Als Guillermo del Toro vor vier Jahren den Dark Horse Comic-(Anti)helden "Hellboy" auf die Kinoleinwand brachte, waren Kritiker wie Fans vom Ergebnis mehrheitlich positiv überrascht. "Hellboy" funktionierte als rasant inszenierter Actionfilm, der nicht nur extrem viel Spaß machte, weil er sich selbst nicht zu ernst nahm, sondern es auch schaffte, Kreaturen wie einen gehörnten roten Hünen mit Schwanz und einer Vorliebe für Zigarren oder ein intellektuelles Fischwesen mit empathischen Fähigkeiten als glaubwürdige Charaktere darzustellen. Was leicht hätte lächerlich wirken können, wurde in den Händen des mexikanischen Regisseurs zu einem herrlichen Kinospaß nicht nur für Comicfans, dessen Story man zwar nicht logisch hinterfragen durfte, der aber auch nicht versuchte, mehr zu sein als was er war: hervorragendes Popcorn-Kino.
Inzwischen ist del Toro durch den Erfolg seines Oscar-gekrönten Märchens "Pans Labyrinth" und nicht zuletzt auch durch die Nachricht, er werde die Regie des geplanten "Herr der Ringe"-Prequels "Der Hobbit" übernehmen, zum internationalen Starregisseur aufgestiegen. Deswegen darf man von dem Mann nicht gleich Wunder erwarten, doch zumindest aber, dass er in "Hellboy - Die goldene Armee" alle Qualitäten des Vorgängers wiederaufleben lässt und den Film gleichzeitig mit einigen zusätzlichen Überraschungen versieht, wie es sich für eine gelungene Fortsetzung gehört. Um es vorwegzunehmen: Im Großen und Ganzen ist ihm das gelungen.
In seinem zweiten Leinwandabenteuer hat der im Dienst einer streng geheimen FBI-Unterbehörde stehende Hellboy (Ron Perlman) gegen den düsteren Elfenprinzen Nuada (Luke Goss) zu kämpfen, der mithilfe einer aus drei Teilen bestehenden magischen Krone die einst für seinen Vater geschaffene goldene Armee unter seine Kontrolle bringen will. Unterstützt wird der rote Riese dabei erneut von seiner alten Flamme Liz (Selma Blair) - wobei der Ausdruck "Flamme" bei dieser pyrotechnisch begabten Dame wörtlich zu nehmen ist - und dem fischähnlichen Abe Sapien (Doug Jones). Die Aufgabe der drei verkompliziert sich allerdings durch die Vorschrift, dass die Öffentlichkeit auch weiterhin nichts von ihrer Existenz erfahren darf, was allerdings nicht lange gut geht.
Viel mehr braucht man zur Story eigentlich nicht zu sagen, denn eine besonders komplexe oder wendungsreiche Dramaturgie hat auch der zweite Teil nicht zu bieten. Seine Qualitäten liegen - nicht nur, aber in erster Linie - im visuellen Bereich. Das im Vergleich zum Vorgänger noch mal deutlich aufgestockte Budget, das del Toro hier zur Verfügung stand, merkt man dem Film in jeder Minute an. Von den zahlreichen Fantasy-Kreaturen, die die aus "Pans Labyrinth" bekannte Design-Handschrift del Toros tragen, über die aufwändigen Sets bis hin zu den erstklassigen CGI-Effekten - deren Höhepunkt ein riesiger tentakelbewehrter "Waldgott" darstellt, mit dem es Hellboy in den Straßenschluchten New Yorks aufnehmen muss - "Hellboy 2" ist ganz klar einer jener Filme, bei denen man phasenweise gar nicht mehr weiß, wo man zuerst hinschauen soll und die einen mit ihrer optischen Opulenz fast erschlagen. Vor allem der unter der Brooklyn Bridge gelegene Trollmarkt bietet eine Fülle an mit viel Liebe zum Detail gestalteten Gnomen, Trollen, Ogern und sonstigen Fabelwesen und wirkt ungefähr so, als habe man dafür die düstere Fantasy-Romantik von Tim Burton mit der Monster-Vorliebe von Peter Jackson gekreuzt.
