Nach seiner angeblichen Ermordung kehrt der Cop Denny Colt (Gabriel Macht) als "Spirit", als geheimnisvoller Beschützer der Stadt zurück. Immer wieder begegnet er dabei seinem Erzfeind Octopus (Samuel L. Jackson) und dessen Gehilfin Silken Floss (Scarlett Johannsson). Auch seine Jugendliebe, die berüchtigte Juwelendiebin Sand Saref (Eva Mendes) scheint in die aktuellen kriminellen Ereignisse verwickelt. Lediglich Polizeichef Dolan und dessen Tochter stehen dem Verbrechensbekämpfer zur Seite und auch nur diese kennen (oder erahnen) sein großes Geheimnis.
Die Behauptung ist folgende: Der Comicautor und Regieneuling Frank Miller ist KEIN unfehlbares Genie! Zwar hat er sich mit seinen "Daredevil"- und "Batman"-Neuinterpretationen bereits in den 80ern in den Status eines Kultautors der Comicszene erheben können und auch später noch den einen oder anderen Kracher der Marke "Sin City" oder "300" abgeliefert. Dazwischen gab es aber auch viel durchschnittliches, verquastes oder gar unlesbares Zeug (und sein "All Star Batman und Robin" treibt ob der darin betriebenen Charakterisierung der Titelhelden aktuell so manchem Leser die Zornesröte ins Gesicht).
Millers erster Versuch im Filmgeschäft war dann das Skript zum unvergessenen Klassiker "Robocop 2" und beendete weitere Ambitionen in diese Richtung für die nächsten Jahre. Dass Robert Rodriguez ihn dann bei "Sin City" als Co-Regisseur aufführte war in erster Linie natürlich eine Geste für den dem Projekt wohlgesonnenen und es auch aktiv begleitenden Schöpfer der Vorlage. Miller nun die alleinige Verantwortung für die Comic-Adaption "The Spirit" zu übertragen ist jedoch eine Entscheidung, mit der man niemandem einen Gefallen getan hat. Weder dem Regisseur selbst, noch den Zuschauern und schon gar nicht der Comicvorlage von Will Eisner.
Wenn die wichtigsten jährlich vergebenen amerikanischen Comic-Preise den Namen "Eisner Awards" tragen, macht das schon sehr deutlich, welche Bedeutung diesem Pionier des Mediums zugeschrieben wird. Zu frühem Ruhm gelangte Eisner mit den meist siebenseitigen "Spirit"-Comics, die in den 40er und 50er Jahren als farbige Zeitungsbeilage erschienen. Dass er später noch praktisch nebenbei den Begriff "Graphic Novel" erfand und in mehreren autobiografisch geprägten Comicbänden ein präzises Bild amerikanischer (genauer: New Yorker) Zeitgeschichte zeichnete, ist ein anderes Thema. Der "Spirit" jedoch wandelte sich schnell vom klassischen Detektivstrip zu einem Kaleidoskop wilder Ideen und verrückter Figuren und Eisner experimentierte darin wie kein Autor zuvor sowohl beim graphischen Ausdruck als auch beim Storytelling, bis der Titelheld schließlich oft nur noch eine Randfigur in seiner eigenen Geschichte war.
Was wir nun aber auf der Leinwand zu sehen bekommen dürfte den Altmeister Eisner (der mit Miller gut bekannt war) im Grabe rotieren lassen, denn es hat mit der Vorlage außer ein paar Figurennamen praktisch nichts mehr zu tun. Und das bei einem absoluten Kenner der Materie auf dem Regiestuhl? Wie konnte das passieren?
