
Outsourcing
ist ein Phänomen, ein Missstand, eine bedenkliche
Entwicklung
- wie auch immer man es sehen möchte. Auf jeden Fall ist
es
im Zuge der Globalisierung zur gängigen
Unternehmens-Praxis
geworden. Massenhaft Arbeitsplätze werden in
Niedriglohnländer
in Asien oder Osteuropa verlagert.
Manch einer in Bochum kann sicher ein Lied davon singen.
Outsourcing
ist aber auch das Schicksal, das Todd Anderson im
Spielfilm-Debüt
von John Jeffcoat ereilt, das passenderweise "Outsourced"
heißt, und in Deutschland mit Hinweis auf Happy
End-Garantie
auch noch den Untertitel "Auf Umwegen zum Glück"
erhielt.
Todd (Josh Hamilton) ist ein sympathischer junger
Kerl, der in
einem Call-Center arbeitet und dessen Aufgabe es ist,
allerlei dämlichen
Kitsch (Käse-Hüte) an den Mann zu bringen. Sein
beschauliches,
unaufgeregtes Leben ändert sich an dem Tag, an dem ihn
sein
Boss Dave (Matt Smith) in sein Büro zitiert und ihm
erklärt,
dass er soeben "outgesourced" wurde. Todd wird vor die
Wahl gestellt, seinen Job aufzugeben oder nach Indien zu
reisen
und dort für die bedeutend billigeren Arbeitskräfte den
Ausbilder zu spielen. Da der Film nach fünf Minuten nicht
enden
kann, entscheidet er sich für letzteres. In Indien
erwartet
Todd (dort "Mr. Tod" genannt) natürlich zunächst
ein heftiger (Kultur-)Schock. Fahrende Züge, auf die er
aufspringen
muss (was ihm aber besser gelingt als Bill Murray in "Darjeeling
Limited"), scheinbar harmlose Getränke mit stark
abführender
Wirkung und klauende Kinder sind dabei noch seine
kleinsten Probleme.
Einfach alles ist anders. Vor allem
sind es die Menschen, ihre Sitten und Bräuche, ihre
Einstellung
zur Arbeit. Todd steht nun vor der schier unlösbaren
Aufgabe,
gut zwei Dutzend Inder zu amerikanisieren. Doch sein Weg
zum Glück
führt nicht über diese Tätigkeit oder eine akzeptable
MPA (Minute pro Auftrag), sondern über Toleranz und
Integration.
Und vielleicht auch über die Liebe.
Wenn selbst ein Film wie "Transformers" in einem kleinen Gag ein politisches Thema aufgreift, dann muss es wohl wirklich eines sein, das die Landsleute bewegt. Und "Outsourcing" ist in der Tat ein Thema, das vor allem die Amerikaner bewegt. Nach eigenen Erfahrungen in Indien (aus denen schon die Dokumentation "Bollywood & Me" hervorging) war es für Regisseur John Jeffcoat und seinen Co-Autor George Wing an der Zeit, sich diesem Thema auch in einem Spielfilm zu widmen. Dabei entschied man sich bewusst gegen Hollywood und große Stars (wer weiß, ob die sich überhaupt für diesen Stoff und ein unbeschriebenes Blatt als Regisseur interessiert hätten), und setzte stattdessen auf eher unbekannte Darsteller sowie geringe Produktionskosten. Sehr naheliegend, aber nichtsdestotrotz ironisch erscheint es dabei, dass zu einem großen Teil auf indisches Personal vor und hinter der Kamera zurückgegriffen wurde.
"Outsourced"
ist somit ein kleiner Film geworden, der fast
ausschließlich
in Indien und somit mit den Sehgewohnheiten der meisten
Zuschauer
spielt, sich aber auch musikalisch diesem Szenario
anpasst, was
je nach persönlicher Verbundenheit mit diesem Kulturkreis
mehr
oder weniger gewöhnungsbedürftig ist. Im Grunde erzählen
Wing und Jeffcoat eine sehr warmherzige Geschichte ohne
unnötig
heraufbeschworene Dramatik. Richtig auf dem Spiel steht zu
keiner
Sekunde etwas und selbst der eigentlich böse Boss, der
potentielle
Buh-Mann, kommt ganz gut weg. Wer mit Indien (ähnlich wie
Todd)
bislang wenig am Hut hatte, dürfte (anders als Todd)
einige
Freude haben, die verschiedenen Facetten dieser
aufstrebenden Nation
auf dem Sprung vom Schwellenland zur Industrienation in
100 Minuten
in einer sicherlich etwas romantisch-verklärten Form
kennen
zu lernen.
Gelegentlich
bedient sich "Outsourced" zu stark bekannter Klischees,
doch geschieht dies niemals in einer herabwürdigenden,
sich
darüber lustig machenden Art. Der Respekt vor dieser
Kultur
und die Faszination dafür sind deutlich zu spüren. Einige
Szenen sind auch sehr witzig geraten, etwa wenn Todd und
Asha (Ayesha
Dharker), das weibliche Love Interest, die Rollen tauschen
und sich
in der dialektfreien Aussprache der jeweils anderen
Sprache versuchen.
Auch wenn "Outsourced" im Grunde ziemlich vorhersehbar ist (besonders die sich frühzeitig abzeichnende Option einer Love-Story) und nicht jeder Gag zündet, so macht der Film doch Spaß. Man lernt ein wenig über die Kultur Indiens, muss sich dabei sicher keine Sorgen um seinen Herzschlag machen, denn etwas Aufregendes passiert garantiert nicht, und erhält in schöner Regelmäßigkeit Gelegenheit zu lachen. Die bestenfalls aus Nebenrollen in "Die Bourne Identität" und "Star Wars: Episode II" bekannten Hauptdarsteller machen ihre Sache ebenfalls ganz ordentlich, so dass man für diese Komödie sicher nicht den Göttern danken muss (denn diese finden im Abspann Erwähnung), es bei Weitem aber auch hätte kitschiger und klischeehafter werden können.
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