film mit dem Namen "Wimbledon" muss sich diese romantische Komödie allerdings nicht nur als solche, sondern auch als Sportfilm messen lassen, und hier wird "Wimbledon" nicht annähernd seinen selbst auferlegten Ansprüchen gerecht. Zu keiner Zeit erfährt der Zuschauer auch nur das Geringste über den Mythos von Wimbledon, das Ganze könnte im Grunde genauso gut auch in New York spielen. Hier hat man eindeutig eine große Chance verpasst, dem Film ein wenig mehr Zauber zu verleihen. Auch der Realitätsanspruch bleibt deutlich auf der Strecke, Tennisspieler feiern hier gerne mal eine Nacht vor dem wichtigsten Match ihrer Karriere durch und was die Tennisszenen an sich betrifft, auch diese können hier leider erneut nicht überzeugen. Gefilmt wurde offensichtlich mit Trockenbewegungen, der fliegende Ball erst später per Computer eingefügt, was dann im Endeffekt einen äußerst künstlichen Look ergibt und in seiner Gesamtheit eher an ein Sega-Spiel erinnert als an ein packendes Tennis-Match. Da erzeugt wirklich die x-te Wiederholung von Becker gegen Edberg mehr Gänsehautfeeling als Colts Durchmarsch ins Finale. Lediglich Bettany ist es zu verdanken, dass man immer noch mit dem Herzen bei den Matches dabei ist, obwohl man ganz ehrlich zugeben muss, dass auch seine eigenen Fähigkeiten als Tennisspieler eher begrenzt sind, sein Bemühen ist dennoch deutlich zu spüren.
Als Fazit bleibt also ein äußerst durchwachsener Film, der, nach sorgfältigem Abwiegen der Pro und Contras schließlich doch einen äußerst knappen Sieg für sich verbuchen kann. Der Erzählrhythmus ist meist flüssig und Langeweile kommt auch zu keiner Zeit auf. "Wimbledon" ist im Grunde genau das, was er sein wollte, nichts Neues, nichts Besonderes, einfach grundsolides Entertainment, oder um es noch einmal in der Tennissprache zu sagen: "Nach hart umkämpften Match ein denkbar knapper Erfolg in fünf Sätzen."
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