Herr der Diebe

Originaltitel
The Thief Lord
Jahr
2005
Laufzeit
98 min
Release Date
Bewertung
5
5/10
von Frank-Michael Helmke / 1. Januar 2010

Die deutsche Kinderbuchautorin Cornelia Funke ist in ihrem Genre ein ziemlich spektakulärer Erfolg, wenn man einmal von der überirdisch populären Potter-Schreiberin Joanne K. Rowling absieht. Mit ihren Büchern wie „Tintenherz“, „Drachenreiter“ oder eben „Herr der Diebe“ begeisterte die westfälische Autorin auch eine beachtliche internationale Fangemeinde, und als das amerikanische Time Magazine im letzten Frühjahr die 100 einflussreichsten Personen der Welt kürte, tauchten in der Künstlerrubrik nur zwei populäre Literaten auf: Mega-Beststeller-Autor Dan Brown („Da Vinci Code“, „Illuminati“) und Cornelia Funke. Kein Wunder also, dass man sich hierzulande nicht nur eilig an Verfilmungen von Funkes beliebtesten Werken macht (die Adaption der Mädchenbande-Geschichte „Die wilden Hühner“ folgt in Kürze), sondern sogar einen Ausflug in internationale Gefilde wagt.
Produzent Richard Claus hat bereits einige Achtungserfolge mit internationalen Produktionen verbucht, wie den Thriller „Stumme Zeugin“, „An American Werwolf in Paris“ und die Kinderbuch-Adaption "Der kleine Vampir", mit vornehmlich amerikanischer Besetzung und dem international bekannten, deutschen Regisseur Uli Edel. Für die Adaption von Funkes „Herr der Diebe“ hat sich Claus nun zum ersten Mal seit über 20 Jahren wieder selbst auf den Regiestuhl gesetzt, was sich leider als die vielleicht größte Fehlentscheidung des Produzenten herausstellt.

„Herr der Diebe“ handelt von den Brüdern Bo und Prosper, die nach dem Tod ihrer Eltern zusammen Reißaus nehmen, als ihre böse Tante und Onkel nur den kleinen Bo adoptieren, und den älteren Prosper ins Waisenhaus schicken wollen. Ihre Flucht verschlägt die beiden nach Venedig, verfolgt vom dem Privatdetektiv Victor. Dort machen die Brüder die Bekanntschaft des 15-jährigen Scipio, dem titelgebenden „Herrn der Diebe", der reiche Leute bestiehlt um für seine dreiköpfige Bande von Waisenkindern zu sorgen, die gemeinsam in einem verlassenen Kino hausen. Zusammen versuchen die Kinder nicht nur Bo und Prosper vor ihren Verfolgern zu schützen, sondern bald auch ein magisches Karussell ausfindig zu machen, mit dem man sich älter oder jünger machen kann. Erschüttert werden die Pläne der Bande jedoch, als die anderen von Scipios wahrer Identität erfahren – die ihn längst nicht mehr so heldenhaft aussehen lässt.

Grundsätzlich ist „Herr der Diebe“ eine einfalls- und abwechslungsreiche Abenteuer-Geschichte für ein junges Publikum, das lässt sich auch ohne Kenntnis der Romanvorlage aufgrund des Films feststellen. Es lässt sich leider ebenso feststellen, dass es der Verfilmung nicht gelingt, dieser Vorlage gleichzukommen. Zu holprig ist dafür der Erzählstil, der schon von der hastigen Einführung an das richtige Gefühl fürs Tempo vermissen lässt. Zudem lässt Regisseur und Co-Autor Richard Claus sämtliches Gefühl für Subtilität vermissen und klopft jeden wichtigen Plotpunkt mit dem großen Holzhammer fest. Eine unspannende Methode, die offensichtlich die Intelligenz eines Kinderpublikums unterschätzt und zudem ziemlich ungelenk daher kommt. Und auch die Kleinen im Publikum werden sich eventuell wundern, wenn Claus für eine Verfolgungsjagd mal eben ein Motorboot für die jungen Helden aus dem Hut zaubert.
Unausgegoren in Tempo und Spannung, vermag der Film auch visuell nicht zu überzeugen und schafft es nicht, seinen viel versprechenden Handlungsorten eine richtige Atmosphäre zu geben. Venedig wird hier in vielen Szenen von einer Studiokulisse gedoubelt, die wahre Pracht der Stadt kann nur in wenigen Momenten durchscheinen. Und auch das verlassene Kino, in dem sich die Kinder verstecken, kann Claus nicht mit der Magie füllen, die dieser Ort hätte hervorbringen können.

Die erwachsenen Darsteller liefern routinierte, in typischer Kinderfilm-Manier leicht überzogene Vorstellungen ab; auch die jungen Schauspieler agieren ordentlich, wobei keiner beachtenswert herausragt – ein neues Talent am Kinderfilm-Himmel tut sich hier nicht hervor. Sie alle sind indes nicht in der Lage, den Film über die Mittelmäßigkeit hinaus zu heben – dafür ist er zu uninspiriert und risikoscheu inszeniert und in seiner Erzählung einfach nicht packend genug. Das Buch war vielleicht eine spannende Lektüre, bei der die Seiten nur so fliegen – der Film kommt nie wirklich vom Boden weg. Für seine nächste Produktion sollte Claus vielleicht wieder einen ordentlichen Regisseur engagieren.


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