„Die
Frage ist nicht, wer ich bin. Die Frage ist: Wo bin ich?“ sprach es
1996 zu Drew Barrymore durchs Telefon, in einer Eröffnungssequenz,
die kurze Zeit später schon legendär war, und einen Film
eröffnete, der hauptverantwortlich gemacht werden kann für
alles, was seitdem an Teenie-und Horror-Streifen auf die Leinwand
kam (siehe Spotlight „Design
of a decade“). Kurze Zeit später verkündeten Regisseur
Craven und Autor Kevin Williamson, daß „Scream“ als Trilogie
geplant war. Und nach der durchaus ansehnlichen Fortsetzung von 1998
kommt nun das offizielle Ende der Serie in die deutschen Kinos. Leider
inzwischen ohne Williamson. Und daß der fehlt, ist wohl der
entscheidende Grund dafür, daß dieses Sequel doch eine
recht durchschnittliche Angelegenheit ist.
Dabei ist die „Scream“-typische Selbstironie in durchaus vielversprechenden
Ansätzen vorhanden: Die aktuelle Mordserie ist inspiriert durch
„Stab 3“, das Sequel des Films im Film (wir erinnern uns: In „Scream
2“ war „Stab“ die Verfilmung der Geschichte des ersten Teils). Jetzt
tötet ein Irrer/eine Irre die Darsteller in der Reihenfolge,
wie es im Drehbuch steht. Problem: Um das Ende des Films nicht vorzeitig
im Internet zu finden, wurden mehrere Drehbuchversionen verteilt.
Welche also hat der Killer/die Killerin gelesen? Diese Frage beschäftigt
die Beteiligten allerdings auch nur so lange, bis der Täter/die
Täterin eigenmächtige Skriptänderungen vornimmt.
Schon
bald tauchen natürlich alle alten Bekannten auf: Reporterin Gale
Weathers wird von der Polizei als Sachverständige hinzugezogen,
Ex-Cop und erneuter Ex-Lover Dewey arbeitet bereits als Sicherheitsberater
am Set (pikanterweise für Gale’s Filmdouble), und die erneut
extrem traumatisierte Sidney kehrt aus ihrem angeblich sicheren Versteck
zurück, um mit Rat und Tat zur Seite zu stehen. Was natürlich
ein Fehler ist, denn wir wären hier nicht bei „Scream“, wäre
sie nicht von Anfang an das eigentliche Ziel des Killers/der
Killerin.
Den besten Auftritt des Films hat allerdings Randy, der Filmfreak,
der in Teil Zwei das Zeitliche segnete, aber per Video-Testament aus
dem Reich der Toten zurückkehrt, um alle Beteiligten wieder über
die Gesetze des Genres aufzuklären. Denn wenn dies keine Fortsetzung
ist, dann befinden wir uns im Abschlußkapitel einer Trilogie,
und die folgt eigenen Regeln:
1. Der Killer ist so gut wie unbesiegbar.
2. Jeder, auch der Hauptcharakter („Ja, das bist du, Sidney!“) kann
drauf gehen.
3. Die Vergangenheit wird dich einholen, denn der letzte Teil einer
Trilogie deckt eine Wahrheit auf, die niemandem bis dahin bewußt
war.
Dem ist in der Tat so, denn die sich entspinnende Suche nach dem Täter/der
Täterin und seinen/ihren Motiven führt zurück zur dunklen
Vergangenheit von Sidney’s Mutter, deren Tod der Ursprung der ganzen
Geschichte war.
Diesen
Bogen zurück zum Anfang schlägt auch bereits die Eingangssequenz,
die wieder mit einem Telefonanruf beginnt, und teilweise die selben
Sätze enthält wie die Eröffnung des ersten Teils. Daß
der Thrill in diesem Falle aber weniger als halb so gut kommt, ist
symptomatisch für den gesamten Film, der auf Teufel komm raus
versucht, seinen Vorgängern gerecht zu werden, und gerade deshalb
daran scheitert: Der neue Autor Ehren Kruger war nicht um die Aufgabe
zu beneiden, diese durch und durch von Kevin Williamson geprägte
Geschichte ohne ihn abschließen zu müssen. In dem Versuch,
dem Stil Willamsons möglichst treu zu bleiben, hat Kruger dann
auch ein durchaus löbliches, aber letztlich doch sinnentleertes
Resultat abgeliefert: Das unbedingte Verlangen, alles genau wie bei
Williamson klingen zu lassen,
tötet systematisch jegliche eigenständige Kreativität
ab, und funktioniert trotzdem nicht, denn es wäre nicht Williamsons
persönlicher Stil, wenn man den einfach so kopieren könnte.
Kurz gesagt: „Scream 3“ ist vollgestopft mit selbstironischen Anspielungen
und Movie-In-Jokes (sogar die Polizisten vergleichen ihre Situation
mit Kinofilmen), kapiert aber selbst nicht, wozu das eigentlich gut
ist.
Die ersten beiden Teile waren Horrorfilm-Parodien, die gleichzeitig
als Horrorfilm funktionierten. Teil Drei ist ein Horrorfilm, der gerne
eine Parodie wäre, badet aber viel zu tief in selbstgeschaufelten
Klischee-Pools, um das wirklich zu können. Während sich
im ersten Teil alles auf überraschende, aber durchaus logisch
nachvollziehbare Weise auflöste, gibt „Scream 3“ sämtlichen
Logik-Anspruch von vornherein auf. Die weiße Maske kann immer,
überall und hinter jeder Ecke auftauchen (oder auch nicht: die
Fake-Schocker sind wieder sehr zahlreich), und genauso schnell verschwinden.
Die Identität des Killers/der Killerin ist zu keinem Zeitpunkt
irgendwie zu erraten, denn die Schlußauflösung ist so weit
hergeholt, daß keine Spur der Welt hinführen könnte.
Vor allem im großen Gemetzel-Showdown zeigen alle Beteiligten,
daß sie nichts gelernt haben, denn systematisch trennt
man sich lieber, um alleine in dunkle Keller hinabzusteigen, als zusammen
zu bleiben. Und der größte Topper: In diesem Film läuft
unheimlich viel über Mobiltelefone, was gerade deshalb fatal
ist, weil der Täter/die Täterin über einen Stimmenmodulator
verfügt,
mit dem jede, aber auch jede Stimme perfekt imitiert werden kann.
Ein Scrambler, wie er schon in Teil Eins benutzt wurde, ist ja okay.
Aber dieses Gerät ist einfach, naja, bescheuert.
Es war nicht wirklich damit zu rechnen, daß „Scream 3“ die Klasse
seiner Vorgänger würde halten können. Es ist ein brauchbarer
Horrorfilm, der die Fans der Serie mit vielen kleinen Lachern und
Seitenhieben verwöhnt, ansonsten aber kaum etwas zu bieten hat.
Es ist ganz gut, daß die Sache hier ihren halbwegs würdigen
Abschluß findet, bevor „Scream“ zu etwas wird, was die „Stab“-Serie
im Film bereits ist: Eine platte und schwachsinnige Ketten-Produktion,
die alle nur wegen des Geldes machen, und die keiner wirklich auf
seinem Lebenslauf haben will. Es gibt Gerüchte über „Scream
4“, allerdings haben so ziemlich alle wichtigen Leute gesagt, daß
sie da nicht mehr mitmachen werden. Es ist zu hoffen, daß sie
hart bleiben. Denn hiermit sind sie (noch) sauber aus der Sache raus
gekommen.
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