Es ist eine absurde Anekdote, wie man sie auf der letzten
Seite
der Zeitung liest: Ein Mann fliegt nach Amerika, und
während
er sich in der Luft befindet, bricht in seinem Land eine
Revolution
aus. Als er landet, ist seine Heimat nicht mehr
diplomatisch anerkannt,
sein Pass somit ungültig und er erhält keine
Einreiseerlaubnis.
Und da alle Flüge in seine Heimat
storniert sind und es ohnehin keine Regierung mehr gibt,
die sich
um seine Angelegenheit kümmern könnte, kann er auch nicht
zurück - er sitzt am Flughafen fest. Nicht für Stunden,
nicht für Tage, sondern für Wochen und Monate.
Das ist die Prämisse des neuen Films von Steven Spielberg,
in dem Tom Hanks als Viktor Navorski aus dem fiktiven
osteuropäischen
Land Krakozhia auf dem Kennedy-Airport in New York
strandet und
sich eine Existenz im internationalen Transitbereich
einrichtet.
Und einmal mehr macht Spielberg mit seinem eingespielten
Team hochtalentierter
Helferlein (Kameramann Janusz Kaminski ist seit
"Schindlers
Liste" bei jedem Spielberg-Film dabei, Komponist John
Williams
und Cutter Michael Kahn weichen schon seit "Indiana
Jones"-Tagen
nicht mehr von seiner Seite) den Unterschied zwischen
gutem und
schlichtweg herausragendem Filmemachen deutlich. Was an
sich eine
konventionelle und über die Langstrecke relativ dünne
Plotidee ist, wandelt sich dank der handwerklichen
Brillanz von
Spielberg und Konsorten zu einem weiteren Lehrbuchstück
für
perfekt gemachte Kinounterhaltung.
In
der Tat lässt sich nicht verhehlen, dass die Story von
"Terminal"
ein bisschen konstruiert wirkt, ganz abgesehen von der
unglaublichen
Ausgangssituation. So findet Viktor einen geradezu
besessenen Gegenspieler
in Frank Dixon (Stanley Tucci), dem Chef der Zoll- und
Einwanderungskontrolle,
für den Viktor als unlösbarer Sonderfall einen hässlichen
Makel in seinem reibungslos laufenden Betrieb darstellt,
und der
als eingefleischter Bürokrat dieses Element der Anarchie
mit
allen Mitteln loszuwerden versucht. Auch nicht fehlen darf
ein romantischer
Subplot in Gestalt der Stewardess Amelia (Catherine
Zeta-Jones),
mit der Viktor zarte Bande zwischen Ein- und Auschecken
knüpft.
Dazu noch eine kleine Gruppe an amüsanten Nebencharakteren
aus der multinationalen Belegschaft des Flughafens, mit
denen Viktor
Freundschaft schließt und die ihm in entscheidenden
Momenten
beistehen, und fertig ist die Standard-Drehbuch-Laube.
In
den Händen der meisten anderen Regisseure wäre dabei wohl
eine ziemlich standardisierte Komödie herausgekommen, die
jenseits
der Einführung ihrer absurden Situation an Fahrt und Komik
verliert. Die wahre Meisterleistung von "Terminal" besteht
dementsprechend darin, wie es Spielberg gelingt, sein
Publikum auch
die etwas abgedroscheneren Passagen der Geschichte
mitfühlen
zu lassen als wären sie die frischesten Storyideen. Ganz
große
Teilhabe an diesem gelungenen Unterfangen hat natürlich
Tom
Hanks, der sich seit seinem dramatischen Durchbruch mit
"Philadelphia"
im Komödienfach rar gemacht hat, hier jedoch eindrucksvoll
unter Beweis stellt, warum seine Karriere in diesem Genre
begann:
Mit einer kongenialen Mischung aus Naivität, Cleverness,
Bodenständigkeit
und menschlicher Wärme trägt Hanks die Geschichte auf
seinen Schultern, als wäre sie leicht wie eine Feder,
rutscht
dabei keine Sekunde in eine übertriebene
Gutmensch-Attitüde
ab, sondern hat immer noch ein verspieltes Zwinkern im
Augenwinkel
- es ist wirklich die reinste Freude, ihm zuzusehen.
Der
Plotverlauf erweist sich derweil als überraschend
einfallsreich,
vor allem in den kleinen Details. Wie sich Viktor mit
einfachem
Überlebenstrieb und anfangs ohne die geringsten
Englischkenntnisse
in der feindlichen Umgebung des Transitbereichs eine
Existenzgrundlage
schafft, ist nicht nur hochgradig amüsant umgesetzt,
sondern
gewinnt sogar eine fast poetische Note über menschliche
Anpassungsfähigkeit,
und betont - im Duell mit Oberkontrolleur Dixon - den
Traum vom
erfolgreichen Auflehnen gegen das allmächtige System. Und
selbst,
als sich der Film schließlich auf die Romanze zwischen
Viktor
und Amelia zu konzentrieren beginnt, weiß er mit ehrlich
empfundener
Romantik seine Zuschauer noch zu berühren und umschifft
überraschender
und erfreulicher Weise diverse lauernde Storyklischees.
Berechtigte Kritikpunkte an "Terminal" sind marginal,
denn bis auf einen zwischenzeitlich verhungernden Subplot
um Viktor
als Liebesbote für einen Freund, und die Tatsache, dass
Spielberg
es mit der Laufzeit mal wieder übertreibt und den Film um
ein
gutes Viertelstündchen hätte raffen können, wird
hier eigentlich alles mehr als richtig gemacht. So
richtig, dass
nur noch festzustellen bleibt, dass selbst eine kleine
verspielte
Fingerübung von Spielberg bessere und komischere
Unterhaltung
bietet als die gesamte versammelte Konkurrenz. So kann man
sich
nur ein weiteres Mal ehrfürchtig und dankbar verbeugen vor
dem unangefochtenen Großmeister des Entertainment, für
zwei weitere Stunden wundervolles, begeisterndes Kino.
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