Glück

Jahr
2012
Laufzeit
112 min
Genre
Release Date
Bewertung
7
7/10
von Volker Robrahn / 19. Februar 2012

Das Leben von Irina (Alba Rohrwacher, "Die Einsamkeit der Primzahlen") ist ein einziger Albtraum: In Ihrem vom Krieg verwüsteten Heimatland werden ihre Eltern ermordet und sie selbst vergewaltigt. Nach ihrer Flucht lebt sie ohne Papiere in Berlin und arbeitet dort als Prostituierte. Auf der Straße baut sie langsam und vorsichtig eine GlückBeziehung zu dem Obdachlosen Kalle (Vinzenz Kiefer) auf. Gegen alle Schwierigkeiten gelingt es den beiden sich zu verlieben und ein kleines Glück in Form einer gemeinsamen Wohnung aufzubauen. Doch das ist nicht von Dauer, denn eines Tages kommt es zu einem dramatischen Zwischenfall, der die Liebe der beiden auf die Probe stellt.

Von den ganz großen Mainstream-Produktionen im Stile der Komödie „Männer“, die ihr einst den Durchbruch verschaffte, hat sich Doris Dörrie schon länger verabschiedet und inszeniert seit einiger Zeit lieber ihre ganz persönlichen, gern auch mal etwas verschrobenen Geschichten. Das gilt ganz besonders für ihren neuesten Film „Glück“ der zum Teil mit Handkameras und kleinem Team in den Straßen Berlins gedreht wurde, meist ohne überhaupt die Drehorte extra dafür abzusperren. Dabei ist die Vorlage recht prominent, handelt es sich doch um eine Kurzgeschichte aus dem Bestseller-Band „Verbrechen“ des prominenten Anwalts Ferdinand von Schirach. Ein Anwalt (Matthias Brandt) tritt daher auch in der Rahmenhandlung als Erzähler auf und wenn dieser sich gleich mal von berufswegen als „Spezialist für Menschen auf der Suche nach Glück“ bezeichnet, so wirkt das doch recht weit hergeholt. Ebenso tragen die dann folgenden Minuten mit den Schilderungen der Geschehnisse in einem namenlosen Staat (für den aber offensichtlich der Balkan um das ehemalige Jugoslawien als Vorbild diente) nicht unbedingt zur Glaubwürdigkeit bei, da dort bis hin zu den fröhlich vergewaltigenden Soldaten erstmal kein Klischee ausgelassen wird. Realismus ist aber ohnehin nicht das vorrangige Ziel der Filmemacherin Dörrie und wird auch in der folgenden Liebesgeschichte selten bemüht, die daher eher wie eine Art Märchen erzählt wird – inklusive der darin gerne Mal vorkommenden Brutalitäten.

GlückObwohl einem also zu Beginn des Films durchaus die Frage „was wird das denn jetzt, bitte?“ durch den Kopf gehen kann, lohnt es sich geduldig sitzen zu bleiben. Denn was folgt ist eine von den beiden Hauptdarstellern - auf deren Schultern die Geschichte ganz alleine ruht - überzeugend gespielte und mitunter wirklich berührende Liebesgeschichte, auch wenn diese die Grenze zum Kitsch ab und zu hauchzart streift. Aber das Anliegen, beim Zuschauer ein Gefühl dafür zu entwickeln, wie sehr man sich über die vermeintlich kleinen Freuden einer im Wind schwingenden Schaukel oder auch eines Honigbrots freuen kann, wird erfolgreich vorgetragen.

Um die Besonderheit dieser „Glücksmomente“ herauszustellen, bedarf es dann aber eben andererseits der Präsentation des Gegenteils und da serviert man dem Publikum im letzten Drittel nicht nur den Grund dafür, warum diese Geschichte in einem Buch mit dem Titel „Verbrechen“ zu finden ist, sondern auch zweifelsohne ziemlich starken Tobak. Denn die hier gezeigte Beantwortung der großen Frage „was wärst Du bereit aus Liebe zu tun?“ führte dazu, dass bei der Pressevorführung ein paar Journalisten vorübergehend den Saal verließen, um dann nach „getanem Werk“ wieder an ihren Platz zurückzukehren. Laut Dörrie ist dieses drastische Vorgehen notwendig, um die Stärke der Gefühle zu betonen und ja, das kann man durchaus so sehen.

„Glück“ ist nicht in all seinen Elementen gelungen, besitzt aber ausreichend starke und bewegende Momente um seine Botschaft letztlich überzeugend zu transportieren. Da es sich zudem um einen ungewöhnlich inszenierten und erzählten Film handelt, fällt das Gesamturteil zu Doris Dörries neuestem Werk insgesamt positiv aus.

Bilder: Copyright

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