Windfall

Land
Jahr
2022
Laufzeit
92 min
Genre
Release Date
Streaming
Bewertung
5
5/10
von Frank-Michael Helmke / 17. März 2022

"Windfall" wird von Netflix offensiv beworben als ein Thriller im Stil von Alfred Hitchcock. Und seine erste Einstellung ist in dieser Hinsicht auch sehr vielversprechend: Obwohl sich in dieser Aufnahme eine Veranda nichts rührt außer einem Vorhang, der sich sanft im Wind bewegt, versprüht hier alles von der Farbpalette über die Musik bis zur Schriftart der Opening Credits eine dezidiert "Hitchcockian" Atmosphäre. Schade nur, dass diese fast sofort verpufft und über die längste Strecke des Films auch nicht wiederkommt. 

Schauplatz dieses Drei-Personen-Quasi-Kammerspiels ist das Ferienhaus eines Tech-Milliardärs, abgelegen in einem großen Orangenbaum-Hain. Ein namenloser Einbrecher (Jason Segel) lässt es sich dort ein wenig gutgehen und hat es nicht sehr eilig damit, das Haus nach Wertsachen zu durchsuchen. Doch seine Annahme, dass ihn hier sowieso niemand stören wird, erweist sich als Trugschluss, als auf einmal der Tech-Milliardär (Jesse Plemons) mit seiner Frau (Lily Collins) für einen spontanen Wochenend-Urlaub auftaucht. Und sich der ungestörte kleine Einbruch ungeplant in eine langwierigere Geiselnahme entwickelt. 

Was sich dabei allerdings nicht einstellt: Ein beklemmendes Gefühl unheilvoller Vorahnung und zunehmender Spannung, dass sich hier etwas Schlimmes zusammenbraut - also das, was einen klassischen Hitchcock-Film ausgemacht hätte. Denn Jason Segels Einbrecher wird porträtiert als ein Mann, der der Situation kaum gewachsen ist, in die er hineingerät. Der überhebliche Tech-Milliardär macht sich geradezu einen Spaß daraus, seinem Kidnapper zu erklären, wie er jetzt vorzugehen hat. Das nimmt durchaus unterhaltsame, absurd-komische Züge an, vor allem als es um die angemessene Summe geht, für die der Milliardär und seine Frau sich ihre Freiheit zurückkaufen können. Die Tatsache, dass die "Opfer" den Täter aber gar nicht wirklich als eine ernste Bedrohung wahrnehmen, sondern eher als ein Ärgernis, das sie nur möglichst rasch wieder loswerden wollen, bevor er ihnen das ganze Wochenende versaut, lässt halt nicht wirklich Spannung aufkommen. 

Der Film entwickelt sich nicht nur für seine Figuren, sondern auch für sein Publikum zu einem zunehmend nervigen Geduldspiel, in dem sich gehörige Langeweile breitmacht, während man darauf wartet, dass endlich substantielle Dinge passieren. Bis der Film dann nach 70 Minuten mit seinem einzig wirklich guten Plot-Twist um die Ecke kommt und für sein Ende Fahrt aufnimmt. Doch auch die schlussendliche Auflösung kann nur bedingt überzeugen, weil sie den Film vor eine blöde Zwickmühle stellt: Um sie glaubhaft vorzubereiten, hätte er eigentlich viel tiefer in die wahren Dynamiken zwischen den Figuren eintauchen müssen. Hätte er das aber getan, wäre viel zu vorhersehbar gewesen, was am Schluss passiert. So bleibt am Ende das unbefriedigende Gefühl, dass einem hier ein Knalleffekt serviert wird, der nicht nachvollziehbar vorgebaut wurde.

So oder so fühlt sich "Windfall" an wie die Adaption einer Kurzgeschichte, die von ihrem überraschenden Schluss-Punch lebt - und die man deutlich schnörkelloser darauf hin hätte erzählen können. Obwohl er nur recht schlanke 90 Minuten lang ist, drängt sich sehr der Eindruck auf, dass man die relevanten Teile seiner Geschichte mit genau gleichem Wirkungstreffer am Ende auch noch kürzer in einer guten Stunde hätte abhandeln können. Hitchcock hätte das mit Sicherheit erkannt. Gerade deswegen erweist sich "Windfall" selbst einen Bärendienst damit, solch ein übergroßes Vorbild auszurufen, dem er dann leider so gar nicht gerecht wird. 

Bilder: Copyright

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