The Pianotuner of Earthquakes

Originaltitel
The Pianotuner of Earthquakes
Jahr
2005
Laufzeit
99 min
Genre
Release Date
Bewertung
4
4/10
von Frank-Michael Helmke / 28. Dezember 2010

 

Traumbilder, Alptraumbilder: Eine kulissenhafte Insel wie aus Pappmaschee, unheimliche Automaten, die Menschen und Natur en miniature zu ungelenk-mechanischem Leben erwecken, ein verwunschener Wald, gepflegt von acht roboterhaften Gärtner-Klonen. Darin der wahnsinnige Wissenschaftler Dr. Droz: ein Hüne, Grobian und Feingeist zugleich, hoffnungslos entflammt in dunkel lodernder Leidenschaft für die bezaubernde Opernsängerin Malvina, die er entführt, um sie in einem letzten Automaten für immer zu konservieren. Des weiteren: ein Klavierstimmer, der in diese rätselhafte Welt bestellt wird, um die Apparate des irren Doktors für dessen finales Opus instand zu setzen, und die laszive Gespielin des Doktors, zerrissen zwischen Hingabe an den Meister und Eifersucht auf die bezaubernde Diva.

Fantastische, bildgewaltige Motive haben sich die Brüder Quay für ihren zweiten Langfilm ausgedacht. Leider wirkt dieser über weite Strecken so, als hätte das Zwillingspaar all seine schöpferische Energie für pompöse Kopfgeburten aufgewandt und darüber versäumt, seiner Faszination für mannigfaltige Referenzen an die Kunstgeschichte eine Form zu geben, die eine Vermittlung an die Zuschauer erst möglich macht. Die Maschinen, der irre Opernfanatiker, die zerbrechliche Schöne, der unschuldige, klarsichtige aber unschlüssige Held, Droz' Gespielin im Domina-Gewand - all diese Motive fügen sich zu keiner Erzählung, während sie als Bilder allein nicht genug Wirkmacht entfalten. Und zwar nicht, weil sie wirken, als wohnte man einer abgefilmten Oper im Kulturfernsehen bei, sondern weil insgesamt kein Gefühl für den Ort und seine Atmosphäre aufkommt. So geht etwa die Metapher der Apparate, Sinnbild für ein fremdbestimmtes, schicksalhaftes Leben, in unklaren Nahaufnahmen mechanischer Elemente unter, die ohne Bezug zur Handlung, ohne Sinn für die Atmosphäre vor sich hinrattern.
Die kunstvoll angelegte Welt wird weiter entzaubert durch die ermüdend undurchsichtige Geschichte, der man bald schon nicht mehr folgen mag, und eine allzu hölzerne Inszenierung der Akteure. Unter der Regie der Quays wirken die Schauspieler aus Fleisch und Blut wie die Trickfiguren, die die Brüder in ihren Animationsfilmen so gekonnt zum Leben erwecken - mit dem Effekt, dass die menschlichen Akteure ihre Lebendigkeit verlieren. So kehrt der Film, vermutlich unfreiwillig, die B-Movie-Qualitäten Gottfried Johns hervor (der als kantiger Doktor den Verdacht nährt, man habe ihn allein wegen seines imposanten Gesichts besetzt) und lässt das naive Spiel von Cesar Sarachu in der Rolle des Klavierstimmers wie Laientheater in Nahaufnahme wirken.

Es fragt sich, was daraus geworden wäre, hätte man sich bei diesem Film auf nur eines der vielen angerissenen Motive konzentriert und ihn mit mehr gezügelter Kunsthaftigkeit inszeniert. So aber bleibt "Der Klavierstimmer der Erdbeben" ein Tipp für Freunde der Bildexegese und wirkt ansonsten wie ein Vorwand, die fraglos spannende Vorstellungswelt der Brüder Quay bloß irgendwie auf die Leinwand zu bringen.

Bilder: Copyright

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