Die Leichenfledderei hat in Hollywood schon seit Jahren
Hochkonjunktur.
Originelle und kreative Ideen treten zu Gunsten von
Sequels, Prequels
und Remakes in den Hintergrund, die ihren Originalen viel
mehr schaden
als sie nützen. So ist es nicht verwunderlich, dass nach
dem
2003er
Remake des ausgezeichneten Horrorklassikers
"Texas Chainsaw Massacre" nun auch ein Prequel folgt,
das sich mit den
Geschehnissen um die Anfänge der Furcht einflößenden
Bestie Leatherface beschäftigt. Das Grauen beginnt im
Jahre
1939 mit der Geburt eines kleinen Babys, das erst im Müll
entsorgt
und anschließend von der Familie Hewitt aufgenommen wird.
Der im Gesicht entstellte und geistig zurückgebliebene
Junge,
Thomas (Andrew Bryniarski), arbeitet dreißig Jahre später
in einem Schlachthaus. Als dieses geschlossen wird,
verliert er
seinen Job und begeht kurz darauf seinen ersten Mord,
dieses Mal
noch mit einem Vorschlaghammer.
Zur gleichen Zeit sind die Brüder Eric (Matt Bomer) und
Dean
(Taylor Handley) mit ihren Freundinnen Chrissie (Jordana
Brewster)
und Bailey (Diora Baird) auf einem Road Trip quer durch
Texas, um
vor ihrem Einsatz im Vietnamkrieg ein letztes Mal Zeit mit
den Mädchen
verbringen zu können. Ein Autounfall bringt den
kaltblütigen
Sheriff Hoyt (R. Lee Ermey) auf ihre Fährte. Chrissie kann
ihm entkommen, die restlichen drei Teenager werden in
dessen unheimliches
Anwesen gebracht, wo sie seinem "Neffen" Thomas beim
Entwickeln
seiner mörderischen Schlachterfähigkeiten behilflich sein
sollen. Mit der Hilfe eines Bikers, dessen Freundin von
Hoyt umgebracht
wurde, versucht Chrissie ihre Freunde zu retten. Ein
waghalsiges
Unterfangen, das in brutalen Gewalttaten und Grausamkeiten
seitens
der gestörten Hewitt-Familie endet.
Obwohl dieses Machwerk für die deutsche Veröffentlichung um acht Minuten geschnitten wurde, bietet es dennoch ausgezeichnetes Lehrmaterial für angehende Psychopathen. Gebrochene Knochen, aufgeschlitzte und zerstückelte Körper, am lebendigen Leib zersägte Menschen - die gesamte Palette geisteskranker Bestialität ist hier vorhanden. Die zahlreichen Folter- und Mordszenen sind abwechselnd widerlich, abstoßend und ekelhaft und könnten leicht mit einem Snuffmovie mithalten. Allerdings sind sie im filmischen Zusammenhang allesamt bedeutungslos. Der Zuschauer bekommt keine Gelegenheit, mit den vier jungen Leuten mitzufühlen, was ihre Leiden in die Sinnlosigkeit abdriften lässt. Genauso wird vermieden, auf die Motivation von Sheriff Hoyt einzugehen, die ihn zu seinen Taten treibt. Von Leatherface ganz zu schweigen, seine Vorgeschichte wird in wenigen Minuten abgehandelt. Der restliche Film besteht aus über siebzig Minuten Gewalt nur um der Gewalt willen. Auf der Überflüssigkeitsskala rangiert der Film knapp vor "Basic Instinct 2".
Aufgrund
der Tatsache, dass wir es bei "Texas Chainsaw Massacre:
The
Beginning" mit einem Prequel zu tun haben, steht das Ende
natürlich
schon fest. Interessant wäre demnach nur, wie es dazu
kommt
und was sich in der Zwischenzeit abspielt. Aber auch hier
enttäuscht
das handlungsarme Drehbuch. Alles läuft nach Schema F ab,
nichts
überrascht, nichts schockt, nichts bewegt. Wenn von
vornherein
bekannt ist, was definitiv geschehen wird und was
keinesfalls passiert,
kann keine richtige Spannung aufkommen. Stattdessen gibt
es viel
Gemetzel, viel Blut, viele Schreie - insgesamt von allem
etwas zu
viel. Einfach der verzweifelte Versuch, rein durch
übertriebene
Gewaltdarstellung einen einigermaßen sehenswerten
Horrorstreifen
zu machen.
Sicher, der Film gewährt neue Einblicke in das kranke
Leben
des kannibalischen und inzestuösen Hewitt-Clans: wie
Charlie
Hewitt zu Sheriff Hoyt wurde, seine Zähne verlor oder
Monty
im Rollstuhl landete. Manche der offenen Fragen wären
jedoch
besser unbeantwortet geblieben, so banal wie sie teilweise
geklärt
werden. Dass Leatherface die Kettensäge nur benutzt, weil
sie
zufällig in der Nähe lag, nachdem er seinen ersten Mord
begangen hatte, ist ein Detail, auf dessen lahme
Enthüllung
man auch hätte verzichten können. Es fügt sich jedoch
nahtlos in die Einfallslosigkeit dieses Films ein.
Das neue TCM ist von einem penetranten Score unterlegt und wird in einem dreckigen Look präsentiert, der in seiner postmodernen MTV-Ästhetik dem 2003er Remake optisch in nichts nachsteht. Überhaupt wirkt dieser Film weniger wie ein Prequel als vielmehr wie ein Remake des Remakes, welches für sich nur die vorherigen Teile recycelt hat. Junge Leute in der texanischen Einöde, grausame Foltern und Morde in einem abgeschiedenen Landhaus - das hat man alles schon besser gesehen. Sogar die Rolle von Jessica Biel wurde von Jordana Brewster eins zu eins übernommen. Die Schauspielerei gehört allerdings nicht zu ihren Stärken. Der Cast besteht fast gänzlich aus mit wenig Talent gesegneten Aushilfsdarstellern, die man nicht einmal in der örtlichen Laienspieltruppe aufnehmen würde. So liegt es am großartigen R. Lee Ermey, dem Film mit seiner beeindruckenden Leinwandpräsenz wenigstens ein kleines bisschen Glanz zu verleihen. Aber selbst er kann aus Gammelfleisch kein Filet Mignon zaubern.
Gute Horrorfilme überzeugen durch ein beklemmendes Gefühl während der Sichtung, Szenen, die einem den Atem rauben, Nervenkitzel. "Texas Chainsaw Massacre: The Beginning" versagt in diesen Punkten auf ganzer Linie. Spannung? Der Film ist so vorhersehbar wie ein Boxkampf zwischen dem Schwergewichtsweltmeister und einem Kleinkind. Schockmomente? Seltener als gute Filme von Uwe Boll. Sheriff Hoyt nannte Baby-Leatherface das hässlichste Ding, das er jemals gesehen hat. Selbiges gilt auch für diese langweilige und sadistische Gewaltorgie.
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