Happy Burnout

Jahr
2017
Laufzeit
103 min
Genre
Regie
Release Date
Bewertung
6
6/10
von Volker Robrahn / 25. April 2017

burnout 1Der Alt-Punk Fussel (Wotan Wilke Möhring) würde sich wohl selbst als „Lebenskünstler“ bezeichnen, denn sein vorrangiges Ziel ist es eben dieses zu genießen, und das schließt die Aufnahme einer geregelten Arbeitstätigkeit folgerichtig aus. Der Frauenheld und Systemverweigerer gerät jedoch in die Bredouille, als selbst die ihm wohlgesonnene Sachbearbeiterin des Arbeitsamtes nicht länger ihre schützende Hand über den unwilligen Kunden halten kann. Immerhin bescheinigt sie ihm noch die Arbeitsunfähigkeit aufgrund eines „Burnouts“, was allerdings den mehrwöchigen Aufenthalt in einer stationären Klinik nach sich zieht. Unter den misstrauischen Augen der Klinikleiterin (Ulrike Krumbiegel) muss sich Fussel gezwungenermaßen als ausgebrannter, aber therapiewilliger Patient präsentieren. Da er aber in seinem Inneren tatsächlich deutlich besserer Laune ist, sorgt er mit diversen Aktionen dafür, dass auch die anderen Mitglieder seiner Therapiegruppe langsam auftauen und Stück für Stück neue Lebensfreude entwickeln. Und mit der Gruppenleiterin Alexandra (Anke Engelke) scheint sich sogar eine Art Romanze anzubahnen, bis diese ihn auch auf ein paar echte Defizite in seinem Leben aufmerksam macht, die selbst Fussel ins Grübeln bringen.
 

burnout 2Der Begriff „Burnout“ muss immer öfter als selbstgestellte Diagnose herhalten, wenn sich jemand einfach nur etwas unmotiviert oder lustlos fühlt. Auch über die inflationäre und oft schlicht falsche Verwendung dieses Begriffes wollten sich Regisseur André Erkau und Drehbuchautor Gernot Gricksch mit ihrer Komödie „Happy Burnout“ ein wenig lustig machen, denn ihre Hauptfigur leidet definitiv nicht an dieser Krankheit, kann das allerdings recht mühelos so verkaufen. Wotan Wilke Möhring liefert dabei – als Alt-Punk modisch verfremdet – eine sehr spielfreudige Performance ab und trägt den Film zum größten Teil auf seinen Schultern. Die weitere Besetzung ist zwar ebenfalls durchaus namhaft, doch bleiben die anderen Patienten und auch die Bediensteten in Behörde und Klinik weitgehend in recht klischeehaften Rollen gefangen. Ob Kostja Ullmann als unglücklicher Puppenspieler, Torben Liebrecht als gestresster Geschäftsmann mit der allgegenwärtigen Angst, einen wichtigen Termin zu verpassen, oder Julia Koschitz als überforderte Hausfrau und Kontroll-Freak – sie alle werden meist auf eine einzige prägnante Charaktereigenschaft reduziert und dazu wirkt auch die Gruppe als Ganzes wie aus dem Setzbaukasten für tragikomische Figuren mit Spleen zusammengesetzt.

burnout 3Die erste Hälfte des Films ist dabei die klar stärkere, denn da kann sich der durch Fussel verkörperte anarchistische Ansatz so richtig schön entfalten, seien es dessen höchst kreative Lügengeschichten, mit denen er Sachbearbeiterinnen und Stationsschwestern um den Finger wickelt, oder auch der Einfallsreichtum, um die träge vor sich hin dämmernden Patienten mal etwas zu aktivieren. Als sich beispielsweise ein von ihm vorgeschlagenes Fußballspiel als zu hart und „brutal“ für die sensiblen Tagträumer entpuppt, verpasst Fussel denen kurzerhand einen Schutzpanzer in Form elastischer Gummikugeln und zaubert damit ein Lächeln sowohl auf die Gesichter seiner Mitspieler, als auch auf die der betreuenden Ärzteschaft.

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Doch wie es wohl in dieser Art Komödie unvermeidlich ist, muss unsere Hauptfigur natürlich irgendwann „geläutert“ werden, so dass mit dem Handlungsstrang um die entfremdete Tochter dann ernstere Töne angeschlagen werden, die aber weder besonders einfallsreich gelöst werden, noch wirklich gut zum heiteren Grundton des Filmes passen. Denn ja, auch eine Geschichte, die in einer Klinik für depressive Patienten spielt, kann vom Grundsatz her durchaus heiter sein.

Insgesamt ergibt sich somit ein netter, sympathischer Film, der sich aber nicht wirklich traut die konventionellen Pfade der deutschen Kino-Komödie zu verlassen oder zumindest mal eine etwas gewagtere Abzweigung zu nehmen. „Happy Burnout“ lebt so letztlich von seiner Hauptfigur und der Spielfreude des gesamten Ensembles, ohne dabei aber allzu tiefgehend in sein Titelthema einzutauchen.

Bilder: Copyright

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