Goethe!

Jahr
2010
Laufzeit
99 min
Release Date
Bewertung
8
8/10
von Volker Robrahn / 31. Oktober 2010

Seinen Namen kennt auch heute noch jedes Kind und trotzdem hat es noch keinen einzigen richtigen Kinofilm über ihn gegeben. Was daran liegen könnte, dass sich junge Menschen meist eher in der Schule und daher unfreiwillig mit den Werken des Herrn Johann Wolfgang von G. beschäftigen müssen und der wohl bedeutendste deutsche "Dichter und Denker" auch aufgrund seiner stets als vorbildlich gepriesenen Lebensführung nicht gerade als besonders "sexy" gilt. Während man aus einem Mozart also recht leicht eine Art rebellischen "Amadeus"-Punk machen konnte, bietet sich das beim großen Dichterfürsten daher nicht so direkt an.
Aber eine Episode im Leben des Mustermannes bietet dann doch etwas Raum für Interpretation wie Emotion, und diese hat sich Regisseur und Drehbuchautor Philipp Stölzl ("Nordwand") nun zielgenau herausgegriffen. Denn die Inspiration zu seinem ersten großen Erfolg, den von einer tragischen romantischen Liebe handelnden Roman "Die Leiden des jungen Werther" soll ja schließlich Goethes eigene unerfüllte Sehnsucht nach einer bereits vergebenen Frau gewesen sein. Na, dann schauen wir doch mal, wie das so gewesen sein könnte.

Im Jahr 1772 ist für den jungen Goethe (Andreas Fehling) eine Anwaltskarriere vorgezeichnet, doch der lässt sein Jura-Studium in Straßburg ziemlich schleifen, um sich stattdessen mit Begeisterung der Dichtkunst zu widmen, worüber sein Vater natürlich nicht besonders amüsiert ist. Nachdem sein Roman "Götz von Berlichingen" von einem Verlag abgelehnt wird, fügt sich der Sohn ins Unvermeidliche und reist auf Druck seines Vaters zu einem Praktikum in den Provinzort Wetzlar. Dort erlangt er schnell die Freundschaft des gleichaltrigen Wilhelm Jerusalem und den Respekt seines strengen und humorlosen Vorgesetzten, dem Gerichtsrat Kestner (Moritz Bleibtreu). Am nachhaltigsten ist aber seine Begegnung mit der bezaubernden und unkonventionellen Lotte Buff (Miriam Stein), deren Aufmerksamkeit und Zuneigung er schließlich gewinnt. Doch aufgrund wirtschaftlicher Nöte verspricht Lottes Vater (Burghart Klaußner) sie ausgerechnet dem Gerichtsrat Kestner als Frau, eine Entscheidung an der Goethe fast zugrunde gehen wird.

