Peter Jackson hat die Gunst der Stunde genutzt. Seit
vielen Jahren träumte der Filmemacher davon, eine
Neufassung
des Films zu inszenieren, der ihn in seiner Kindheit am
meisten
geprägt und seinen beruflichen Werdegang am stärksten
beeinflusst hat. Doch immer wieder stieß er damit bei
potentiellen
Geldgebern auf taube Ohren. Verständlicherweise, denn es
sprach
aus Produzentensicht in der Tat nicht allzu viel für einen
weiteren Film über den Riesenaffen, der zwar vor
siebzig Jahren für großes Staunen sorgte, dem heutigen
Zuschauer aber wohl nicht mehr besonders spektakulär
erscheinen
wird. Und war nicht schon die ebenfalls recht aufwändige
(aber
seelenlose) Neuverfilmung in den 70er Jahren ein zum Event
aufgebauschtes,
vom Publikum aber mit Desinteresse bestraftes Desaster
gewesen?
Nein, der neuseeländische Filmfreak hätte seinen Traum
wohl kaum verwirklichen können, wenn es ihm nicht gelungen
wäre, mit seinen drei Filmen über die Abenteuer einiger
ziemlich bunter Gestalten in einer Welt namens Mittelerde
Kinogeschichte
zu schreiben. "Carte Blanche" also für den mit Oscars
gekrönten neuen König der Kinowelt, und der hat dann auch
nicht mehr lange gefackelt. Sein "King Kong" ist da und
hinterlässt gewaltige Fußabdrücke.
Denn schon in den ersten Minuten dieses überlangen Epos
wird
klar, was uns hier erwartet: "King Kong" ist nichts
Anderes
als Peter Jacksons "Titanic".
Ein gigantisches Projekt, verwirklicht wider allen
Unkenrufen und
ebenfalls eine ganz klassische Geschichte. Denn auch die
Neufassung
spielt im Jahr 1933, also genau in dem Jahr, in dem damals
der alte
Schwarzweiß-Klassiker entstand. Aber derart prächtig
hat man die 30er Jahre und das damalige New York selbst
dann nie
gesehen, als es tatsächlich so aussah. Tausende
rekonstruierte
Gebäude in tollen Luftaufnahmen, akkurat nachgestellte
Kostüme,
Autos, Straßenzüge. Nur das Schiff, auf dem sich die
Protagonisten einfinden, ist ein paar Nummern kleiner als
bei James
Cameron, bedingt durch die widrigen Umstände der Handlung.
Die sieht nämlich den windigen Carl Denham (Jack Black) in
der Verlegenheit, irgendwie noch schnell Budget und
Hauptdarstellerin
für seinen nächsten Film auftreiben zu müssen, da
seine Investoren unmittelbar davor stehen, ihm endgültig
den
Hahn abzudrehen. Das Drehbuch ist bisher auch
eher ein Fragment, aber da es von dem renommierten
Theaterautor
Jack Driscoll (Adrien Brody) verfasst wird, kann Denham
damit zumindest
die bisher eher erfolglose Schauspielerin Ann Darrow
(Naomi Watts)
zur Mitarbeit überreden ("Ich bin ein Mann, dem sie
vertrauen
können - ich bin Filmproduzent"). Zusammen mit ein paar
Helfern finden die drei sich an Bord der "Ventura" ein,
mit der der zwielichtig wirkende Captain Englehorn
(diesmal gar
nicht so übel: Thomas Kretschmann) ebensolche Geschäfte
betreibt. Ziel der Reise ist die geheimnisvolle und in
keiner Karte
verzeichnete "Schädelinsel". Dort will Denham sein
neues Werk mit spektakulären Aufnahmen anreichern und dann
triumphal zurückkehren. Doch was die Gruppe Abenteurer auf
dieser Insel erwartet, hat in der Tat noch kein Mensch
zuvor gesehen,
und nicht für alle wird es überhaupt eine Rückkehr
geben.