Unter all den ausgefallenen Kreaturen im Film finden sich zwei wichtige Neuzugänge. Da wäre zum einen der von Luke Goss verkörperte Elfenprinz Nuada, der zwar viel Kampfakrobatik zum Besten geben darf, insgesamt aber zu wenig Leinwandzeit bekommt, was schade ist, da es sich um eine sehr interessante Figur handelt, nicht zuletzt auch deshalb, weil die Elfen in "Hellboy 2" mal ausnahmsweise nicht als perfekte, beinahe engelsgleiche Wesen auftreten, sondern ihnen durch die vernarbten Gesichter und ihr anscheinend vom Gothic-Stil beeinflusstes Aussehen auch eine dunkle Seite verliehen wird. Auf Seiten der Guten wiederum stößt Johann Krauss neu zum Team, eine deutsche (!), ektoplasmische Lebensform (sprich: sie sieht aus wie weißer Rauch), die in einem Spezialanzug lebt und nicht nur die Fähigkeit besitzt, toten Objekten Leben einzuhauchen, sondern auch hin und wieder dazu neigt, auf deutsch zu fluchen oder ein Liedchen zu trällern, was freilich nur dann auffällt, wenn man den Film in der Original-Fassung sieht. Dass Krauss zusätzlich einen ausgeprägten Hang zur Effizienz und Präzision hat und sich immer dann am wohlsten fühlt, wenn andere die von ihm geschrieenen Befehle ausführen, sollten wir hierzulande wohl lieber nicht so eng sehen…
Insgesamt kommt die Fortsetzung hektischer und actionlastiger daher als ihr Vorgänger. Ruhigen Szenen wird wenig Raum gelassen, eine Ausnahme stellt allerdings die herrliche Stelle dar, an der sich der frisch verliebte Abe und der mit Beziehungsproblemen kämpfende Hellboy zu den Klängen des Barry-Manilow-Songs "Can't Smile Without You" gemeinsam betrinken. Die Charakter(weiter)entwicklung muss über weite Strecken allerdings zugunsten der optischen Schauwerte auf der Strecke bleiben; die zu Beginn noch ausführlich dargestellten Probleme zwischen Hellboy und Liz verlieren sich recht schnell in der Action. Zwar kommt es in im Filmverlauf zu zwei bedeutungsvollen Entwicklungen, die aber erst in einem möglichen dritten Teil größere Konsequenzen nach sich ziehen werden (den es allerdings zumindest unter der Regie des mit dem "Hobbit" beschäftigten del Toro in den nächsten Jahren nicht geben dürfte).
Fazit: Schneller, bunter und lauter - diese Anforderungen an eine Fortsetzung erfüllt "Hellboy 2" auf jeden Fall, und zwar auf höchstem Niveau. An den Actionszenen, dem Design der Sets und Kreaturen und besonders den Spezialeffekten gibt es nichts auszusetzen. Allerdings scheint sich del Toro dann doch ab und zu in all den gestalterischen Möglichkeiten, die ihm offen standen, verloren zu haben. So starrt man zwar von Anfang an gebannt auf die Leinwand und staunt über das Ausmaß an Kreativität und Detailarbeit, das hinter dieser filmischen Augenweide steckt. Doch irgendwann im Mittelteil des Films fühlt man dann beim Zuschauen mitunter eine plötzliche Leere, weil Tentakelmonster und imposante Schauplätze eben nicht alles sind.
Die Neuerungen, die der Film gegenüber dem ersten Teil bietet, liegen aber nun mal vor allem in der Optik. Das ist an sich keinesfalls schlecht, nur hätte man es gerne gesehen, wenn in die Arbeit an der Geschichte und den Figuren ebensoviel Mühe und Detailverliebtheit gesteckt worden wäre. Denn dann wäre "Hellboy 2" ein Meisterwerk unter den Comicverfilmungen geworden. So ist er immerhin ein äußerst unterhaltsamer Actionfilm, der zwar nichts überraschend Neues bringt, aber zwei Stunden lang gut unterhält.
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