Statt sich das Leben zu nehmen, schreibt er jedoch lieber einen Roman über sein Seelenleben, wird damit über Nacht zu einer Art Popstar aller Jungverliebten und löst in der "Sturm und Drang"-Phase der deutschen Literatur ganz nebenbei noch eine Welle von Selbstmorden aus Liebeskummer aus. Soweit die im Kern wahren und historischen Ereignisse, nach denen die Liebe zu Lotte allerdings von vornherein unerfüllt blieb, was im Film nun nicht der Fall ist.
Stattdessen wird geliebt, gedichtet und gesoffen, dass es nur so eine Freude ist, und dass dies tatsächlich auch für den Zuschauer gilt ist ein Verdienst der über weite Strecken sehr leichten und beschwingten Inszenierung von Philipp Stölzl. Da macht es durchweg Freude, den Sprüchen und Streichen der lebenshungrigen Studenten beizuwohnen, denn vom miefigen Staub einer trockenen Geschichtsstunde ist hier nichts zu spüren. Sogar den Spaß, ein paar der bekanntesten Zitate aus Goethes späterem Meisterstück "Faust" etwas frühzeitig mit einzubauen, macht man sich und sorgt so für ein Schmunzeln, wenn etwa die jungen Herren es wagen, einer Dame Arm und Geleit anzutragen. Alexander Fehling ("13 Semester") ist dabei passend besetzt als mehr hormon- denn kopfgesteuerter Johann Wolfgang und Miriam Stein als Lotte eine erfrischende Neuentdeckung.
Den besten Part (und das ist nach einigen eher fragwürdigen Rollen der letzten Zeit von "Zeiten ändern dich" bis "Jud Süß" genauso bemerkenswert wie erfreulich) hat sich aber Moritz Bleibtreu gegriffen, dessen nicht wirklich bösartiger, aber auf eine köstliche Art äußerst steifer und unbeholfener Gerichtsrat Kestner ein wahrer Genuss in jeder Szene ist. Abgerundet durch Routiniers wie Burghart Klaußner und Henry Hübchen (als Goethe Senior) ergibt das ein sehr überzeugendes Darstellerensemble, welches zudem mit spürbarer Spielfreude agiert. Ebenfalls überzeugen können Kamera und Ausstattung, die ein schön anzusehendes historisches Setting abliefern, das nur in einigen Panoramaeinstellungen seine Herkunft aus dem Computer offenbart.

Praktisch unvermeidlich, dass der Ton dann aufgrund der unglücklichen Entwicklung der Geschichte im letzten Drittel etwas düsterer wird, schon eher vermeidbar, dass sich da dann auch noch einige Längen einschleichen, bevor schließlich mit einer wesentlich fröhlicheren, aber auch leicht überzogenen Szene das versöhnliche "Popstar"- Ende eingeläutet wird. Doch das kann dem guten Gesamteindruck kaum noch schaden. Mit diesem "Goethe" als jungem Wilden sollte es also doch eigentlich gelingen, die Aufmerksamkeit auch des jungen Publikums zu gewinnen. Die freiwillige Aufmerksamkeit, wohlgemerkt.

Bilder: Copyright

3
3/10

"Goethe" wird interessanterweise von allen Seiten, unter anderem auch der ZEIT, sehr positiv hervorgehoben. Wirklich nachvollziehen kann ich dies nicht.
Ich halte dem Film zu Gute, dass er einen guten Ansatz verfolgt, indem er uns einen sehr modernen Goethe zeigt und entsprechend dem Thema des Films, Sturm und Drang und das Schreiben des Werthers, sein Leben mit einem jugendlichen Charakter ausstaffiert. Aber wo versucht wird Leichtigkeit zu inszenieren, kommt doch nur Schnoddrigkeit und Fahrigkeit hervor. Das Schauspiel wirkt dabei fast schon laienhaft, Goethe zwischendurch wie ein Trottel. Selbst nette Ideen, z.B. wie es zum blauen Frack des Werther/Goethe kommt, gehen in diesem rahmenlosen Schauspiel unter. Selbst Moritz Bleibtreu wirkt wie ein Pennäler in seiner Schulaufführung, wenn er seine Brille ständig zurechtrückt oder versucht ernst daherzuschauen.
Insgesamt eignet sich der Film eher als Fernsehfilm denn fürs Kino.

Permalink

8
8/10

Na also, es geht doch: ein deutscher Film kann nach Kino aussehen.
Tolle Kamera, schöne Musik, klasse Ausstattung, dazu eine unterhaltsame Geschichte, die von überzeugenden Schauspielern (bis auf Moritz Bleibtreu) getragen wird - dieser Film sollte die deutsche Kinohitparade wochenlang anführen.
Das dem leider nicht so ist, spricht für das fehlende Kulturbewußtsein in diesem Land.

Meine Bitte an das Produktionsteam und den Regisseur: bitte drehen Sie jetzt auch gleich hochwertige Filme über Schiller, Lessing, Kant, Hesse, Zweig usw.
Ich werde es Ihnen mit einem Kinobesuch danken!

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