Es scheint, als wäre Miller vom bei "Sin City" verwendeten Look so begeistert gewesen, dass er ihn nun auf Teufel komm raus auch für seinen "Spirit" verwenden wollte, auch wenn das hier überhaupt keinen Sinn macht. Das gilt vor allem für die ebenfalls übernommene, blasse bzw. komplett schwarzweiße Farbgestaltung mit den hervorgehobenen roten Einsprengseln. Das entsprach bei "Sin City" der Vorlage, war neu und sah auch ausgesprochen cool aus. Von diesen Attributen lässt sich hier nun nur noch das Letzte anwenden und auch das nur mit Einschränkungen. Denn obwohl einige hübsche Bilder gelingen, mögen sich dabei die vor Erstaunen offenen Münder nicht mehr einstellen. Denn die schönsten Einstellungen sind fraglos die Zwischenspiele, in denen eine verführerische Frauenstimme genauso mystisches wie sinnentleertes Zeug von sich gibt. Dass sieht zweifellos toll aus im Trailer, lässt aber einen schalen Nachgeschmack zurück wenn man später im Hauptfilm feststellen muss, dass sich da leider nichts stimmig zusammen fügen mag.
Stattdessen Style over Substance als durchgehendes Konzept. Das wirklich Paradoxe ist aber, dass genau diese visuelle Gestaltung - so fragwürdig und unpassend sie auch sein mag - letztendlich sogar noch das Beste am ganzen Film ist und im Grunde sein einziger Trumpf. Alles andere ist nämlich noch viel, viel furchtbarer.
Die Geschichte? Eigentlich nicht vorhanden, sondern vielmehr eine Aneinanderreihung vollkommen übertriebener Einzelszenen, welche sich sichtlich um Coolness bemühen, meist aber einfach nur grotesk und albern wirken. Tiefpunkt ist dabei eine Sequenz in der sich der Spirit und sein Gegenspieler Octopus wie Cartoon-Figuren verprügeln ohne ernsthaften Schaden zu nehmen. Dass auch dieses leicht übernatürliche Element eine völlige Neuerfindung und "Optimierung" Millers darstellt ist schon fast nicht mehr nötig zu erwähnen.
Die Figuren? Ein passend zur gewählten Optik bemerkenswert farbloser Titelheld, mit dem Gabriel Macht leider nirgendwo Eindruck schinden dürfte, und ein Samuel L. Jackson bei dem mittlerweile sogar das Overacting wie reinste Routine wirkt. Da die Vorlage bekannt ist für ihre Frauenfiguren der Geschmacksrichtung "Femme Fatale" schmeißt Miller uns hier gleich ein knappes halbes Dutzend davon hin, von denen aber lediglich Eva Mendes als Sand Saref halbwegs überzeugen kann. Der Rest bleibt blass oder eben reine Karikatur, nur wer sich an einer Scarlett Johannsson erfreuen kann, die in Nazi-Uniform "Deutschland über alles" trällert, der mag das vielleicht noch anders sehen. Im Grunde macht hier jeder Einzelne was er will und das spricht nicht für die Schauspielerführung des Regisseurs.
Die Gags? Bemüht und gezwungen und allzu oft ein völliger Schuss in den Ofen. Dass Miller nebenbei das eigene Ego bedient, indem er gleich mehrfach seine eigenen Comics zitiert (der "Elektra-Komplex" sei hier als markantestes Beispiel genannt) mag ja noch irgendwo witzig sein, aber was hat denn nicht nur die Anspielung auf sondern die konkrete Nennung von "Star Trek" bitte schön in einer als Hommage an die 40er Jahre angelegten Kulisse zu suchen? Oder sollen es doch die 50er sein? Die Gegenwart (wegen der Handys)? Gotham City? Oder doch eher der klassische Film Noir?
Ist eh vollkommen egal, in einem Film bei dem zwar alles geht, aber leider nichts passt. Weshalb es die allermeiste Zeit eine wahre Tortur ist, sich dieses Werk anzuschauen und bis zum Ende durchzustehen. Und weil dem so ist, ist auch das in dieser Besprechung zweifelsohne außergewöhnlich häufig vorgenommene Eindreschen auf den Regisseur gerechtfertigt. Denn Frank Miller hat hier ganz eindeutig seine ganz eigene "Vision" umsetzen dürfen und steht daher nun auch als Hauptverantwortlicher am Pranger. Dass die vielleicht schlechteste Adaption einer Comicvorlage der letzten Jahre dabei ausgerechnet von einer der erfolgreichsten und bekanntesten Figuren genau dieses Mediums abgeliefert wird, ist dabei dann ein kleiner Treppenwitz der Filmgeschichte. Ein ziemlich trauriger.
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