
Die meisten dürften nicht mehr unbedingt damit gerechnet haben, dass der vom Schriftsteller Dan Brown geschaffene Professor Robert Langdon eine dritte Runde im Kino spendiert bekommt. Denn während die verschachtelten Kunst- und Religions-Krimis von Autor Brown zu den meistverkauften Romanen überhaupt zählen, schlugen sich die Adaptionen von „Der Da Vinci-Code“ und „Illuminati“ doch nur mittelprächtig, sowohl beim Publikum als auch bei den Kritikern. Und das trotz der vermeintlichen Idealbesetzung Tom Hanks in der Rolle des Harvard-Professors mit dem Faible für mysteriöse Symbole. So ganz wollte es einfach nicht gelingen, die als „Pageturner“ so ausgezeichnet funktionierenden literarischen Schnitzeljagden auf die Leinwand zu übertragen, ohne dass diese an Faszination verloren. Das gilt im Prinzip auch für den nun nach siebenjähriger Pause vorliegenden dritten Streich, der vom Grundkonzept her doch recht stark dem Vorgänger „Illuminati“ ähnelt.
Mit Kopfverletzungen und ohne Erinnerungen an die vergangenen Stunden erwacht Robert Langdon in einem Krankenzimmer, dass er bei einem Blick aus dem Fenster aber sofort in Florenz verortet. Die behandelnde Ärztin Dr. Sienna Brooks (Felicity Jones) kann ihm gerade noch erklären, dass sein Gedächtnisverlust auf einem Schädeltrauma beruht, als auch schon eine Polizistin mit gezogener Waffe das Hospital stürmt und beginnt auf Langdon zu feuern. Mit der Hilfe von Dr. Brooks gelingt ihm die Flucht und gemeinsam versuchen beide nun das Puzzle zusammenzusetzen. Die Spuren führen zu dem vor kurzem durch Freitod aus dem Leben geschiedenen Milliardär Bertrand Zobrist (Ben Foster), der seit Jahren vor den Gefahren der Überbevölkerung gewarnt und eine treue Anhängerschaft um sich gesammelt hat. Es scheint als würde Zobrist auch nach seinem Tod noch dafür sorgen, dass sein perfider Plan zur Lösung dieses Problems umgesetzt wird.
Auf der Flucht durch die Straßen von Florenz werden Langdon und seine Begleiterin sowohl vom Team des Polizisten Bruder (Omar Sy), als auch von dem noch undurchsichtigeren „Sicherheitsexperten“ Harry Sims (Irrfan Khan) gejagt. Das sorgt dafür, dass man erstens immer schön in Bewegung bleibt und dass natürlich zweitens lange Zeit undurchschaubar bleibt oder zumindest bleiben soll, wer denn hier welche Agenda verfolgt und auf welcher Seite steht. Wie schon in „Illuminati“ konzentriert man sich wieder auf einen Hauptschauplatz und reist nicht mehr, wie noch im „Da Vinci Code“, in James Bond-Manier um die halbe Welt. Ort des Geschehens ist dabei Florenz, bei dem es ja vorgeschrieben ist mit Nennung des Städtenamens auch stets das Adjektiv „pittoresk“ zu benutzen. Auf jeden F all – und das ist es ja, was bei einer Dan Brown-Geschichte wirklich zählt – bietet auch die norditalienische Stadt genügend Kirchen, Museen und andere historische Bauwerke um die benötigte, mystisch angehauchte Verschwörungsatmosphäre erzeugen zu können.
Auch die weiteren Story-Zutaten haben sich wenig verändert, erneut hetzt der Professor von einer schönen jungen Frau begleitet durch die Straßen und wieder gibt es einen Twist, bei dem sich alles bisher Gesehene auf den Kopf stellt. Wobei man diesmal immerhin eine größere Chance hat genau diesen kommen zu sehen, nicht nur wenn man schon eine gewisse Dan Brown-Erfahrung mitbringt, sondern vor allem, weil doch ein paar Hinweise gelegt werden, bei denen der aufmerksame Zuschauer bereits frühzeitig auf vermeintliche Unstimmigkeiten aufmerksam werden kann. Warum etwa verhält sich die offenbar als Killerkommando agierende Polizistin im Leder-Outfit so ungeschickt, dass ihren Opfern eine Vorwarnung gegeben wird? Und warum hat es die doch anscheinend mit so viel außergewöhnlichem Talent und Fähigkeiten ausgestattete Sienna nur zu einer mittleren Position in einem eher provinziellen Krankenhaus gebracht? Wenn solche vermeintlichen Logikfehler letztlich keine sind, sondern innerhalb der Geschichte sinnvoll aufgelöst werden, dann ist das auf jeden Fall positiv zu vermerken.
Es kann aber letztlich doch nicht dauerhaft davon ablenken, dass man das Gefühl hat das alles nun wirklich schon mehr als einmal gesehen zu haben, auch wenn es diesmal noch eine Nummer größer angelegt wird und gleich die ganze Welt gerettet werden muss – na gut, zumindest die halbe. Dass der große Showdown überraschend klein ausfällt, kommt dann fast schon überraschend, gibt aber deshalb auch keine Bonuspunkte. Erfreuen muss man sich hier eher an Kleinigkeiten, wie dem einen oder anderen trockenen Spruch des gewohnt souverän aufspielenden Tom Hanks oder an der wirklich viel Spaß machenden Rolle von Irrfan Khan („Jurassic World“) als Harry Sims, der seinen Klienten ganz besondere Dienste anbietet und sich dabei mit seinem moralischen Kompass in einer undefinierbaren Grauzone bewegt, die er auch stets selbstkritisch reflektiert („Nicht meine beste Arbeit, aber für die Italiener sollte es reichen“).
Wenn die größte Neuigkeit nach einer siebenjährigen Pause die Erkenntnis ist, dass Robert Langdons Frisur nicht mehr ganz so albern aussieht, dann ist er wohl nicht wirklich nötig gewesen, dieser erneute Ausflug in die Welt der mystisch-religiös angehauchten Rätsel, für die dieses Mal (der Titel lässt es erahnen) der erste Teil von Dantes „Göttlicher Komödie“ herhalten muss, der sich bekanntlich auch „Inferno“ nennt. Gut unterhalten vermag der extrem konstruierte Unfug zwar nach wie vor, aber aufregend ist das mittlerweile nicht mal mehr für die katholische Kirche.
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