Umweltaktivist Albert Markovski (Jason Schwartzman, "Rushmore") macht sich Gedanken über die Bedeutung eines Zufalls, der ihm widerfahren ist, und heuert deshalb die existentiellen Detektive Bernard und Vivian (Dustin Hoffman und Lily Tomlin) an, damit sie ihm helfen, Ordnung und Sinn in sein Dasein zu bringen. Größter aktueller Unruheherd in diesem Dasein ist der Marketing-Manager Brad Stand (Jude Law) von der Kaufhauskette Huckabees, der sich gerade in Alberts Umweltschutzgruppe einschleicht, um ein bisschen kostenlose Pro-Natur-PR für sein Unternehmen zu generieren. Dessen blendend gepflegtes Leben mit Huckabees' Werbeikone Dawn (Naomi Watts) als Vorzeigefreundin gerät jedoch auch bald aus den Fugen, als er selbst Bernard und Vivian anheuert - und mit existentiellen Fragen konfrontiert wird, die er sich gar nicht stellen wollte. Feuerwehrmann Tommy (Mark Wahlberg) - seit "dieser September-Sache" sinnsuchender Klient des Schnüffler-Duos - ist da schon eine ganze Ecke weiter, der positiven "Wir sind alle miteinander verbunden"-Philosophie seiner Mentoren inzwischen abtrünnig geworden und stattdessen ein Anhänger der französischen Nihilistin Caterine Vauban (Isabelle Huppert). Und die mischt sich denn auch alsbald in den Kampf um Alberts existentialistische Grundeinstellung ein.
Alles klar? Oder gar nichts? Zugegeben: Ganz leicht
zu durchschauen
ist das neue Werk von Regisseur und Autor David O. Russell
ganz
sicher nicht. Der hat sich immerhin fünf Jahre Zeit
gelassen
mit dem Nachfolger seines brillanten Golfkriegsfilms "Three
Kings", und treibt mit seinem neuen Werk nicht nur
seine
Hauptcharaktere (auf der Suche nach sich selbst), sondern
auch das
Publikum halb in den Wahnsinn. Denn die waghalsige
Achterbahnfahrt
von "I Heart Huckabees" durch existenzphilosophische
Grundsatzdebatten,
das Beziehungsgeflecht seiner Hauptfiguren und eine
Vielzahl von
absurden, skurrilen oder einfach nur völlig
durchgeknallten
Szenen ist ebenso temporeich wie schwer zu verstehen. Zum
einen,
weil der Film seine stringente Dramaturgie - sofern er
denn überhaupt
eine hat - hoffnungslos verschüttet unter all den
Diskussionen
zwischen Sinnstiftern und Sinnsuchern; zum zweiten, weil
nicht so
recht klar wird, wo der Film eigentlich hin will.
Was
genau genommen nur konsequent ist, denn wenn man sich
anschaut,
mit welch treffendem satirischen Biss Russell hier
jegliche Aspekte
der Selbstfindung und Sinnsuche aufs Korn nimmt, und sich
so augenzwinkernd
über eine Suche lustig macht, die jeder irgendwie oder
irgendwann
durchläuft, die aber nie zu einer wirklichen Lösung oder
endgültig befriedigenden Antwort führen kann - dann ist
es eben nur konsequent, dass der Film das auch nicht tut.
Um brillant zu unterhalten, braucht er das auch nicht: Von
der ersten
Sekunde an feuert Russell mit ungebändigter Energie und
Geschwindigkeit
aus allen Rohren, lässt seine Star-Besetzung ein
wortgewitztes
Stakkato herunterbeten und macht sich augenzwinkernd über
so
viele Sachen gleichzeitig lustig, dass die Hälfte schon
wieder
unter den Tisch zu fallen droht. Allein die Idee, dass man
sich
im Zeitalter des Outsourcing und des spezialisierten
Dienstleistungsgewerbes
sogar jemanden finden kann, der die existenzielle
Selbstfindung
für einen übernimmt, ist genial - doch auch nur der
Anfangspunkt
für eine Farce, in der beinahe jeder populärpsychologische
Ansatz zur Ergründung
der eigenen Persönlichkeit und zur Festigung des Selbst
mal
kurz sein Fett abbekommt und als Mumpitz entlarvt wird. "I
Heart Huckabees" trägt die überdeutliche Handschrift
eines Zynikers, der genau diesen Suchprozess durchlaufen
hat und
genauso ahnungslos daraus hervorging, wie er davor schon
gewesen
ist. Was dann auch erklären würde, warum Russell für
diesen Film fünf Jahre gebraucht hat.
