Nun geht die "Harry Potter"-Saga also auch im Kino zu Ende. Oder auch nicht, denn beim produzierenden Warner Bros.-Studio entschloss man sich, das siebte und letzte Kapitel von J.K. Rowlings gigantomanisch erfolgreicher Buch-Reihe in zwei Filme aufzusplitten, so dass das wirkliche Ende nicht jetzt, sondern erst nächsten Sommer im achten Film kommt. Natürlich hat man sich für diese Entscheidung ein paar gut klingende Begründungen zurecht gelegt, dass man ja diesem grandiosen, auf so vielen Handlungsebenen genialisch verflochtenen Finale nicht hätte gerecht werden können, wenn man es in nur einen Film gestaucht hätte.
Das ist allerdings ähnlich geheucheltes PR-Geschwafel wie das Gerede, mit dem Warner vor wenigen Wochen bekannt gegeben hatte, dass dieser Film nicht - wie eigentlich anvisiert - auch in 3D erscheinen würde. Da nahm man dann große Worte wie "künstlerische Vision" und "Verantwortung gegenüber den Fans" in den Mund und verschwurbelte die schlichte Wahrheit: Dass man mit der nachträglichen 3D-Konvertierung einfach nicht schnell genug fertig wurde und man es sich nicht leisten konnte, den bereits weltweit koordinierten Starttermin rund um den 18. November kurzfristig zu verschieben.
Genauso kann man auch nicht wirklich glauben, dass es den Verantwortlichen darum ging, der Vision von J.K. Rowling besonders gerecht zu werden, indem sie hier noch einen Film drauflegten. Es geht hier schlicht nur ums Geld, schließlich wird es nach dem Ende von "Harry Potter" auf lange Sicht nichts geben, mit dem sich derart garantiert eine enorme Menge Schotter verdienen lässt. Die Handlung von "Harry Potter und die Heiligtümer des Todes" rechtfertigt eine Auswälzung über zwei Teile jedenfalls definitiv nicht.
Das liegt vor allem daran, dass die erste Hälfte von Rowlings letztem Potter-Buch (das mit 832 Seiten in der Original-Ausgabe auch "nur" das zweitlängste der Reihe war, hinter dem unnötig ausgewalzten fünften Teil) sich vor allem auf die Hoffnungslosigkeit und den Frust seines Helden-Trios konzentriert, die zugleich auf der steten Flucht vor den Gefolgsleuten Voldemorts sind und auf einer Suche, von der sie nicht mal wissen, wo sie sie überhaupt anfangen sollen. Die ausweglose Atmosphäre, die Rowling dabei erzeugte, war durchaus effektiv, sonderlich viel Plot-relevante Handlung kam währenddessen aber nicht herum. Und genau das erweist sich als die zentrale Schwachstelle dieses Films, der über fast zweieinhalb Stunden zwar eine dichte Atmosphäre erzeugt, dabei aber so wenig zu erzählen hat, dass man sich beim Zuschauen schon ziemlich verschaukelt fühlt - denn der Film ist genau da zu Ende, wo die Dinge endlich richtig in Bewegung kommen.
Wir erinnern uns: Am Ende vom sechsten Teil wurde Harrys Mentor, Hogwarts-Schuldirektor Dumbledore umgebracht, der wieder erstarkte Voldemort und seine folgsame Armee der Todesser haben die Macht in der Welt der Zauberer und Hexen an sich gerissen, und allen ist klar, dass einzig Harry in der Lage sein wird, Voldemort noch aufzuhalten. Nur: Wie? Der grundsätzliche Weg scheint klar: Harry und seine Freunde Hermione und Ron müssen die sieben Horkruxe finden, magische Gegenstände, in die Voldemort jeweils einen Teil seiner Seele übertragen hat - was ihn unsterblich macht, solange nicht alle Horkruxe zerstört sind. Das Problem: Harry und seine Helfer wissen weder, was für Gegenstände sie genau suchen, noch wo sie das tun sollen. Dumbledore hat ihnen vor seinem Tod herzlich wenig Informationen mit auf den Weg gegeben, und die Erbstücke, welche die drei nun von ihm erhalten, erscheinen auf den ersten Blick auch eher nutzlos. Derweil "säubern" Voldemort und Konsorten die Zauberwelt von allen Aufmüpfigen, die nicht gefolgsam sein wollen, es gibt erste Opfer im Kreise von Harrys Freunden und Beschützern zu beklagen - kurz: die Gesamtsituation ist ausreichend deprimierend.
