Ein Kriegsfilm ohne Soldaten. Ein Epos ohne Helden. Die Schlachtfelder, auf denen hier gekämpft wird, sind die staubigen Strassen von Tijuana, die blankgewienerten Kongresshallen in Washington, D.C. oder aber miese Hotelzimmer in Los Angeles. Der Krieg, der hier geführt wird, ist der Krieg gegen Drogen. Und jeder Krieg fordert seine Verluste. Alle Protagonisten aus "Traffic" tragen ihre Wunden davon, erleiden Traumata, kehren aus diesem Krieg verändert zurück.
Zweieinhalb Stunden. Drei große Storylines mit zahllosen Subplots. Über hundert Sprechrollen. Ein Monument, aber kein falsches oder pathetisches. In diesem Film von Steven Soderbergh (der auch die Kameraarbeit übernahm), seinem besten, wird gezeigt und nicht verurteilt. Gezeigt in teilweise schmerzlich realistischen Bildern - das Verurteilen muss der Zuschauer schon selbst übernehmen. Selten hat ein Film seinem Publikum so viel abverlangt, musste sich dieser mit soviel Ambiguität herumschlagen. Polizist und Drogenboss, Abgeordneter und Junkie, oder verzweifelte Mutter: Einfache Gut und Böse-Muster gibt es hier nicht. Niemand ist ohne Schuld. Niemand ist nur bei einer dieser beiden Extreme zu finden. Ambivalentere und daher realistischere Charaktere hat man auf der Leinwand selten gesehen. Der Rest folgt nahezu genauso beeindruckend. Auffällig ist, dass sich Michael Douglas in seinem Porträt eines scheiternden Idealisten angenehm zurückhält und dass seine Angetraute Catherine Zeta Jones mit einer richtig geschriebenen Rolle wesentlich mehr bietet als nur sekundäre Geschlechtsmerkmale. Ein hervorragend aufgelegter Don Cheadle, die beeindruckende Leistung von Erika Christiansen als Teenie-Junkie, die Liste der Lobpreisungen wäre schier endlos. Angenehme Kinokost ist "Traffic" nicht. Sperrig und mit Fragen, die einem auch Stunden und Tage später nicht aus dem Kopf gehen, wird hier gezeigt, was wirklich grandiose Filme leisten können: Alle Sinne werden angesprochen. Wen dieser Film kalt lässt, der ist schon tot. Das erste absolute Muss dieses Filmjahres.Natürlich hat dieser großartige Streifen weder eine Lösung noch eine Moral, wenngleich Soderberghs Ansatz klar wird: Drogen sind in erster Linie ein Gesundheits- und erst dann ein Kriminalitätsproblem. Am Ende Ratlosigkeit, aber keine Resignation. "Wir sind hier, um zuzuhören" murmelt Michael Douglas und Benicio del Toro sieht fröhlichen Kindern beim Baseball zu. Und vielleicht reicht dies schon. Der Krieg, den Soderberghs Soldaten führen, mag ein Rückzugsgefecht sein und vielleicht auch schon verloren, er mag sinnlos sein und mit den falschen Waffen geführt. Aber so lange es Aufrechte hinter den Fronten gibt, die nicht aufstecken, muss er weitergeführt werden. March on, soldiers. |
Bilder: Courtesy of 20th Century Fox, Copyright 2000 |
Originaltitel
Traffic
Land
Jahr
2000
Laufzeit
143 min
Genre
Regie
Release Date
Bewertung
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