Wie ein Sinnsuchender selbst torkelt "I Heart Huckabees"
aber auch mehr, als dass er sich zielstrebig in eine
Richtung bewegt:
Fortlaufend flitzt der Film auf der Tangente eines
Subplots davon,
ist David O. Russell mehr daran gelegen, noch ein
blitzgescheites
Wortgefecht unter zu bringen als seinen Film irgendwie
kohärent
zu halten. Dass er gleichzeitig zahlreiche Szenen mit
absurder Komik
auflädt, ist ein gelungenes Hilfsmittel, um das Publikum
bei
Laune und bei der Stange zu halten - ansonsten wäre man
von
"I Heart Huckabees" wohl schon nach weniger als einer
Stunde komplett erledigt. Der Witz ist es, der einen im
Sitz hält
- und auch erfolgreich lang genug davon abhält, sich
darüber
Gedanken zu machen, was der Film eigentlich will. Wenn es
je einen
Streifen ohne klar ersichtliche Zielgruppe gegeben hat -
bitte schön,
hier ist er. Russell hat hier so kompromisslos den Film
gedreht,
der sich in seinem Kopf abgespielt hat, dass er so
ziemlich alle
anderen darüber vergessen hat. Was nicht heißt, dass
man sich "I Heart Huckabees" nicht ansehen sollte. Nur,
dass er in Thema und Machart (und vor allem mit diesem
Titel) schlichtweg
ein Alptraum für jede Marketing-Abteilung ist. Da wundert
es
dann auch nicht weiter, dass der deutsche Starttermin ein
halbes
Jahr lang immer weiter nach hinten verschoben wurde.
Wenn
es auch schwer sein dürfte, dem Publikum eine
parodistische
Komödie über Selbstsuche schmackhaft zu machen: Die
A-Riege
Hollywoods scheint dafür gleich Feuer und Flamme zu sein.
Independents
mit einem Staraufkommen wie diesem sind stets eine
Garantie für
ein famos geschriebenes Drehbuch mit derart ausgefallenen
Charakteren,
dass die großen Namen sich mit Handkuss dafür zur
Verfügung
stellen - einfach, weil es solchen Spaß macht.
Dementsprechend
brillant aufgelegt sind denn hier auch durch die Bank
alle: Von
Dustin Hoffman mit einem unglaublichen Toupé bis hin zu
Naomi
Watts, die als hirnfreie Werbe-Blondine ihr bäuerliches
Ich
und die harte Wahrheit für sich entdeckt.
Durchgeknallt, blitzgescheit und ebenso schnell von der ersten bis zur letzten Minute ist "I Heart Huckabees" sicherlich oftmals verwirrend und mindestens so sinnbedürftig wie seine Protagonisten, aber alles andere als auch nur ansatzweise langweilig. Stattdessen darf man teilhaben an einer derart enthusiastisch vorgetragenen und umgesetzten Tour de Force, dass man sich selbst liebend gerne mitreißen lässt, selbst wenn es nirgendwo hinführt. Wenn die Suche nach Antworten in sich selbst schon ein Witz ist, und unterbelichtete Ahnungslosigkeit fast schon als Segen erscheint, dann kann man zumindest mit dem leicht erhebenden Gefühl aus dem Kino gehen, dass die Welt wirklich keinen Sinn ergibt. Und man mit dieser Erkenntnis bei weitem nicht alleine ist.
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