Liebe lieber indisch

Originaltitel
Bride and Prejudice
Jahr
2004
Laufzeit
111 min
Genre
Release Date
Bewertung
7
7/10
von Moritz Piehler / 27. Februar 2011

 

Nicht erschrecken: In "Liebe lieber Indisch" springen unverhofft farblich einheitlich gekleidete Menschengruppen aus versteckten Gassen und beginnen zu singen. Auch der Geschlechterkampf wird im Sing- und Tanzduell ausgetragen und schwesterlicher Rat im Terzett gegeben. Man kann auch kaum verpassen, wenn sich verliebt wird, denn dann sieht man sekundenlange Großeinstellungen, in denen von Windmaschinen verwehte Haare und schmachtende Blicke großen Anteil haben. Willkommen in Bollywood.
Regisseurin Gurinder Chadha hat bereits mit "Kick it like Beckham" versucht, uns indische Einflüsse im europäischen Kino in verdaulichen Portionen etwas näher zu bringen. Mittlerweile haben sich die bunten Kitsch/Komödien/Musicals/Action/Romanzen aus Indien dank RTL 2 auch im deutschen Zuschauerherzen platziert. In England und den USA liegen die Bollywood-Kassenschlager längst voll im Trend.
In ihrem neuen Film wagt sich Chadha deshalb schon etwas weiter vor in der Vermischung der westlichen und östlichen Kinowelten und stößt dabei auf überraschende Parallelen. Denn wer hätte vorher gedacht, dass sich Jane Austens Oberschichten-Heirats-Schmonzette "Pride and Prejudice" so wunderbar an die Gegebenheiten des indischen Erzählstils anpasst?

Es geht bei Austen wie auch bei Chadha um eine Mutter, die vier unverheiratete Töchter hat und diesen Zustand möglichst schnell ändern will. Verheiratet wird natürlich nach Altersrangfolge - als also der reiche und gutaussehende Balraj (Naveen Andrews) in die Heimatstadt der Familie Bakshi kommt, ist klar, dass er nur für die älteste Tochter Jaya (Namrata Shirodkar) in Frage kommt. Passenderweise verlieben sich die beiden sowieso. Doch was ist mit seinem Freund William Darcy (Martin Henderson)? Auf den smarten Amerikaner hat die kluge Tochter Lalita (bezaubernd und forsch gespielt von Indiens Superstar Aishwarya Rai) ein Auge geworfen, der reiche Hotelerbe tut jedoch alles, um es sich mit ihr zu verscherzen. Als dann noch während eines Kurztrips nach Goa der geheimnisvolle Johnny Wickham (Daniel Gillies) aus den Wellen des Ozeans steigt und sowohl Lalita als auch die jüngste Schwester Lakhi (Peeya Rai Choduri) für sich einnimmt, ist die Verwirrung komplett. Denn Darcy und Wickham kennen sich aus der Vergangenheit und scheinen ein dunkles Geheimnis zu haben. Also muss sich entscheiden, wem Lalita glauben will - denn den Mann, den ihre Mutter für sie anschleppt, den will sie auf keinen Fall.

Um die Lösung dieser Probleme dreht es sich in den zwei Stunden des Films, der damit deutlich kürzer als tatsächliche Bollywood-Filme ist (die bleiben nie unter drei Stunden). Chadha springt fröhlich zwischen den Kontinenten, auf der Such nach Liebe reisen die Schwestern von Indien über London nach Kalifornien und zurück nach Indien, wo vor malerischer Kulisse der große Showdown stattfindet.
Meistens heiratet irgendjemand, in den verwirrenden Riten und Zeremonien der indischen Hochzeit übernimmt Darcy die Rolle des ignoranten Westlers, der sich falsch benimmt und der indischen Tradition keine Beachtung schenkt. Die ambivalente Figur des Beaus benutzt Chadha geschickt, um dem Publikum einen Spiegel vorzuhalten und gleichzeitig eine kleine Einführung in das Genre zu bieten. Denn zumindest in dem Teil des Films, der in Indien spielt, muss man sich auf erhebliche Elemente des Bollywood-Kinos einlassen. Das heißt zum Beispiel auch, dass die Paare sich nicht küssen, die Erotik wird nur im Tanz angedeutet. Selbst am kalifornischen Strand taucht unvermittelt ein Gospelchor auf und untermalt (in Choreographie mit einem Dutzend Surfern) eine Sonnenuntergangskulisse. Diese Szene wirkt absurd und witzig, zeigt aber auch, dass in einem anderen als dem indischen Kontext das Bollywood-Konzept nicht glaubhaft umsetzbar ist.

"Liebe lieber Indisch" ist eine wilde Mischung aus Kitsch, Komödie und Romanze - und natürlich gibt es auch einen Hauch Drama, wenn sich Dracy als Held beweisen und den Bösewicht verdreschen kann, sehr komisch parallel zum Kampf auf einer Bollywood-Kinoleinwand inszeniert. Insgesamt ist der Film aber eine nette Sommerkomödie zum Kennen lernen von Bollywood, echten Fans des Genres dürfte es an Action und an einem richtigen männlichen Bollywood-Star fehlen. Dafür entschädigt der Gastauftritt der Sängerin Ashanti auf Goa.
Jane Austen würde für ihr Werk wahrscheinlich eher die Verfilmung mit Kate Winslet und Emma Thompson bevorzugen, aber gefallen hätte ihr Chadhas Film um Liebe und Verstrickungen wahrscheinlich trotzdem.


Neuen Kommentar hinzufügen

Der Inhalt dieses Feldes wird nicht öffentlich zugänglich angezeigt.

Klartext

  • Keine HTML-Tags erlaubt.
  • Zeilenumbrüche und Absätze werden automatisch erzeugt.
  • Website- und E-Mail-Adressen werden automatisch in Links umgewandelt.
CAPTCHA
Diese Aufgabe prüft, ob du menschlich bist um Bots zu verhindern.