Tannöd

Jahr
2009
Laufzeit
104 min
Genre
Release Date
Bewertung
7
7/10
von Volker Robrahn / 9. Juni 2010

Als die Krankenschwester Kathrin (Julia Jentzsch) nach Jahren wieder zurück in das kleine bayrische Dorf ihrer Jugend kommt, um dort ihre Mutter zu beerdigen, ist die Atmosphäre noch bedrückender als sie es in Erinnerung hatte. Grund dafür ist der brutale Mord an sechs Menschen, einer kompletten Familie und ihrer Magd, zwei Jahre zuvor. Der Täter wurde nie gefasst und man spricht eigentlich auch nicht gerne darüber. Denn schließlich war das Familienoberhaupt, der alte Danner ein Tyrann und Geizhals, seine Frau eine schweigsame, überfromme Person und die jüngsten Kinder vermutlich das Ergebnis eines inzestuösen Verhältnisses zwischen Vater und Tochter. Wer aber nicht Ruhe gibt ist die Schwester (Monica Bleibtreu) der ebenfalls erschlagenen Magd. Diese bringt das unangenehme Thema immer wieder zur Sprache und so erfährt auch Kathrin schließlich Stück für Stück Geheimnisse, die sie eigentlich besser gar nicht wissen will.

Deutsche Literatur- und Bestsellerverfilmung zum Nächsten, denn auch Andrea Maria Schenkels Überraschungserfolg "Tannöd" entgeht natürlich nicht der Adaption für die Leinwand. Vom Thema her eignet sich die Geschichte dafür schließlich auch ganz ausgezeichnet, denn der bis heute unaufgeklärte Mehrfach-Mord am bayrischen Tannödhof im Jahr 1922 hat auch in unseren Tagen offensichtlich nichts von seiner Faszination verloren. Nach dem eher uninspirierten, konventionellen Schauermär "Hinter Kaifeck" vor wenigen Monaten ist dies nun die "offizielle" Verfilmung des Bucherfolgs, doch auch die nimmt sich nicht gerade wenige Freiheiten.
Schenkels schmale Novelle schildert die Geschehnisse aus der Sicht der mehr oder weniger daran Beteiligten und ist in seiner Struktur aus nicht chronologisch angeordneten Erzählfragmenten sicher keine einfach umzusetzende Vorlage. Und genau deshalb ist das recht radikale Hilfsmittel, zu dem Regisseurin und Drehbuchautorin hier greifen, auch zu akzeptieren, obwohl es zunächst sehr befremdlich wirkt. Denn Kathrin, die Hauptperson des Films ist eine fast komplette Neuerfindung, die so im Buch überhaupt nicht existiert. Aber irgendwie müssen die Leut' ja zum Reden gebracht werden und so ist die von Außen dazugekommene, trotzdem aber nicht ganz fremde junge Frau der Katalysator, welcher die einzelnen Beteiligten ungewollt dazu animiert, das auch mal raus zu lassen was ihnen auf der Zunge liegt.
Kann man so machen und stellt letztendlich sogar eine recht elegante Lösung dar um nun ebenfalls zwischen den unterschiedlichen Zeitebenen hin- und herspringen zu können. Sowohl Roman als auch Film haben die Tat dabei in die von Unsicherheit und Misstrauen geprägte Nachkriegszeit verlegt, aber alle Kernszenen und Aussagen des Buches als auch zahlreiche Details des realen Kriminalfalles finden sich recht genau wieder, so dass wir es hier also mit einer interessanten Mischung aus einer einerseits freien und dennoch werkgetreuen Adaption zu tun haben.

In Sachen Atmosphäre beweist Bettina Oberli jedenfalls, dass sie - nach ihrem Achtungserfolg mit der Seniorenkomödie "Die Herbstzeitlosen" - eine beachtliche Bandbreite beherrscht und auch sehr gut düster kann. Sie findet eindrucksvolle Bilder, die einen bleibenden Eindruck hinterlassen, und man möchte sicher nicht selbst zuhause sein in dieser unheimlichen Gegend, in der Herzenswärme unter den Bewohnern zudem ein völliges Fremdwort zu sein scheint. Dass es sich bei dem ermordeten Familienoberhaupt um einen bösartigen Menschen handelte ist offensichtlich, aber auch die Tochter ist nicht nur Opfer, sondern manipuliert geschickt andere zum eigenen Vorteil.
Unter den Dorfbewohnern finden sich der mal wieder bigotte Pfarrer und dazu eine Ansammlung aus Feiglingen, Denunzianten und notorischen Fremdgehern. Dass die Darstellung der gesamten "Gemeinde" dabei durch die Interaktion mit- und die Reaktion aufeinander ein Stück anklagender wirkt als in der Vorlage, wo die einzelnen Statements unkommentiert bleiben, ist das Ergebnis der unterschiedlichen Herangehensweise. Es sorgt allerdings auch dafür, dass die Filmversion etwas weniger wirkungsvoll ist, denn die eigene Interpretation und das daraus oft resultierende erschrockene Kopfschütteln über die Selbstgerechtigkeit dieser Menschen erübrigt sich nun nahezu.

Es ist beileibe kein "schöner" Film mit dem wir es hier zu tun haben, da sind sowohl das Mordthema, die durchweg nicht besonders liebenswerten Figuren und auch die unangenehme Grundstimmung vor. Aber es ist trotzdem ein alles in allem gelungenes Werk, welches seine beabsichtigte Wirkung nicht verfehlt. Es ist zugleich der letzte Film mit der verstorbenen Monica Bleibtreu, die mit der zwischen eigener Schuld und verbitterter Anklage hin- und hergerissenen Schwester der ermordeten Magd auch die kraftvollste Rolle dieses Films bekommen hat.
Etwas blass bleibt dagegen - trotz ihres Status als Hauptfigur - Julia Jentzsch, das allerdings ohne eigenes Verschulden, sondern eher in der Natur der Sache gelegen, Stichwort "passiver Katalysator". Insgesamt hat die hier versammelte Frauenpower in Form der beiden Hauptdarstellerinnen, Drehbuchautorin, Regisseurin und der Autorin der Buchvorlage aber eine ordentliche Arbeit abgeliefert, welche die Aufmerksamkeit des Publikums auf jeden Fall verdient.


Herr Robrahn, Sie bewerten 90% Ihrer Filme mit 6 bis 7 Augen. Das macht Ihre Rezensionen in den meisten Fällen so aussagekräftig wie eine weisse Wand Papier...

Bitte in Zukunft einfach mal klarer Stellung beziehen. Danke.

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4
4/10

Stimme Jack und seiner Kritik hinsichtlich der Aussagekräftigkeit der Rezension zu.
Genauso halbherzig (und enttäuschend) ist auch der Film. Null Überraschung oder gar Spannung. Naja...

Von daher passt die Rezension... nur die 7 Punkte sind viel zu viel.

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Auf DVD gesehen, schlechter langweiliger Film.

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1
1/10

LAAAAAANGWEILINGER !!

mehr fällt mir dazu nicht ein. die lindenstrasse is spannender.

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