Im Bletchley Park nördlich von London arbeiten während des
zweiten Weltkrieges Mathematiker und Sprachwissenschaftler
an der Entschlüsselung feindlicher Funksprüche. An den Codes
der neuen deutschen Chiffriermaschine ENIGMA beißen sich jedoch
selbst diese Wunderkinder zunächst vergeblich die Zähne aus.
Als
ein gigantischer Nachschubkonvoi der Alliierten im Atlantik
ins Visier der deutschen U-Boot Flotte gerät, drängt jedoch
die Zeit und die Verantwortlichen in Bletchley sehen sich
gezwungen, Tom Jericho zurück ins Team zu holen. Der gilt
zwar als brillantes Genie, wird jedoch seit einem Nervenzusammenbruch
eigentlich als Sicherheitsrisiko betrachtet. Schuld an Jerichos
Verfall war in erster Linie Claire - eine Femme Fatale die
allen Männern im Stützpunkt den Kopf verdreht. Auch Jericho
hatte eine leidenschaftliche Affäre mit diesem Teufelsweib,
bis dieses ihn verließ und kurz darauf spurlos verschwand.
Nun versucht er also zwei Rätsel gleichzeitig zu lösen: Den
feindlichen Code und den Verbleib der Frau seiner Träume.
Bei beidem unterstützt ihn Hester, die unscheinbare Zimmergenossin
von Claire, und den beiden wird schnell klar, dass Claire
vor ihrem Verschwinden einige brisante Entdeckungen gemacht
hat. Bald geraten auch Tom und Hester ins Visier der Mächte
im Hintergrund, die offensichtlich einiges zu verbergen haben.
Klingt
spannend? Durchaus, und als Roman mag dieser klassische Thrillerstoff
auch ganz gut funktioniert haben. Bei der Leinwandumsetzung
hapert's jedoch ganz gewaltig daran, das Interesse des Publikums
lange wach zu halten. "Enigma" ist, sagen wir es einmal recht
freundlich, etwas behäbig inszeniert. Im Widerspruch zur Eile
anmahnenden Hintergrundgeschichte lässt man sich sehr viel
Zeit, den Zuschauer mit dem Leben in den Baracken von Bletchley
Park vertraut zu machen. Und man plaudert. Entspannt und unaufgeregt,
als befände man sich in eben so einem Sanatorium wie jenes
aus dem Jericho just entlassen wurde. Dass Hauptdarsteller
Dougray Scott hier keinen verkappten James Bond geben soll
ist schon klar, dass er aber versucht noch farbloser zu wirken
als seine Klamotten wäre nicht nötig gewesen.
Der Ärger der Briten über das Hollywood-Spaktakel "U-571"
muss mächtig groß gewesen sein, wurde dort doch schamlose
Geschichtsfälschung betrieben, indem man einfach die Amerikaner
die legendäre Chiffriermaschine erbeuten ließ. Es wirkt, als
hätte man mit "Enigma" ganz bewusst ein britisches Gegenstück
zum überkandidelten Agenten- und Kriegsfilm amerikanischer
Prägung abliefern wollen. Nun, das ist durchaus gelungen,
aber gut ist es leider nicht. Denn erstens ist die Hauptstory
um das inszenierte Verschwinden Claires auch keinen Deut realistischer
als in simplen Action-Filmen und zweitens ist es nun mal eine
Todsünde sein Publikum zu langweilen.
Wer
sich gerne über einfallslose und formelhafte Filme von der
Stange ärgert, kann sich anhand des vorliegenden Beweisstücks
"Enigma" davon überzeugen, dass es auch nicht besser kommt
wenn man mit Gewalt versucht alles gegen den Strich zu bürsten:
Ein Held, dessen herausragende Fähigkeit das Eintippen verschiedenster
Buchstaben ist. Ein verhuschtes, molliges Mauerblümchen als
weibliche Hauptfigur (Ja, das gibt uns tatsächlich Kate "Titanic"
Winslet, der man momentan wohl nicht mehr die Rolle der Prinzessin
anvertrauen mag). Dementsprechend folgt auch keine klassische
Lovestory sondern eher ein emotionsloses Zweckbündnis. Und
dann gibt es da noch den Showdown der Flotten im Atlantik,
den der Zuschauer hauptsächlich im Arbeitsraum der Dechiffrierer
verfolgen darf (Größtes Spannungsmoment: das ständige Auftippen
der Bleistifte). Hierbei wird dann auch deutlich, dass man
offensichtlich gar nicht das Geld hatte um etwas anderes als
ein Kammerspiel zu inszenieren. Womit James Bond-Regisseur
Michael Apted wohl einfach zwischen den Stühlen saß und das
Ergebnis dementsprechend weder Fisch noch Fleisch sein kann.
Die Existenz der Anlage im Bletchley Park war bis in die siebziger
Jahre eines der letzten Kriegsgeheimnisse und die vielleicht
entscheidende Arbeit der Männer und Frauen dort zu würdigen
ist sicherlich ein legitimes Anliegen. Wie man diese eher
unspektakulären Tätigkeiten visuell interessant aufbereitet
und mit einer fesselnden Geschichte verbindet, ist für die
Filmemacher aber leider ein Rätsel geblieben das sie letztendlich
nicht lösen konnten.
Originaltitel
Enigma
Land
Jahr
2001
Laufzeit
118 min
Genre
Regie
Release Date
Bewertung
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