Das
Warten hat ein Ende. "Sex and the City" kommt endlich
auf die große Leinwand. Überall auf der Welt strömen
fast ausschließlich weibliche Fans ins Kino, um noch einmal
Zeit mit ihren Heldinnen zu verbringen, mit ihnen zu weinen und
zu lachen. Aber hat sich das Warten gelohnt?
Vier Jahre nach Ende der TV-Serie scheint es mit der Emanzipation
in Manhattan vorbei zu sein: Carrie (Sarah Jessica Parker) will
ihre Wohnung aufgeben und zu Mr. Big (Chris Noth) ziehen, der ihr
ein riesiges Penthouse mit einem noch größeren Kleiderschrank
verspricht. Zwar meldet wenigstens Miranda (Cynthia Nixon) Bedenken
an, aber eigentlich hat sie sich mit dem Familienleben in Brooklyn
schon zu sehr arrangiert, um noch groß auf den Tisch zu hauen.
Charlotte (Kristin Davis), schon immer die konservativste im Quartett,
ist begeistert von solch traditionellem Rollenverhalten, aber das
war wohl zu erwarten. Sie ist überglücklich mit Harry
(Evan Handler) und ihrer kleinen Adoptivtochter. Überraschenderweise
hat jedoch selbst Samantha ihrem Freund Smith zuliebe Manhattan
und den Freundinnen den Rücken gekehrt und managt nun seine
Schauspielerkarriere in Los Angeles. Übertrumpft werden all
diese Entwicklungen jedoch von Carries Beschluss, Mr. Big zu heiraten.
"Sex and the City"-Fans, die einen nahtlosen Übergang
von der Serie in den Film erwarten, werden enttäuscht sein.
Die vier Protagonistinnen verbringen nur noch wenig Zeit miteinander
und widmen sich stattdessen ihren Männern. Samantha hat sogar
New York verlassen, obwohl sie bei jeder Gelegenheit aus L.A. flüchtet,
um wieder in der geliebten Stadt, der "fünften Freundin
im Bunde", zu sein. Carrie schreibt keine Kolumne mehr, sondern
nur noch Bestseller. Dadurch kann sie jetzt endlich im Luxus schwelgen,
was sie irgendwie langweiliger macht. Das Traum-Penthouse hat jedenfalls
entschieden weniger Charme als ihre alte Wohnung. Die einst wild
mit Second-Hand-Teilen kombinierten Designerklamotten werden jetzt
hauptsächlich mit anderen Designerklamotten kombiniert. Vergessen
ist auch die einst geliebte "Carrie"-Halskette, deren
vorübergehendes Verschwinden in der 6. Staffel noch Stoff für
eine ganze Episode lieferte. Carrie trägt jetzt überlange
Perlenketten, merkwürdigerweise auch noch im Bett. Da liest
sie mit Mr Bigs Lesebrille Bücher. Vorbei die Zeiten, in denen
sich die beiden sofort die Kleider vom Leib rissen. Überhaupt
werden diejenigen im Publikum enttäuscht sein, die dachten,
etwas vom Sex in der City zu sehen zu bekommen. Im Vergleich zur
Serie könnte man meinen, New York läge seit neuestem im
"Bible Belt" Amerikas. Das langt sogar für eine FSK-Freigabe
ab 12.
Da es in der Serie eigentlich um Singles ging, wird für den
Film einer importiert: Jennifer Hudson (Oscar-Gewinnerin für
"Dreamgirls") als "Louise
aus St. Louis". Dieser Wortwitz, in diversen Variationen, wird
im Film leider etwas überstrapaziert. Jennifer Hudson spielt
ihre Rolle zwar mit viel Charme und Herz, dennoch fragt man sich,
wieso man eine neue Figur einführt, anstatt zum Beispiel Charlotte
einen größeren Part zu geben. Die darf zwar zweimal zu
Höchstform auflaufen, kommt aber ansonsten eher wenig vor.
