Eine Seefahrt, die ist lustig ...
allerdings nicht mehr so sehr, wenn man sich an Bord eines schrottreifen
U-Boots befindet, dem im Sekundenabstand die Bomben aufs Dach prasseln.
Dabei war alles ganz anders geplant:
April
1942, U-Boot-Krieg im Atlantik. Unter der Leitung von Lt. Commander
Dahlgren (Bill Paxton) läuft die SS-33 aus, um einen Geheimauftrag
der Regierung zu erfüllen. An Bord des manövrierunfähigen
deutschen U-Boots U-571 wird eine "Enigma" vermutet - eine technisch
hochentwickelte Chiffriermaschine. Die Amerikaner planen ein Täuschungsmanöver,
um die Maschine in ihren Besitz zu bringen. Als deutsches U-Boot getarnt
soll es die SS-33 ermöglichen, die U-571 zu entern und damit
die "Enigma" zu sichern. Was soweit auch einigermaßen gelingt,
bis plötzlich die Hölle losbricht. Ein deutsches U-Boot
versenkt die SS-33. Unter dem Kommando des jungen Lt. Tyler (Matthew
McConaughey) retten sich eine Handvoll der amerikanischen Soldaten,
darunter der Einsatzleiter Lt. Hirsch (Jake Weber) und der knorrige
Chief Klough (Harvey Keitel), an Bord der U-571 und schaffen es, das
angeschlagene deutsche Schiff so weit wiederherzustellen, um ihren
Feinden zu entkommen. Allerdings befinden sie sich tief hinter feindlichen
Linien und können keine Hilfe anfordern. Die einzige Möglichkeit:
Sich durch die deutschen Reihen nach England durchschlagen. In einem
schrottreifen Schiff und unter einem unerfahrenen Kapitän versucht
die "neue" Crew der U-571 das Unmögliche...
Ein vermutlich zutreffendes Sprichwort besagt, das erste Opfer im
Krieg wäre die Unschuld. Bei Jonathan Mostows Cinemascope-Version
von "Schiffe versenken" ist das erste und größte Opfer
ganz eindeutig die Logik. Bereits die Geheimmission erscheint in ihrer
Plumpheit völlig unlogisch: Einfach 'n Hakenkreuz auf's eigene
Schiff pappen und einen einzigen (!) deutschsprechenden Soldaten mitnehmen
- damals war Kriegsführung offenbar nix für Taktiker.
Ist man dann erst mal an Bord der U-571, wird es ganz abenteuerlich:
Die deutsche Crew hat es tagelang nicht geschafft, den alten Kahn
wieder flott zu machen aber den good ol' boys aus Amerika gelingt
das innerhalb von Sekunden. Naja, klar. Jetzt wissen wir also, warum
Deutschland den Krieg verlor: reine Unfähigkeit.
Wie wenig man sich um innere Logik scherte, wird besonders deutlich
bei der von Pop Star Jon Bon Jovi dargestellten Figur des Lt. Emmett.
Nach Testvorführungen und in Erwartung entsetzter weiblicher
Bon Jovi-Fans schnitt man dessen brutalen Filmtod durch Enthauptung
kurzerhand raus - mit dem Ergebnis, dass diese Figur nun ohne Erklärung
von einer auf die andere Minute verschwindet. Sehr merkwürdig.
Aber vielleicht bewegen sich die U-Boote ja im mysteriösen Bermuda
Dreieck?
Und
je weiter unser Schiffchen durch die diversen Abenteuerchen schippert,
desto größer wird der Unfug, der einem aufgetischt wird:
Die U-571 ist von Filmbeginn an ein Wrack, wird dann abwechselnd mit
Bomben beworfen, per Torpedo attackiert oder in Tiefen gesenkt, in
denen es eigentlich auseinanderreißen müsste. Macht aber
alles nix, denn es handelt sich bei dem Teil um echte deutsche Wertarbeit.
Hart wie Kruppstahl und zäh wie Windhunde. Damals - und das weiß
uns Hollywood eben auch - galt das Gütesiegel "Made in Germany"
halt noch was.
Dabei sollten wir nicht zu hart und zynisch urteilen. Logik ist halt
in Kriegs- und Actionfilmen ein eher untergeordneter Faktor. Und handwerklich
sauber ist das gezeigte allemal, bisweilen sogar leidlich spannend.
Nur richtig mitreißen will einen das alles nicht. Dafür
sind die Charaktere zu stereotyp, hat man ähnliche Geschichten
zu oft - und wesentlich besser - gesehen. Dabei hatte man sich wirklich
gestreckt, um dem Referenzwerk
in Sachen Nautikabenteuer nahe zu kommen. Der Versuch, Wolle Petersens
Klassiker "Das Boot" nachzueifern, gipfelte sogar darin, dass man
den damaligen Produktionsdesigner Götz Weidner hier mitarbeiten
ließ, der ohne Frage tadellose Arbeit abliefert.
Hätte man sich doch bloß beim Drehbuch auch solche Mühe
gegeben. Kann "Das Boot" auch ohne Mühe als Charakterstudie durchgehen,
macht "U-571" keinen Hehl aus seinem völligen Desinteresse für
die einzelnen Figuren. Was bei einem Ausnahmeschauspieler wie Harvey
Keitel schon eine Frechheit darstellt. Diese Ikone lächerliche
Reißbrettsätze à la "Er ist euer Captain und nur
das zählt" aufsagen zu lassen und ansonsten auf reine Anwesenheit
zu reduzieren ist nur eine der vielen verschenkten Möglichkeiten.
Der deutsche Kapitän Wassner (Thomas Kretschmann) zum Beispiel
soll wohl an Jürgen Prochnows "Schweiger" erinnern, hat aber im
Film nichts anderes zu tun, als manisch zu gucken und stumpfe Sabotageakte
zu begehen. Soviel zum Thema Charakterkino. Einzig pretty boy McConaughey
passt wie die Faust aufs Auge. Glatt und ohne Profil ist hier halt
das einzige was gefordert wird, traurigerweise.
Auch die Geschichte langweilt mit dem üblichen Schmonzes stereotypischer
Kriegsabenteuer. Am Anfang verweigert Paxton McConaughey ein eigenes
Kommando, weil er ihn für noch nicht reif genug hält. Typischer
old stuff vs. new stuff, mit den üblichen Spielchen: Wenn Paxton
dem jungen Offizier vorhält, er sei nicht bereit, im Ernstfall
einen seiner Matrosen in den Tod zu schicken, wissen wir, dass unser
Matthew genau dies tun muss und tun wird. Inklusive Gedenkminute für
den gefallenen Kameraden, natürlich. Und wenn die tapferen Jungs
von Uncle Sam dann dem finalen Sonnenuntergang entgegenschippern,
ist alles in reaktionärer Ordnung. Die Guten haben gewonnen,
der böse Deutsche ist besiegt. Hallelujah.
"U-571" ist ein weitgehend logikfreies Actionfilmchen mit Kriegsanstrich
und wesentlich mehr Tauch- als Tiefgang. Wer nicht mehr erwartet und
auf simples aber effektives Popcornkino steht, kann an diesem Film
durchaus Gefallen finden. Alle anderen sollten vielleicht lieber die
Videosammlung nach dem "Boot" durchsuchen, oder aber als alte Sesamstraßengucker
ganz entspannt mit Kermit singen: "In dem grün-gelben U-Boot
leben wir, U-Boot leben wir, U-Boot leben wir..."
Originaltitel
U-571
Land
Jahr
2000
Laufzeit
115 min
Genre
Regie
Release Date
Bewertung
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