Die Teenie-Highschool-Komödie ist ein Genre, das sich mit originellen neuen Ideen sehr schwer tut seit seinen glorreichen Anfängen in den 80er Jahren, als der legendäre John Hughes (mit ein wenig Zuarbeit von Cameron Crowe) quasi im Alleingang Standards setzte, die in den folgenden zwei Jahrzehnten nur noch dürftig und wenig ideenreich variiert wurden. Umso erstaunlicher und erfreulicher ist daher die Ankunft von "Einfach zu haben", die definitiv originellste Teenie-Highschool-Komödie seit Ferris Bueller blau machte; ein Film, der zugleich seinen großen Vorbildern elegant Ehrerbietung erweist und es tatsächlich schafft, der tausendmal durchgenudelten, ewigen Teenie-Thematik um den ersten Sex noch eine neue Variante abzugewinnen.
Alles fängt mit einer harmlosen Notlüge an: Olive (Emma Stone, "Zombieland") hat keine Lust, ihre beste Freundin Rhiannon auf einen Familienausflug zu begleiten, und erfindet deshalb ein angebliches Date mit einem College-Typen. Als sie zurück in der Schule gegenüber Rhiannon behauptet, das ganze Wochenende mit diesem ominösen Kerl verbracht zu haben, ist diese trotz aller Leugnungsversuche nicht von der Überzeugung abzubringen, dass Olive definitiv Sex gehabt hat und also frisch entjungfert wurde. Um die nervige Diskussion zu beenden, lässt Olive ihre Freundin in dem Glauben - dumm nur, dass die zickige Anführerin der lokalen Enthaltsamkeits-Clique Marianne (Amanda Bynes, "Was Mädchen wollen") das mithört und in Windeseile die gesamte Schule davon unterrichtet. Olive findet zunächst durchaus Gefallen daran, nun als "Schlampe" abgestempelt zu sein - immerhin ist sie jetzt Gesprächsthema Nr. Eins an ihrer Schule, wo sie zuvor so gut wie gar nicht beachtet wurde. Drum willigt sie auch ein, als der schwule Brandon sie darum bittet, die Mitschüler glauben zu lassen, dass sie auch mit ihm geschlafen hat, damit Brandon den homophoben Drangsalierungen seines Schulalltags entkommt. Doch es dauert nicht lange, bis Olive zusehends die Kontrolle über die selbst gestreuten Gerüchte verliert und ihr Lügengebilde eine bedenkliche Eigendynamik entwickelt.
Es ist nichts passiert, aber man tut so, als sei sehr wohl etwas passiert, um vor den wissbegierigen Altersgenossen bezüglich des alles bestimmenden Themas "Sex" besser dazustehen - an sich alles andere als eine neue Idee, die auch schon in etlichen Teenie-Filmen zumindest am Rande bespielt wurde. Drehbuch-Autor Bert V. Royal allerdings bringt die nötige Cleverness auf, um daraus einen ganzen Film zu zimmern, vor allem dadurch, indem er die Geschlechterrollen umdreht: Sind es sonst immer Jungs, die sich durch derlei Notlügen zu profilieren versuchen, gibt Royal diesen Part an ein Mädchen, das (zunächst) durchaus Gefallen daran findet, mit der Leichtgläubigkeit und der Sex-Fixierung ihrer Altersgenossen zu spielen.
Resultat ist die wohl stärkste weibliche Teenager-Rolle, die dieses Genre bis dato hervorgebracht hat (wenn man "Juno" als Nicht-wirklich-Highschool-Komödie mal ausklammert), und Emma Stone füllt sie mehr denn bravourös aus. Nach einer Reihe respektabler Nebenrollen ist dies Stones erste echte Hauptrolle - und es wird sicher nicht ihre letzte bleiben. Großartig leichtfüßig und trocken-ironisch verkörpert sie Olive schlichtweg grandios und belohnt den Mut der Produzenten, diesen Part nicht unbedingt mit einer bildhübschen, aber einer wirklich talentierten Jungschauspielerin zu besetzen.
Emma Stone bildet damit die herausragende Speerspitze einer durchweg großartigen Besetzung, die in diversen Nebenrollen mit solch beeindruckenden Namen wie Thomas Haden Church ("Spider-Man 3", "Sideways"), Lisa Kudrow (Phoebe aus "Friends") und Malcolm MacDowell (mit bedenklich aufgedunsener Alkoholiker-Nase) aufwarten kann. Denen wird jedoch allesamt locker die Show gestohlen von Patricia Clarkson und Stanley Tucci als Olives Eltern, kurz gesagt das coolste und lustigste Eltern-Duo seit Teenager-Komödien-Gedenken. Oder wann hat man es in diesem Genre schon mal erlebt, dass man sich denkt: Hach, ich wünschte, meine Eltern wären so gewesen….
Und nicht nur dank solcher Gedanken können sich in diesem Film eben nicht nur heutige Teenager sehr gut amüsieren, sondern auch alle, die mit dem "Breakfast Club" und seinen Konsorten groß geworden sind. Denn abgesehen davon, dass es heute Blogs, Facebook, Instant Messaging und Smartphones gibt, sind die universellen Themen, Ängste und Sehnsüchte des ganz normalen Teenagers immer noch dieselben wie damals. Das weiß auch "Easy A" ganz genau, und deshalb ist es ihm auch ein Leichtes, eine Hommage an gleich vier der bedeutendsten 80er Jahre-Teenagerfilme in einer einzigen Szene unterzubringen.
Viel Tempo, noch mehr Witz, durchweg glaubwürdige Charaktere, echtes Verständnis für die Sorgen und Nöte der Teenager-Seele, das Herz am rechten Fleck, dabei null Kitsch und absolut keine Moralkeule - was soll man von einer großartigen Teenager-Komödie sonst noch erwarten? Eben. Toller Film. Ansehen.
Neuen Kommentar hinzufügen