
Zehn Jahre lang haben sich Matías (Ignacio Rogers) und Jerónimo (Esteban Masturini) nicht gesehen. Als Kinder waren die beiden enge Freunde und haben viel Zeit zusammen in den Esteros del Iberá verbracht, einem großen Sumpfgebiet im Nordosten Argentiniens. An die gemeinsamen Sommer im dortigen Ferienhaus von Jerónimos Eltern haben die beiden viele schöne Erinnerungen. Doch nachdem Matías mit seinen Eltern nach Brasilien gezogen war, trennten sich ihre Wege. Als er nun mit seiner Freundin Rochi (Renata Calmon) wieder seine argentinische Heimat besucht, trifft er Jerónimo zufällig wieder. Die anfängliche Überraschung und Unsicherheit über dieses Wiedersehen verfliegt schnell, als die beiden jungen Männer über die alten Zeiten reden und merken, dass sie immer noch sehr gut miteinander klarkommen. Als Jerónimo Matías einlädt, erneut ein paar Tage im Ferienhaus zu verbringen, brechen die mehr als nur freundschaftlichen Gefühle, die die beiden füreinander empfinden, offen hervor.
Papu Curotto legt mit „Esteros“ seinen ersten langen Spielfilm vor und schließt damit inhaltlich an seinen Kurzfilm „Matás y Jerónimo“ an, der dieselben Figuren ins Zentrum stellte (und im Kino zum Teil als Vorfilm von „Esteros“ gezeigt wird). Die Geschichte seiner beiden Hauptfiguren erzählt er in zwei parallelen Erzählsträngen. Einmal sehen wir die beiden Jungen als etwa Zwölfjährige und beobachten sie dabei, wie sie einen unbeschwerten Sommer miteinander verbringen und erste romantische Gefühle füreinander entwickeln. Der zweite, mehr Spielzeit einnehmende Handlungsstrang erzählt das plötzliche Wiedersehen zehn Jahre später, bei dem alles, was Matías und Jerónimo füreinander empfunden haben (und immer noch empfinden) erst einmal totgeschwiegen wird. Während Jerónimo inzwischen offen schwul lebt, ist Matías in einer heterosexuellen Beziehung. Doch der Film macht vom ersten Wiederaufeinandertreffen der beiden Männer klar, dass sie sich zueinander hingezogen fühlen.
Dabei passiert lange Zeit eigentlich nicht viel. Matías und Jerónimo schwelgen gemeinsam in Erinnerungen an ihre Kindertage, die man mit den Bildern des zweiten Erzählstrangs immer wieder auch zu sehen bekommt. Bald lassen sie diese Erinnerungen wieder aufleben und tollen als Erwachsene genauso ausgelassen im Wasser herum wie schon als Zwölfjährige. Vor allem die im Sumpfgebiet spielenden Szenen bieten dabei wundervolle Bilder und Kameraeinstellungen, die beim Zuschauer die Sehnsucht nach einem Argentinien-Urlaub wecken. Das Schauspiel der beiden Hauptdarsteller ist ihren Rollen entsprechend eher zurückhaltend; schließlich trauen sich weder Matías noch Jerónimo lange Zeit, sich dem anderen gegenüber wirklich zu öffnen.
Erzählerisch konzentriert sich der Film voll und ganz auf seine beiden Hauptfiguren und lässt die Nebencharaktere – allen voran Matías‘ Freundin Rochi – ziemlich außen vor. Das ist schade, denn diese verengte Sichtweise auf die Geschehnisse verwehrt dem Film und seinen Charakteren einiges an Tiefgang und Komplexität. Sie erklärt auch die kurze Laufzeit des Films, in dem paradoxerweise dennoch lange Zeit nicht viel passiert. Erst ganz zum Schluss trifft Matías eine Entscheidung, die die Dinge voranbringt. Deren Konsequenzen für alle Beteiligten werden jedoch nicht mehr beleuchtet. Das verleiht der Geschichte einerseits schon fast etwas Märchenhaftes, ist aber andererseits enttäuschend, weil damit viele Probleme einfach unter den Teppich gekehrt werden. Und so ist „Esteros“ am Ende zwar eine schön gefilmte und gut gespielte, ruhige Geschichte über unausgesprochene Liebe, die einen mit ihrem plötzlichen Ende aber etwas überrumpelt.
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