Hallam Foe

Originaltitel
Hallam Foe
Jahr
2007
Laufzeit
95 min
Release Date
Bewertung
5
5/10
von Patrick Wellinski / 1. Januar 2010

Warum wohl Hallam (Jamie Bell, er war "Billy Elliot") keine Freunde hat? In den ersten Einstellungen des neuen Films von David Mackenzie sehen wir den in der Pubertät steckenden Jungen mit nacktem Oberkörper in einem alten maroden Baumhaus stehen und sich selber eine Kriegsbemalung verpassen. Nach der Prozedur setzt er sich ein Dachsfell auf den Kopf, schwingt sich an einer Leine vom Baumhaus und rutscht so mitten hinein in ein kopulierendes junges Pärchen. Warum er dies tut? Nun, der Film gibt keine wirklich plausible Erklärung dafür.
Vielleicht ist der bald die Volljährigkeit erreichende Junge einfach verstört. Verstört, weil er sich auf einem riesigen Familienanwesen in den schottischen Highlands herumtreibt, ständig auf der Suche nach dem wahren Grund für den Tod seiner Mutter. Hallam glaubt, dass die neue Frau seines Vaters (Ciaran Hinds) dahintersteckt, die junge und unterkühlt-aufregende Verity (Claire Forlani). Die fühlt sich von Hallam gestört und bringt ihn auf ihre eigene Weise dazu, endlich das Haus zu verlassen. Hallam packt seine Sachen und verschwindet nach Edinburgh, wo er einer Frau (wirklich schön: Sophia Myles) begegnet, die seiner toten Mutter zum verwechseln ähnlich sieht. Er fängt an, sie zu verfolgen, wobei sich seine enormen Talente als Spanner als sehr nützlich erweisen.

2003 drehte der schottische Regisseur David Mackenzie den Film "Young Adam". Ein mächtig düsteres Werk über einen ungeklärten Mord, der sich über den Alltag einer Familie auf einem Frachtkahn legt, als sie einen Fremden als Helfer anheuern. Neben den durchweg brillanten darstellerischen Leistungen von Ewan McGregor, Tilda Swinton und der jungen Emily Mortimer, schaffte es dieser Film, die mysteriöse Geschichte als Katalysator für die Entwicklung der Charaktere zu nutzen. Mackenzie sezierte seine Figuren und legte ihre schonungslosen Taten frei. Diese Art mit seinen Charakteren umzugehen hat der 41-jährige Regisseur zu seinem Markenzeichen gemacht. Doch seit "Young Adam" will diese Arbeitsweise nicht so recht fruchten. Ob in dem 2005 erschienenen "Asylum" oder jetzt in "Hallam Foe".
Sein jüngster Film krankt an dem völlig überfrachteten Drehbuch. Mackenzie möchte schizophrenen Ödipuskomplex, voyeuristisches Identitätsdrama, Coming of Age-Geschichte und einen Familienthriller zu einem kohärenten Film verweben. Ein Vorhaben, das von vornherein zum Scheitern verurteilt ist. Selbst der große Meister Hitchcock (den Mackenzie hier überdeutlich zitiert) hat diese Themen schön säuberlich getrennt und einzeln behandelt.
Wenn der Zuschauer nun Hallam dabei zu sieht, wie er seiner Doppelgängermutter mit dem Fernglas hinterher spioniert, wie er sich in dem Hotel, in dem sie arbeitet, von ihr als Küchenaushilfe einstellen lässt, und letztendlich (wer hätte es anders gedacht) mit ihr im Bett landet (Ödipus lässt grüßen), sieht man sich mit einer ganzen Welle an klischeehaften Versatzstücken konfrontiert, die es fast unmöglich machen die kühlen Bilder der kahlen Backsteinmauerfassaden der schottischen Großstadt zu bewundern, denn die versprühen einen gewissen Reiz.
Der junge Jamie Bell verkörpert Hallam Foe verstört, schrullig und pubertär. Das überzeugt über weite Strecken, und doch fällt seine Darstellung dem gleichen Problem zum Opfer wie die der anderen Schauspieler auch. Alle agieren nicht frei genug, sondern scheinen arg in Schablonen gepresst zu sein. Nur selten bricht diese Starre auf und man bekommt dann eine vage Idee von dem Potential, dass sich in der Geschichte verbirgt.
Doch spätestens, wenn das krude und unglaubwürdige Finale auf der Leinwand seinen Lauf nimmt, wird deutlich, dass "Hallam Foe" alle seine Chancen, ein gelungener Film zu werden, verspielt hat. Es hätte ein Film werden können, der - wie es die wunderbar berührende Filmmusik u.a. von Franz Ferdinand (übrigens ausgezeichnet mit dem silbernen Bären für die beste Filmmusik auf der Berlinale 2007) suggeriert - eine Verlorenheit und ein Suchen nach Geborgenheit und Liebe schildert, erdig, bodenständig und ohne aufgesetzte Skurrilität. So divergieren die Geschichte und die fantastische Musik auseinander und das Publikum muss enttäuscht in der Mitte zurückbleiben, versorgt mit nur ein paar wenigen Lichtblicken.