Auch fällt dieser Plotlinie die Leinwandzeit von Figuren wie
Stanford und Anthony zum Opfer. Dabei handelt es sich wohl um eine
"sich selbst erfüllende Prophezeihung", denn
in der Serie fragte Anthony Charlotte ironischerweise einst: "Wie
groß wäre meine Rolle in deinem Film?", und wies
ihr überschwängliches "Groß!" mit dem
Hinweis zurück, dass sich schließlich alles verändere,
wenn Leute erst mal Babys bekämen. Fans von Anthony und Stanford
werden enttäuscht sein.
Fans von Designermode werden dahingegen voll auf ihre Kosten kommen.
Kostümdesignerin Patricia Field schindet mit den ca. 300 Outfits
des Films jedenfalls mächtig Eindruck. Der Film bietet ein
wahrhaftiges Feuerwerk an Farben und Stoffen, inklusive merkwürdigen
Haarschmucks. Wie zu erwarten war wird das Leben von Carrie und
Co. zur reinsten Modenschau, egal ob als Zuschauerinnen der Fashion
Week oder daheim im Wohnzimmer. Selbstverständlich sieht man
die werdende Braut Carrie auch in mehr als einem Brautkleid - wie
sollte es auch anders sein. Laut Carrie gibt es halt für eine
Single-Frau genau zwei Gründe, um nach New York City zu kommen:
Label und Liebe.
Designerkleidung, Luxusgüter (wie der "4-Jahre-Warteliste-Birkin-Bag")
und Schuhe, Schuhe, und nochmals Schuhe standen zwar schon in der
Serie ganz oben auf der Prioritätsliste, aber "Sex and
the City - der Film" platzt vor Accessoires und Product Placement
fast aus den Nähten. Zwar vermittelt vor allem Samanthas Geschichte
eindringlich, dass Konsumgüter auf Dauer nicht von den eigenen
Problemen befreien, dann aber wieder überreicht Carrie ihrer
Assistentin eine Louis Vuitton-Tasche als sei es ein Doktortitel.
Proportional
zur Überlänge des Films schwindet leider der Wortwitz
der Dialoge: gab es in der Serie noch brillante verbale Schlagabtausche
am Cafétisch, gibt es im Film vergleichsweise wenig gute
Dialoge. Das mag daran liegen, dass die vier Ladies selten gemeinsam
auf der Leinwand erscheinen, weshalb die tollsten Momente des Films
natürlich die sind, in denen das Zusammenspiel des Quartetts
direkt an die alten Zeiten erinnert. Das Ausmisten von Carries Kleiderschrank
ist so einer, die Debatte übers Ausmalen im Café oder
das gemeinsame Sonnenbad auf der Terrasse. Allerdings kann man sich
auch auf einige schlagfertige Kommentare von Samantha und Miranda
freuen. Samantha ist eigentlich auch die heimliche Heldin des Films,
denn sie vermittelt dem Publikum wieder einmal, dass man zu aller
erst sich selbst treu sein muss, um glücklich zu werden.
Zurück zur Anfangsfrage. Hat sich das Warten auf den Film
gelohnt? Jein. Wer die Serie mochte, will natürlich wissen,
wie es mit den Figuren weitergeht, und sich glücklich und gerne
für zweieinhalb Stunden ins Kino setzen. Als Belohnung wird
jetzt auch noch Mr. Bigs Nachname verraten. Aber müssen wir
den unbedingt kennen? Der Spitzname war schließlich perfekt,
und sein richtiger Name ist ehrlich gesagt eher langweilig. Genauso
wie der Film im Vergleich zur Serie eher langweilig ist. Das mag
am Produzenten/Regisseur/Drehbuchautor Michael Patrick King liegen,
der auf einmal von 25 auf 145 Minuten umdenken musste, um seine
Geschichte zu erzählen.
Natürlich hat der Film viele tolle Szenen, zahllose emotionale
Momente, es kann herzhaft gelacht und geweint werden. Für treue
Fans gibt es jede Menge Zitate und Anspielungen aus der Serie, und
auch Neuzugänge werden der Geschichte problemlos folgen können
und sich gut unterhalten fühlen.
"Sex and the City - der Film" ist tatsächlich wie
ein Wiedersehen mit alten Freundinnen: Vielleicht hat man sich nicht
mehr so viel zu sagen wie früher, aber man mag sich trotzdem.
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