Der arme Florian Henckel von Donnersmarck kann einem ja wirklich leidtun. Da wird er für "Das Leben der Anderen" von der Kritik gefeiert, bekommt jeden Filmpreis bis hin zum Oscar in die Hand gedrückt und darf zur Belohnung auch noch die Hauptrollen seines nächsten Films mal eben mit Johnny Depp und Angelina Jolie besetzen - und jetzt das. Zu den mäßigen Zuschauerzahlen in Amerika gesellen sich bei "The Tourist" auch noch die zahlreichen Verrisse der US-Kritiker, wodurch unserem neuesten deutschen Regieexport auf brutalste Weise in nur wenigen Tagen die Schnelllebigkeit des Filmgeschäftes demonstriert wurde. Ein paar wohlwollende Worte können da nicht schaden und so schlagen wir uns auf die Seite unseres Oscar-Gewinners und verlangen etwas mehr Gerechtigkeit. Denn "The Tourist" mag zwar kein besonders tiefgründiger Thriller geworden sein, aber für einen kurzweiligen und unterhaltsamen Kinoabend mit zwei der attraktivsten Schauspieler der Traumfabrik reicht es allemal. Dabei sieht Frank (Johnny Depp) auf den ersten Blick ja nicht wirklich wie jemand aus, der Frauenherzen höher schlagen lässt. So ist der amerikanische Mathematiklehrer aus Wisconsin dann auch ziemlich verwirrt, als sich auf seiner Europareise ausgerechnet die attraktive Elise (Angelina Jolie) im Zug direkt neben ihn setzt und hemmungslos mit ihm zu flirten beginnt. Wie kann Frank auch ahnen, dass er lediglich als Ablenkmanöver für Elises Verfolger, wie den britischen Inspektor Acheson (Paul Bettany), dienen soll. Diese haben sich nämlich an Elises Fersen geheftet, um deren geheimnisvollen Liebhaber zu fangen, der wiederum ziemlich vielen Menschen ziemlich viel Geld gestohlen hat. In Venedig angekommen überschlagen sich dann die Ereignisse und unser armer Mathematiklehrer gerät schon bald zwischen die Fronten eines gefährlichen Spieles undurchsichtiger Agenten und ruchloser Gangster. Der letzte Satz ruft natürlich Erinnerungen an einen gewissen Alfred Hitchcock hervor, der in seiner Karriere gleich reihenweise völlig ahnungslose und harmlose Zeitgenossen durch ähnlich geheimnisvolle Abenteuer stolpern ließ. Angelehnt an den alten Meister inszeniert Florian Henckel von Donnersmarck das alles dann auch auf eine sehr altmodische Art und Weise - und das ist in diesem Fall ausdrücklich positiv gemeint. Hektische Schnitte und temporeiche Kamerafahrten sucht man vergebens, stattdessen wird mit Ruhe und Eleganz an die Sache herangegangen. Das ist wundervoll unaufgeregt und eine wirklich angenehme Abwechslung zu dem, was man so von manch anderen Genrevertretern präsentiert bekommt. Unterstützt wird Donnersmarck dabei von der wirklich tollen Kameraarbeit John Seales ("Unterwegs nach Cold Mountain"), die diesen Film zu einem optischen Leckerbissen macht. Zugegeben, der Kameramann, der eine Szene unattraktiv aussehen lässt, in der Angelina Jolie im Abendkleid mit ihrem Boot durch Venedig braust, müsste wohl erst noch geboren werden. So besitzt dieser Thriller, genau wie viele von Hitchcocks Werken, dann auch eher eine ziemlich entspannte Grundstimmung für dieses Genre. Hier geht es nicht darum Nervenkitzel zu erzeugen, sondern darum den Zuschauern einfach einen entspannten Abend zu liefern. Dazu leisten dann auch so gut wie alle Schauspieler souverän ihren Anteil. Die Nebenrollen sind zum Beispiel mit Paul Bettany, Timothy (willkommen zurück im Dienste Ihrer Majestät, Mr. Bond) Dalton und Rufus Sewell ("Dark City") prominent besetzt und auch Angelina Jolie meistert ihre Sache souverän. Natürlich ist Jolie ja auch wie gemacht für die Rolle der undurchsichtigen Schönheit, wobei man sie wohl selten so elegant wie in diesem Film gesehen hat. Nur einer fällt leider ein klein bisschen ab und das ist ausgerechnet Johnny Depp. Man traut es sich ja kaum das zu sagen, aber von ihm kommt hier erstaunlich wenig Charisma. So ganz wohl scheint er sich in seiner Rolle nicht zu fühlen, was wohl auch daran liegt, dass er nun wirklich einer der letzten Schauspieler ist, dem man den normalen Typen von nebenan abnimmt. Depp ist nun einmal bekannt für exzentrische Auftritte und auch wenn dieses gewisse Etwas manchmal kurz aufblitzt, ist es insgesamt dann doch einfach zu merkwürdig, diesen Schauspieler in einer dann doch eher blutleeren Rolle zu sehen. Vielleicht hätte man sich bei der Besetzung doch lieber mal eher vom Typ "Cary Grant" oder "James Stewart" inspirieren lassen sollen. So ist es dann doch ein klein bisschen ärgerlich, dass ausgerechnet zwischen Jolie und Depp nur in begrenztem Maße Leinwandchemie aufkommt. Da der Film aber dank vieler optischer Reize und der eleganten Inszenierung nie wirklich Langeweile aufkommen lässt, kann man diese Schwäche noch verkraften. Richtig ärgerlich ist dagegen nur die letzte Wendung im Skript. Die gab es zugegebenermaßen auch in der Vorlage zu diesem Film, dem französischen Sophie Marceau-Streifen "Fluchtpunkt Nizza", aber die hätte man sich dann doch lieber mal komplett gespart. Diese Wendung stellt mal eben den kompletten Film auf den Kopf, ist leider aber gleichzeitig so unglaubwürdig und an den Haaren herbeigezogen, dass man am liebsten mit der Schere hoch in den Vorführraum laufen möchte, um eigenhändig dieses sinnlose Ende in den Müll zu befördern. |
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