Dies wiederum weiß Regisseur David Yates, der die Reihe ab dem fünften Teil übernommen hat und nun auch zu Ende führen darf, durchaus effektvoll einzufangen. Was sich im gesamten Verlauf der Reihe immer mehr verfestigte, findet nun seinen Höhepunkt: Endgültig vorbei ist es mit der aufregend-abenteuerlichen, farbenfrohen Welt, die mit kindlicher Freude bestaunt wird. In "Harry Potter und die Heiligtümer des Todes" sind alle kräftigen Farbtöne fast vollständig verschwunden, es ist eine düstere, kalte Welt, in der leuchtende Farben nur noch ausgewaschen vorkommen und es ansonsten sehr grau und trostlos zugeht. Das spiegelt sich auch in den menschenleeren englischen Landschaften, in denen Harry, Ron und Hermione während ihrer ziellosen Odyssee campieren, umgeben von kahlen Bäumen, grauem Himmel und ungemütlicher Witterung.
Auch die Angst und der Schrecken, die sich durch Voldemorts Herrschaft selbst unter seinen eigenen Anhängern breit machen, werden sehr gut eingefangen. Deswegen erweist sich die sehr starke Eröffnung des Films, die sich hierauf konzentriert, sogar als seine beste Sequenz - zu schade, dass es davon nicht mehr zu sehen gibt. Denn tatsächlich entwickelt sich "Harry Potter und die Heiligtümer des Todes - Teil 1" trotz seiner großräumigen Settings immer mehr zu einem Kammerspiel zwischen seinen drei jungen Helden (mit deutlichen Anleihen beim "Herr der Ringe"), die immer weiter angewachsene Armada an schillernden und so großartig besetzten Nebenfiguren verschwindet fast vollständig von der Bildfläche. Niemand außer den drei Helden hat hier mehr als eine Handvoll Szenen, zentrale Figuren wie Severus Snape bekommen nicht mal mehr Dialog ab. Und Hogwarts, das bisherige Zuhause der gesamten Reihe, ist nicht ein einziges Mal zu sehen.
Das ist natürlich ein Stück weit durchaus konsequent, schließlich geht es hier ja darum, dass Harry und seine Freunde (und damit auch der Zuschauer) alles verlieren, was ihnen bisher Halt gegeben hat, und trotz scheinbar totaler Hoffnungslosigkeit ihren Kampf fortsetzen. Doch letztlich ist dies eben das einzige Motiv, auf dem der Film herumreitet, und das wirkt auf zweieinhalb Stunden ausgewalzt dann einfach etwas ermüdend.
Der Film kämpft mit weiteren Schwächen. So kann man sich als Zuschauer schon etwas allein gelassen vorkommen, wenn man die Handlung des Buches nicht mehr vollkommen präsent im Kopf hat (falls man es überhaupt gelesen hat), denn das Skript von Steve Kloves spart genauere Erklärungen zu Figuren und Handlungspunkten fast komplett aus, wodurch die eine oder andere Sequenz in ziemlich unbefriedigender Konfusion verpufft, wenn man kaum noch nachvollziehen kann, was hier eigentlich gerade genau vor sich geht.
In ähnlicher Weise macht der Film auch schlicht zu wenig aus der Tatsache, dass in diesem letzten Teil sämtliche Figuren nun zu ihrer vollen Blüte gelangt sind, ebenso wie die zahlreichen Jungdarsteller, die ihre Charaktere endlich vollkommen glaubwürdig verkörpern. Paradebeispiel: Die herausragenden schauspielerischen Leistungen dieses Films bieten Jason Isaacs und Tom Felton als Lucius und Draco Malfoy. Leider haben sie nur zwei Szenen im ganzen Film. Aber dafür richtig große.
"Harry Potter und die Heiligtümer des Todes - Teil 1" fehlt es schlicht und ergreifend an einer klaren Richtung - genau wie seinen Helden, die bei ihrer ziellosen Suche die meiste Zeit nicht wissen, wo sie hin sollen. Alles, was der Film erzählerisch leistet, ist nicht mehr als bloße Exposition für das endgültige Finale - bezeichnenderweise erfährt man auch erst fast am Schluss (in einer ziemlich beeindruckenden, expressionistischen Animationssequenz), was es eigentlich mit den titelgebenden Heiligtümern des Todes auf sich hat. Dann noch ein ziemlich schwacher Cliffhanger, und das war's dann. In direkter Verbindung mit dem zweiten Teil, also als ausschweifende Einleitung eines schlussendlich fünfstündigen Mammutwerks, wird sich "Harry Potter und die Heiligtümer des Todes - Teil 1" vielleicht noch als effektvoll und gelungen erweisen, als für sich stehendes Filmerlebnis bleibt er aber schlicht unbefriedigend. Und fühlt sich drum am Ende eben nach nichts mehr an als einer billigen Masche, seinem Publikum noch ein bisschen mehr Geld aus der Tasche zu ziehen.
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