9
9/10

kann mich der kritik absolut nicht anschliessen. mir scheint als hätte herr wellinski nei der berlinale den film ohne untertitel auf tiefsten schottisch angesehn, nur so kann ich mir erklären dass der zentrale punkt - die unfähigkeit mancher mit dem verlust eines geliebten menschen umzugehn - in der rezension kein einziges mal erwähnt wird. und die bisweilen herrliche situationskomik und wirklich witzigen dialoge finden auch keine beachtung hier...schwach. ich glaube der rezensent wollte in dem film mehr sehn als er eigentlich ist, und dieses unterfangen muss natürlich scheitern. mein kompliment auch an die schauspieler, sie konnten mich alle voll überzeugen.
Un so leid es mir tut, der einzige schwachpunkt war meiner meinung nach gerade die hochgelobte filmmusik, die wirklich begabten franz ferdinand sollten vl doch lieber bei ihrer musik bleiben. nicht dass die musik nicht gut war, aber vl hab ich nach den preisen und den vorschusslorbeeren einfach zu viel erwartet und mich zu sehr auf sie konzentriert um sie wirklich genießen zu können.

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10
10/10

Ich möchte der Kritik ebenfalls widersprechen. Der Film behandelt die angesprochenen Themen zwar, macht sie aber bewusst nicht zu seinem Zentrum. Die Handlung ist an vielen Stellen deutlich und wohl bewusst märchenhaft überhöht, insofern ist das Drehbuch wohl nicht überfrachtet. Die Musik war wirklich sehr gut und passend und unterstreicht die vielen Wendungen der Geschichte perfekt.
Und gerade der Aspekt, das man über die Motivation zu Hallams Kriegsbemalung etc. vom Film nicht aufgeklärt wird ist schon eine Sensation an sich. Endlich ein Drehbuch, dass es sich nicht zur Aufgabe gemacht, jeden kleinsten Aspekt bis ins Detail zu erläutern (Hollywood lässt grüßen), sondern sich einfach mit seinen skurrilen Figuren auf das Wesentliche konzentriert. Ein Film fernab vom Mainstream, bzw. die konsequenteste Indie-Geschichte die ich seit Ewigkeiten gesehen habe.
Also: Alles andere als massentauglich, aber für Leute, die mit skurrilen, gewitzen und nicht auf Otto-Normal-Verbraucher getrimmten Geschichten was anfangen können ist der Film schlicht eine Offenbarung. Das beste was ich 2007 im Kino gesehen habe!

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8
8/10

Da hat, scheints, Herr Wellinski seine Argusaugen nicht so sehr auf den Film, als eher auf seinen Willen zur "Kritik" gerichtet. Auch wenn David Mackenzie nicht zu übersehende Anspielungen auf Hitchcock macht, heißt das noch lange nicht, daß der Film überfrachtet ist und die Anspielungen mißlungen sind. Wenn jemand der Geschichte nicht folgen kann oder eher will, kommen natürlich auch solche Seltsamkeiten wie "schizophrener Ödipuskomplex" heraus. Das ist fragwürdig. Kann Herr Wellinski erklären, was dieses Begriffskonstrukt bedeuten soll? Und warum ist es von vornherein zum Scheitern verurteilt, wenn in einem Film mehrere unterschiedliche Themen in einer Handlung verwoben werden, und das auch noch erkennbar? Abgesehen davon, frage ich mich, warum immer alles erklärt werden muß. Das ist mal wieder der typisch deutsche Zwang zur psychosozialen Pädagogik. Sind die Zuschauer alle Deppen? Muß jeder Mensch erklärbar sein? Um hier mal der Wahrheit ins Argusauge zu schauen: letztendlich ist doch das Innenleben keines Menschen erklärbar. Und daß Jugendliche, die in teilweise mit extremen Auswirkungen behafteten Umbruchphasen sich befinden, nicht nur aus einem erklärbaren Motiv heraus handeln, sondern aus einem oft unentwirrbaren Knäuel diffuser Motive heraus, ist ja nun (auch durch zahllose Berichte über Jugendliche belegt)allgemein bekannt.
Der Film hat Qualitäten, vor denen Herr Wellinski seine Augen verschließt, weil nicht sein kann, was nicht sein darf. Alle Schauspieler agieren nicht frei genug und sind in Schablonen gepreßt ... da frage ich mich, was Herr Wellinski unter Schauspielerei versteht ... Eddy Murphy? Zum Glück lassen die Schauspieler in "Hallam Foe" sich nicht auf eine übertriebene Spielweise ein, obwohl alle Rollen das hergeben.
Und so weiter ...

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3
3/10

Ich stimme der Rezension völlig zu, ich hatte den kompletten Film über - und auch jetzt noch - keine Ahnung, wo es hingeht. Gut, das muss auch nicht sein, wenn die Figuren glaubwürdig sind und einen fesseln, aber das war keine 5 Minuten der Fall. Die einzig einigermaßen glaubwürdige Figur war die Doppelgängermutter. Die böse Stiefmutter, der trottelige Vater, der Sohn: alles Klischees oder nicht durchdacht bzw. eindeutig eine Funktion erfüllend. Z.B. die Schwester: Ihre einzige Funktion ist es, angerufen zu werden, damit Hallams Verdacht laut artikuliert werden kann. Anfänglich klang es auch so, als wäre die Mutter in früher Kindheit von Hallam gestorben, aber nichts da, er war 16! Ihm fehlte also quasi nur eine Information zu ihrem Tod, die ihn aber hat verrückt werden lassen. Und dummerweise ist das die Info, die die ganze Geschichte aufrecht hält und das erwähnte seltsame Finale ermöglicht. Der Film ist leider nichts halbes und nichts ganzes. Die einzige Wirkung bei mir ist, dass ich nun gerne mal nach Schottland möchte. Und das ist ja auch nicht schlecht.

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10
10/10

einsam, traurig, verzweifelt dennoch unsentimental - intim, leicht, verträumt dabei superschön - brutal, gemein und glaubhaft - in dieser reihenfolge. hab für 2007 noch 10 punkte frei ...

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8
8/10

bla bla bla... überinterpretiert, guter film zack!

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