Ein gutes Stündchen lang wird dabei eine Atmosphäre der
Bedrohung aufgebaut und ein großes Geheimnis darum
gemacht,
was denn wohl Schreckliches auf der Insel lauert. Dumm
nur, dass
aber auch wirklich jeder, der sich diesen Film ansieht,
das schon
lange weiß. Denn selbst wer die Vorgänger nicht gesehen
hat, erwartet beim Besuch eines Filmes mit dem Titel "King
Kong" wohl kaum die Erlebnisse eines putzigen Inselkönigs
und seines Stammes. Auch um das Aussehen des Riesenaffen
wurde im
Vorfeld ja kein allzu großes Geheimnis gemacht, und so ist
die "Fahrt ins Ungewisse" nur für die Filmcharaktere
zwangsläufig genau das.
Dementsprechend kürzer hätte man sich hier auch fassen
können, so aber wird die zähflüssige Schiffsreise
nur durch die gelegentlichen Sprüche
von Vollblutkomiker Jack Black alias Carl Denham
aufgelockert. Nach
der Ankunft auf "Skull Island" ist dann aber schnell
Schluss
mit lustig und es geht rund. Von diesem Moment an gibt es
für
den Rest des Filmes (und es ist ein ziemlich langer Rest)
praktisch
keine Verschnaufpausen mehr. Die als wahre Horrorgestalten
zurechtgemachten,
menschlichen Inselbewohner erinnern dabei zunächst noch
einmal
deutlich an die Splatter- und Horror-Vergangenheit
Jacksons, die
ja auch beim "Herrn der Ringe" immer mal wieder
durchschien.
Doch dann kommen Kong und die anderen tierischen Bewohner
des Eilands,
um das die Evolution scheinbar einen großen Bogen gemacht
hat, und ab geht das Special Effect-Gewitter. Im
Pressetext wirbt
der Verleih mit der Zeile "Für diesen Film entstanden
mehr Kreaturen als für alle drei Herr der Ringe-Filme
zusammen".
Und dementsprechend sieht das dann auch aus. Als sei es
ihnen selbst
bewusst geworden, dass mit dem Affen allein nicht genug
Eindruck
zu machen ist, lassen Jackson und sein Team folglich eine
Armada
an teilweise völlig frei erfundenen, gefräßigen
Flug- und Kriechtierchen auf die armen Charaktere los und
bieten
ganz nebenbei auch gleich noch mehr Saurier in Aktion als
wohl alle
drei "Jurassic Park"-Filme zusammen. Es fehlt eigentlich
nur noch der gefräßige Plapperkäfer von Traal. Aber
im Ernst: Sehr, sehr beeindruckend, was hier gezeigt wird,
und zeitweise
schon atemberaubend, auch wenn es anzumerken gilt, dass
die Effekte
ihre Herkunft aus dem Computer nicht immer verbergen
können,
vor allem wenn menschliche Charaktere mit im Spiel sind.
Aber wer mehr als drei Stunden Zeit zur Verfügung hat, kommt auch irgendwann zumindest kurz wieder zur Ruhe, und schließlich gilt es das Augenmerk neben der Action auch noch ein wenig auf den tragisch-poetischen Charakter der Geschichte zu lenken: Stichwort "Die Schöne und das Biest". Die Entwicklung der Beinahe-Liebesbeziehung zwischen der blonden Frau und dem traurigen Riesenaffen bleibt dabei allerdings eher rätselhaft und wenig nachvollziehbar. Die von all den um sie kämpfenden Monstern erstaunlich wenig traumatisierte Ann starrt dabei ihren Beschützer die meiste Zeit nur wortlos an, und der starrt dann (wenig überraschend) genauso wortlos zurück. Eine schwierige Rolle für Naomi Watts, die sich dabei so gut es eben geht aus der Affäre zieht. Und ob man es nun rührend oder doch eher albern findet, wenn das ungleiche Paar auf einem zugefrorenen See im Central Park Pirouetten dreht, liegt ganz eindeutig im jeweiligen Auge des Betrachters.
Letztendlich muss man es wohl so deutlich sagen: Peter Jacksons "King Kong" ist Trash. Der aufwändigste, gewaltigste und auch beeindruckendste Trash aller Zeiten womöglich, aber eben trotzdem Trash. Aber das ist ja nichts Schlimmes und vor allem: Es ist sehr unterhaltsam.
Neuen Kommentar hinzufügen